Im Dreieck des Drachen
Spanglers Männern, der an der Reling lehnte, eine Zigarette zwischen den Lippen. Jack horchte, ansonsten war es völlig still. Um auf Nummer sicher zu gehen, glitt er zur Steuerbordseite, zog aus dem Gürtel einen Spiegel, der an einem Teleskopstab angebracht war, schob ihn zur Reling hoch und suchte damit das Achterdeck ab. Es gab nur den einen Wächter. Gut, dachte er. Da der Bug des Kutters auf die Fathom gerichtet war, hatten sie das Heck nur schwach gesichert. Er verdrehte den Stab, musterte den vorderen Abschnitt des Schiffs und entdeckte eine Bewegung. Zwei Männer. Vielleicht mehr.
Rasch holte er den Spiegel ein, dann ließ er sich zur Leiter am Heck zurücktreiben und prüfte sie mit einer Hand. Sie war fest installiert und mit zwei Schrauben gesichert, sollte also nicht klappern.
Er nahm einen der durchsichtigen Plastikbeutel vom Gürtel und legte die Hand um den Griff der Pistole darin. Dann hob er diese übers Wasser, durchstach mit dem Finger den dünnen Kunststoff und legte ihn um den Abzug. Den Sicherheitsbügel hatte er bereits gelöst. Nun wartete er auf eine günstige Gelegenheit.
Währenddessen glitt sein Blick auf seine Uhr. Der östliche Horizont erstrahlte bereits im Glanz der nahenden Dämmerung. Komm schon, du verdammter …
Der Wächter über ihm schnippte die Zigarette ins Meer. Das glühende Ende sauste in einem Bogen über Jacks Kopf hinweg und traf zischend aufs Wasser. Gähnend drehte sich der Mann um und lehnte sich mit dem Rücken an die Reling. Dann fischte er in einer Tasche nach einer weiteren Packung Winstons. Er klopfte dagegen, um eine Zigarette herauszubekommen
Einhändig zog sich Jack die Leiter hinauf, setzte die Füße so, dass er nicht stürzen konnte – zielte dann und schoss. Das dumpfe Geräusch, das der Schalldämpfer verursachte, übertönte er mit einem unverdächtigen Husten. Blut spritzte auf das weiße Deck. Jack schnappte sich den Körper des Mannes, als dieser zu Boden fallen wollte, benutzte dessen Gewicht als Hebel, kletterte über die Reling und legte den schlaffen Leichnam aufs Deck.
Geduckt rannte er zum außen liegenden Reservetank des Kutters, holte den zweiten Plastikbeutel hervor und drückte einen roten Knopf. Heftig schluckend sah er auf die Uhr und legte daraufhin das Paket neben den Stahlbehälter.
Er fuhr herum und schoss zu der Tür hinüber, die zur Treppe zum unteren Deck führte, und spähte mit vorgehaltener Waffe um die Ecke. Niemand da. Er öffnete sie weit und lief die schwach erleuchteten Stufen hinunter. Am Ende des Gangs lag eine Stahltür mit einem einzelnen, winzigen Fenster darin.
Vorsichtig betrat Jack den Gang. Kisten und Segeltuchrollen waren hier verstaut und boten Versteckmöglichkeiten. Behutsam setzte er seinen Weg fort, den Lauf der Waffe nach vorn gerichtet, und ließ den Blick suchend über Ecken und nicht einsehbare Nischen schweifen. Auch hier war niemand. Er erreichte die Tür auf der anderen Seite, warf einen Blick durch das winzige Fenster und unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Karen war an das schmale Bett im Innern gefesselt.
Schnell tippte Jack den Code an dem elektronischen Schloss ein und vernahm das verräterische Klicken, mit dem es sich öffnete. Er packte die Klinke, riss die Tür auf und wälzte sich, auf einen möglichen Hinterhalt vorbereitet, hinein. Gleich darauf wirbelte er herum, die Waffe im Anschlag. Keine Wächter.
Karen bekam große Augen und riss an ihren Fesseln. »Jack!« Als er auf sie zutrat, ging ihm auf, dass in erster Linie nicht Überraschung in ihrer Stimme lag – sondern Furcht.
Hinter sich, von der Türe her, hörte er ein Rascheln und wandte sich um. Draußen im Gang stand David, der eine Waffe auf Jacks Brust richtete. Das zerknüllte Segeltuch, unter dem er sich versteckt hatte, lag ihm jetzt wie ein Umhang um die Schultern.
»Waffe fallen lassen, Kirkland!«
Jack zögerte, dann senkte er seine Waffe und legte sie auf den Boden.
Mit einem Zucken der Schultern warf David das Segeltuch ab. »Tritt sie hier rüber!«
Die Hände erhoben, mit finsterem Gesicht, folgte Jack diesem Befehl.
»Du bist so vorhersehbar, Jack. Stets der Held.« David betrat den Raum. »Mit dem richtigen Köder konnte ich dich herlocken, das habe ich genau gewusst. Aber ich muss sagen, du hast nichts von deinem Können verloren. Du bist an meinen Männern vorüber, ohne dass sie dich bemerkt hätten.« Er hob die Pistole auf. »Zum Glück vertraue ich niemandem außer mir
Weitere Kostenlose Bücher