Im Dreieck des Drachen
zu entziffern.«
»Falls ja, wäre das die archäologische Entdeckung des Jahrhunderts.«
»Dann lass uns an die Arbeit gehen! Gabriel kann dir eine Verbindung nach draußen verschaffen, indem er sich in die Telefonleitungen des US -Militärs einhakt. Das sind die stabilsten.« Miyuki ging zu den Glastüren zu ihrem Labor hinüber.
»Das kann er?«
Sie nickte. »Natürlich. Wer ist denn der Hauptsponsor meiner Forschungsarbeit, was meinst du? Das US -Militär ist sehr interessiert an künstlicher Intelligenz und ihrer praktischen Anwendung. Ich bin in Sicherheitsstufe drei.« Erneut benutzte sie ihre Karte, um die innere Tür zu entriegeln. Es machte wusch, als sie sich öffnete. Der nächste Raum stand unter leichtem Überdruck, eine zusätzliche Vorkehrung, um ihr Labor gegen Verunreinigungen zu wappnen.
Karen folgte ihr in den sauberen Raum. »Du nimmst einiges auf dich, damit hier auch nicht das kleinste Staubkorn reinkommt«, murmelte sie mit einem höhnischen Grinsen.
Miyuki beachtete sie gar nicht, sondern ging zu einer Anzahl Monitore hinüber, die in einem Halbkreis angeordnet waren. Daneben standen zwei Stühle auf Rollen. Sie setzte sich auf einen davon und winkte Karen zu dem anderen. »Ich zeig dir, was Gabriel bislang entziffern konnte.« Sie tippte auf eine Tastur, während sie laut sagte: »Gabriel, könntest du bitte die Abbildungen der Hieroglyphen anzeigen?«
»Gewiss, Professor Nakano. Und guten Morgen, Karen Grace.« Die künstliche Stimme ertönte aus Stereolautsprechern hinter den beiden Frauen.
»Guten Morgen, Gabriel«, erwiderte Karen, die sich nach wie vor linkisch vorkam. Sie warf einen Blick über die Schulter. Es war, als würde jemand hinter ihr stehen. »V-vielen Dank für deine Unterstützung.«
»Gern geschehen, Dr. Grace. Sie haben mir eine interessante Aufgabe gestellt.« Die Hieroglyphen der unbekannten Sprache liefen über die lange Reihe von Monitoren: Vögel, Fische, menschliche Gestalten, geometrische Figuren und seltsame Schnörkel.
»Was hat er erfahren?«, fragte Karen.
»Er war imstande, einen kleinen Abschnitt am Anfang zu entziffern.«
»Du machst Witze!« Karen richtete sich auf.
Die Reihe von Schriftzeichen lief über den Bildschirm, bis ein rot hervorgehobener Abschnitt auftauchte. Der markierte Teil bestand aus sechs Symbolen:
»Gabriel hält das für die Darstellung eines Mondkalenders. Ein Datum, sozusagen.«
»Hmm … diese Symbole da in der Mitte sehen aus wie die Sichel eines zu- oder abnehmenden Monds.« Karen fuhr zurück. »Aber was hat das zu bedeuten, wenn es tatsächlich ein Datum ist? Handelt es sich dabei um den Zeitpunkt, als die Inschrift entstanden ist, oder um ein historisches Ereignis?«
»Vermutlich Letzteres«, meinte Miyuki. »Ein uraltes historisches Ereignis, das hier beschrieben wird.«
»Warum?«
Miyuki schwieg.
Karen warf ihrer Freundin einen Blick zu. »Was?«
Die Professorin seufzte. »Nachdem Gabriel mithilfe eines Astronomieprogramms die Zeichen mit der Sternenkonstellation an der Decke der inneren Kammer verglichen hat, kam er zu dem Schluss, dass wir es mit einem Kalender zu tun haben.«
Karen entsann sich der Sternenkarte aus Quarz im Kuppeldach des Raums. »Und?«
»Dann hat er einen Bezug zum Mondkalender hergestellt.« Miyuki sah sie an. »Und grob das Datum der Inschrift berechnet.«
»Erstaunlich … Wann? Was für ein Datum?«
»Gabriel?«
Das Programm gab zur Antwort: »Die Symbole stellen den vierten Monat eines Mondjahrs dar.«
Karen bemerkte die vier Mondsicheln. »Vorfrühling.«
»Exakt … Und aus der relativen Position der dargestellten Konstellation kann ich annähernd das Jahr extrapolieren.«
»Innerhalb einer statistischen Abweichung von plus/minus fünfzig Jahren«, führte Miyuki weiter aus.
»Natürlich kann ich nicht präziser sein.«
»Das reicht völlig!« Karens Gedanken wirbelten umher. Wenn Gabriels Berechnungen stimmten, könnte das ein Hinweis darauf sein, wann die uralten Ruinen erbaut worden waren. »Welches Jahr? Vor wie langer Zeit?«
»Der astronomischen Karte zufolge – vor zwölftausend Jahren.«
Nordwestlich des Enewak-Atolls, Zentralpazifisches Becken
Jack trieb an Bord des Tauchboots Nautilus über das Trümmerfeld und beobachtete aus mehreren Metern Abstand, wie die Heckflosse der Boeing 747 an zwei zehn Zentimeter dicken Stahltauen wie ein fauler Zahn aus dem Schlick gezogen wurde. Schlammwolken wirbelten auf. Sechshundert Meter weiter oben holte die
Weitere Kostenlose Bücher