Im Dreieck des Drachen
konnten.
Die restliche Fahrt verlief schweigsam. Bald waren voraus die Lichter des Hafens von Naha zu erkennen. Selbst aus einem Kilometer Entfernung war es offensichtlich, dass auf der Insel Aufruhr herrschte. Die US -Basis auf der Südseite des Hafens war hell erleuchtet wie der Times Square. Flugzeuge in allen Größen umkreisten die Insel, während es auf dem Wasser vor Militärschiffen nur so wimmelte.
Jack und Karen gingen zum Bug. Sie zeigte mit dem Finger auf eines der Regierungsgebäude, das jetzt eine zernarbte, rauchende Ruine war.
»Volltreffer«, bemerkte Jack.
Vor Schreck bekam Karen große Augen. »Miyuki …«
Er nahm ihre Hand. »Ihr geht’s bestimmt gut. Die Universität steht im Landesinnern, abseits der wahrscheinlichsten Ziele. Übrigens sind neununddreißig US -Militärbasen zu ihrem Schutz da.«
Karen wirkte nicht sonderlich überzeugt.
Auf dem Weg zur Insel wurde ihr eigenes Schiff zweimal angehalten und durchsucht, ehe man ihnen die Weiterfahrt gestattete. Jack war froh, dass den drei Männern bei der ersten Durchsuchung die Waffen abgenommen wurden. Er hatte Karen gedrängt, die Insulaner zu verlassen und an Bord des Militärkutters zu gehen, doch sie hatte sich geweigert. »Mwahu hält vielleicht den einzigen Schlüssel zu dieser Sprache in Händen«, hatte sie gemurmelt. »Ich darf ihn nicht verlieren.«
Also waren sie auf dem Sampan geblieben, der jetzt in den Bootshafen glitt. Sie vertäuten ihr Schiff und stiegen zu den Kaianlagen hinauf. Ein japanischer Offizier prüfte ihre Papiere. Jack war überrascht, als die Insulaner zerrissene und wettergegerbte Pässe hervorzogen.
Der Offizier reichte ihnen ihre Papiere zurück und sagte auf Englisch: »Sie haben sich keine gute Zeit für eine Besichtigung ausgesucht. Wir haben einen Strom von Flüchtlingen aus dem Süden zu versorgen und versuchen gerade, so viele wie möglich nach Norden zu bringen. Ansonsten werden alle Zivilisten über den internationalen Flughafen evakuiert.«
»Sie evakuieren die gesamte Insel?«, fragte Jack.
»Oder verfrachten die Leute in Bunker. So viele, wie wir können. Wir gehen nicht davon aus, dass die Kampfhandlungen unsere Küsten erreichen, aber wir wollen auch kein Risiko eingehen. Schließlich könnte es jederzeit einen weiteren Raketenangriff geben. Ich schlage vor, Sie sammeln Ihre persönliche Habe ein und begeben sich zum Flughafen.«
Karen nickte. »Die Ryukyu-Universität …?«
»Ist bereits geräumt.« Der Mann winkte sie den Kai hinab, als weitere improvisierte Fahrzeuge eintrafen. »Viel Glück!«
Jack führte Karen und Mwahu in die Stadt. Mwahus Männer blieben beim Sampan. »Was ist, wenn Miyuki bereits weg ist?«, fragte Karen, die neben Jack ging.
»Sie wird dort sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihr Labor verlässt, es sei denn, man schleift sie kreischend und um sich tretend da raus.«
Bei diesen Worten lächelte sie. Ohne nachzudenken, legte Jack einen Arm um sie. Sie lehnte sich hinein und drückte sich fest an seine Seite.
Es fielen keine weiteren Worte mehr. Mit Mwahu im Schlepptau gingen sie durch die vom Erdbeben verwüstete Stadt zu einer Haltestelle, an der nach wie vor ein Bus zur Universität abfuhr. Es war eine kurze Fahrt nach Ryukyu und ein schweigsamer Marsch zur Computerfakultät.
An der Treppe angekommen, zeigte Karen zum fünften Stockwerk hinauf. Dort brannten keine Lichter. Dann entdeckten sie, dass die Tür zum Gebäude verschlossen und die Eingangshalle dunkel war. »Hallo!«, rief sie und klopfte.
Ein Wachmann kam um eine Ecke. Der Strahl seiner Taschenlampe glitt über die drei und blieb schließlich an Karen hängen.
»Professor Grace«, sagte er sichtlich erleichtert. Er kam die Treppe herunter, wobei er im Vorübergehen Mwahu einen misstrauischen Blick zuwarf. Sein Schlüsselbund klirrte, als er zur Tür ging. »Professor Nakano wollte erst gehen, wenn Sie zurückgekehrt sind.«
»Ist sie in ihrem Labor?«
»Nein, in meinem Büro. Wir haben alle oberen Stockwerke verschlossen.«
Er öffnete die Tür, ging ihnen in die Eingangshalle voraus und führte sie mithilfe seiner Taschenlampe durch das dunkle Innere. Unter einem Türspalt weiter vorn drang Licht hervor. Der Wachmann klopfte an und stieß die Tür auf.
Miyuki saß an einem Schreibtisch, vor sich den geöffneten dicken Koffer mit einem Laptop darin. Bei ihrem Anblick schoss sie hoch. »Gott sei Dank, ihr seid heil und gesund.«
»Uns geht’s gut«, sagte Karen und nahm sie
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