Im Dreieck des Drachen
aufgestellt. Der Arbeitsplatz war übersät mit Ausdrucken, hingekritzelten Notizen und Kaffeebechern.
Miyuki sah mit besorgtem Ausdruck von einem Stapel Papiere auf.
»Du hast Erfolg gehabt?«, fragte Jack.
Sie nickte und glättete ihre Blätter. »Gabriel hat Erfolg gehabt. Aber Mwahus Hilfe war entscheidend. Er konnte Dutzende von Symbolen in einen Kontext setzen, daher war Gabriel imstande, das gesamte Vokabular zusammenzusammeln. Er hat alles übersetzt – das Buch aus der Krypta, die Inschrift auf der Säule, sogar die Schrift in den Pyramiden von Chatan.«
»Großartig! Was hast du erfahren?«
Sie runzelte die Stirn. »Die Inschriften auf dem Obelisken stellen wohl zumeist Gebete dar, in denen die Götter um eine gute Ernte, Fruchtbarkeit und so was in der Art angefleht werden.« Sie zog ein Blatt hervor und las ab: »›Möge die Sonne auf leere Felder scheinen und sie fruchtbar machen … mögen die Bäuche unserer Frauen schwer von Kindern werden, ebenso zahlreich wie die Fische im Meer.‹«
»Nutzt nicht gerade viel«, bemerkte Jack.
»Aber die anderen Inschriften sind interessanter. Beide beschreiben dasselbe – eine uralte Katastrophe.«
Jack nahm das Buch vom Tisch. »Karen hat etwas in der Art angedeutet. Ein verschollener Kontinent, der während einer gewaltigen Katastrophe versunken ist.«
»Sie hat recht gehabt.«
Er hob das Platinbuch hoch. »Was sagt das hier?«
Miyuki blickte grimmig drein. »Ist anscheinend das Tagebuch von Horon-ko.«
»Unser ältester Lehrer«, warf Mwahu ein.
Sie nickte. »Es erzählt, wie sein Volk, ein Stamm von Seefahrern, einstmals, vor etwa zehn- oder zwölftausend Jahren, im ganzen Pazifik auf Fischfang gegangen ist. Obgleich sie ein Nomadenstamm waren, nannten sie einen großen Kontinent inmitten des Pazifiks ihre Heimat. Sie lebten in kleinen Dörfern an der Küste und seewärts gelegenen Städten. Dann kehrte eines Tages ein Jäger von einer Reise ins Innere des Kontinents mit einem, wie es heißt, ›Teil der Sonnenmagie‹ zurück. Ein magischer Stein, der funkelte und glitzerte. Horon-ko spricht lang und breit davon, wie das Geschenk seinem Volk die Fähigkeit verlieh, Steine zum Fliegen zu bringen.«
»Der Kristall!«, sagte Jack.
»Genau. Sie haben weitere Kristalle ausgegraben … alle am gleichen Ort tief im Innern ihres Kontinents. Sie haben daraus Werkzeuge und Fetische der Anbetung geschnitzt.«
»Was sagt das Buch über die Eigenschaften des Kristalls?«
»Vielleicht sollte Charlie das mal hören«, warf Lisa ein.
Jack nickte. »Holt alle her! Das sollten alle hören.«
In weniger als fünf Minuten waren sie erneut in Roberts Labor versammelt. Sobald sie sich niedergelassen hatten, winkte Lisa Miyuki zu: »Mach weiter!«
Nickend wiederholte sie in aller Schnelle die Geschichte und setzte dann erneut an: »Diese Kristalle haben Horon-kos Volk verändert. Es war imstande, in vielen Ländern große Städte und Tempel zu errichten. Während es sich ausbreitete, hat es komplizierte Bergwerke erbaut, um weitere Kristalle zu suchen. Dann, eines Tages, haben sie eine reiche Kristallader im Herzen einer Hügelkuppe aufgetan. Im Verlauf von fünfzehn Jahren trugen sie den ganzen Hügel ab und legten die Kristallsäule frei.«
»Die Säule!«, rief Jack aus.
»Sieht so aus. Das Volk hat die Säule für ein Gottesgeschenk gehalten und angebetet. Sie wurde zu einer großen Pilgerstätte. Tatsächlich war Horon-ko einer der Priester dort.«
»Und diese große Katastrophe?«
»Das ist der merkwürdige Teil«, entgegnete Miyuki und wandte sich ihrem Computersystem zu. »Gabriel, könntest du bitte die Übersetzung vorlesen, angefangen vom Abschnitt zwanzig?«
»Gewiss, Professor Nakano«, erwiderte der Computer aus den winzigen Lautsprechern. »›Dann kam eine Zeit schlimmer Vorzeichen. Seltsame Lichter waren im Norden zu sehen. Bänder aus Licht, wie Wogen auf dem Meer, ritten im nächtlichen Himmel. Der Boden erbebte. Das Volk ging zu der Gottessäule, um Hilfe zu erbitten. Opfer wurden dargebracht. Aber an jenem letzten Tag kam der Mond und fraß die Sonne auf. Die Göttin der Nacht schritt über das Land.‹«
»Eine Sonnenfinsternis«, murmelte Charlie.
»›Die Gottessäule‹«, fuhr Gabriel fort, »›war zornig über die Mondgöttin und entflammte hell. Der Boden erzitterte. Berge stürzten ein, Meere erhoben sich. Der Grund öffnete sich, Flammen schlugen hervor und verschlangen Dörfer. Aber die Götter ließen uns nicht im Stich.
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