Im Dreieck des Drachen
hätte er eine andere Welt bereist.
Seufzend schwang Jack wieder herum. Er hatte eine Pflicht zu erfüllen und durfte sich nicht durch müßige Gedanken ablenken lassen. In zwanzig Minuten kämen die beiden Winschtaue wieder herab, und dann müsste er ihnen dabei helfen, weitere Wrackteile einzufangen. Bis dahin widmete er sich erneut seinen eigenen Untersuchungen.
Er schob sein Tauchboot langsam auf das Zentrum des Trümmerfelds zu. Aus dem Dämmer tauchte die Säule auf, die warm im Licht seiner Xenonscheinwerfer glühte. Durch den klaren Kristall zogen sich Adern von Azur und Rosa. Während der vergangenen Tage hatte er den Turm aus jedem möglichen Winkel aufgenommen und erneut alles auf DVD gespeichert. Inzwischen hatte George eine vollständige Kopie der seltsamen Inschrift auf der Oberfläche vor sich liegen.
Jack brachte sein Tauchboot nahe an die Säule heran. Seit dem ersten Tauchgang hatte es keine weiteren Funkstörungen oder Probleme mit dem Boot mehr gegeben. Die seltsamen Ausstrahlungen waren nie wieder aufgetreten. Er war fast so weit zuzugeben, dass sich das seltsame Gefühl auf etwas Profaneres zurückführen lassen würde, beispielsweise auf eine Störung in den Systemen der Nautilus.
Jetzt schwebte er vor der Säule und streckte einen Greifarm aus. Charlie hatte ihm eingehämmert, auf jeden Fall den Versuch zu unternehmen, eine Probe abzukratzen. Eine Titanzange berührte die Säule. Seine Unterwassermikrofone übertrugen ein leises Klirren, als Metall auf Kristall traf.
Bei diesem Geräusch spürte Jack, wie sich ihm sämtliche Haare sträubten, als wäre sein Körper zu einer lebendigen Stimmgabel geworden. Auf seiner Haut kribbelte es, vor seinen Augen waberte es, und die Welt geriet ins Rotieren. Er hatte das Gefühl, gleich das Bewusstsein zu verlieren. Plötzlich wusste er nicht mehr, wo oben und wo unten war. Es war, als wäre er gewichtslos und schwebte wieder im Raum. In seinen Ohren klingelte es, und aus der Ferne vernahm er Stimmen, die ihn riefen, wie durch einen langen Tunnel – verzerrt, in einer seltsamen Sprache.
Keuchend drückte er den Fuß fest auf das rechte Pedal und holte sein Tauchboot vom Kristall weg. Als der Kontakt abbrach, fuhr Jack in seinen eigenen Sitz zurück, in seinen eigenen Körper. Das Kribbeln verschwand.
»… hörst du mich? Jack!«, schrie ihm Lisa ins Ohr. »Antworte mir!«
Jack berührte sein Kehlkopfmikrofon. Er benötigte einen gewissen physischen Kontakt mit der Welt oben. »Ich bin hier, Lisa.«
»Was tust du da?«
»W … was willst du damit sagen?«
»Du warst eine Ewigkeit von der Bildfläche verschwunden! Die Navy wollte schon einen ihrer ROV -Roboter zu Wasser lassen, um nach dir zu suchen.«
Er ließ sich von der Säule wegtreiben, öffnete den Lichtkegel seiner Scheinwerfer und sah die Bergungstaue vor sich. Wie hatte die Navy die beiden Wrackteile so rasch hochholen können?
Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es waren nur zwei Minuten vergangen, seit er die Schwanzflosse und das Rotorgehäuse an die Taue gehakt hatte. Wie war das möglich? Stirnrunzelnd dachte Jack an die Störung, die Lisa nach seinem ersten Tauchgang aufgefallen war.
»Lisa, wie spät ist es bei euch oben?«
»15.14 Uhr.«
Jack starrte den Computermonitor des Tauchboots an. Die Digitaluhr ging achtunddreißig Minuten nach.
»Jack?«
»M… mir geht’s gut. Nur eine weitere Funkstörung.« Er glitt auf die Taue zu. Hatte er tatsächlich das Bewusstsein verloren?
Zögernd und voller Argwohn ertönte wieder Lisas Stimme. »Ganz bestimmt?«
»Ja, Lisa. Kein Grund zur Sorge. Ich mache mich an die nächsten Teile.«
»Das gefällt mir nicht. Du solltest sofort hochkommen.«
»Ich komme damit klar. Überall an Bord ist grünes Licht. Wie empfängst du mich?«
»Empfange dich jetzt gut«, antwortete Lisa offenbar widerstrebend.
Eine weitere Stimme ging dazwischen. Es war Admiral Houston. »Ihre Ärztin hat recht, Mr Kirkland. Sie haben hier oben alle und jeden in Panik versetzt.«
»Bloß eine Störung, Sir.«
»Ist mir egal. Diese Mission ist für heute beendet.«
Jack packte seine Bedienungselemente fester und warf einen Blick zurück auf die Kristallsäule. Seine erste Panik hatte sich in einen tief sitzenden Ärger verwandelt. Er war entschlossen herauszufinden, was geschehen war. »Lassen Sie mich zumindest diese letzten Taue einhaken. Sie sind bereits unten.«
Eine lange Pause. »Na gut, Mr Kirkland. Aber seien Sie vorsichtig!«
Jack nickte,
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