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Im Dreieck des Drachen

Im Dreieck des Drachen

Titel: Im Dreieck des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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Motorwinsch an Bord der USS Gibraltar die Taue langsam, aber stetig ein und zog so ihren Fang an die Oberfläche.
    »Bin unterwegs zum nächsten Fisch«, rief Jack in sein Kehlkopfmikrofon, betätigte die Fußpedale und schwenkte sein Tauchboot herum. Er schaute auf die Uhr der Nautilus. Seit fast drei Stunden war er jetzt schon am Werk, um diejenigen Teile des Flugzeugs aus den Trümmern zu ziehen, die das NTSB anhand der Videoaufnahmen seines ersten Tauchgangs ausgewählt hatte.
    Inzwischen war die stückweise Bergung von Air Force One fast zur Routine geworden. Während der vergangenen drei Tage hatten sie fast vierzig Abschnitte des Flugzeugs nach oben geholt. Die geborgenen Wrackteile lagen jetzt wie ein makabres Puzzlespiel durchnummeriert im unteren Hangardeck der USS Gibraltar.
    Obgleich die Arbeit rasch voranschritt, hatte man bisher erst vier Leichen gefunden: Zwei, die in der tückischen Strömung getrieben hatten, waren als Mitglieder der Presseabteilung identifiziert worden. Hinzu kamen Pilot und Copilot, die noch auf ihre Sitze geschnallt gewesen waren. Jack schob diese Erinnerung beiseite. Die zerbeulte Flugzeugnase war eines der ersten Teile gewesen, die sie geborgen hatten. Beim Anbringen der Taue hatte er einen kurzen Blick auf das Innere erhascht. Der Druck in dieser Tiefe hatte die Leichen zu einem Brei zusammengequetscht. Sie hatten ausgesehen wie fleischfarbener Ton, geformt zu etwas, das annähernd einer menschlichen Gestalt entsprach. Die Identifizierung war nur anhand ihrer Uniformen und ihrer Plätze im Cockpit möglich gewesen.
    Seitdem hatte Jack bei der Durchsuchung des Wracks immer wieder den Atem angehalten, aus Furcht vor dem, was er sonst noch so finden würde, hatte jedoch keine weiteren Leichen mehr zu Tage gefördert. Der Aufprall und die Strömung hatten die menschliche Fracht des Flugzeugs gründlich zerstreut.
    »Zweite Winsch bereit!«, verkündete der Funker des NTSB .
    »In Ordnung. Zweite Winsch bereit. Nehme nächstes Stück in Angriff.«
    Jack schwang das Tauchboot herum und fuhr vorsichtig zur gegenüberliegenden Seite des Trümmerfelds. Vor ihm tauchte ein weiteres Tau auf, das einfach so im Wasser zu hängen schien, da sein Ende irgendwo dort oben in der Düsternis verschwand. Es war mit einer zweiten Winsch an Bord der Gibraltar verbunden. Jack fuhr die Nautilus zu dem daran angebrachten elektromagnetischen Haken.
    Er packte ihn mit den Greifarmen und zog ihn zu einem der Triebwerksteile des Flugzeugs. Dann senkte er das Tauende herab und drückte es gegen den metallischen Rumpf.
    »Okay!«, rief er hinauf. »Einschalten!«
    Auf sein Signal hin fuhr das elektromagnetische Ende des Taus herum und heftete sich an die Verkleidung.
    »Fisch hängt an der Angel. Hoch damit!«
    Mit jaulendem Antrieb ließ Jack sein Tauchboot zurückweichen. Das schlaffe Tau spannte sich; dann glitt die Triebwerksverkleidung aus dem Schlamm heraus.
    Jack fuhr herum. Der Friedhof war jetzt fast zur Hälfte geräumt. Nur noch kleinere Stücke und Abschnitte von Rumpf und Tragflächen waren zurückgeblieben. Er strich mit seinem Tauchboot über ein großes Stück des Fahrwerks, dessen Reifen unter dem gewaltigen Druck platt gedrückt worden waren. In einem oder zwei Tagen wäre hier unten nichts mehr zu sehen.
    Während er das Tauchboot in einem langsamen Kreis herumfuhr, bemerkte er links in einigem Abstand eine Bewegung. Eine Schule fliegender Fische schoss an den Blasen vorbei, die sein Tauchboot ausstieß. Ihm war aufgefallen, dass nach und nach immer mehr Bewohner der Tiefen von dem Licht und Lärm der Bergungsoperation angezogen worden waren: lange rosafarbene Aale, umherhuschende Krabben sowie ein zwei Meter langer Hai. Links schoss ein Kalmar aus einem Haufen zerdrückten Blechs und schnappte sich einen vorüberschwimmenden Fisch. Ein kurzes Zucken der Tentakel, dann war er verschwunden.
    Dies waren seine einzigen Gefährten. Jack schwenkte die beiden Scheinwerfer seines Tauchboots herum und beobachtete die hohen Meereserhebungen mit den flachen Gipfeln, die sich gerade am Rand des erhellten Bereichs auftürmten – Riesen, die drohend das Wrack überragten. Etwas näher umschloss ein Wald aus verdrehten Lavasäulen das Gebiet. Die Unterwassermikrofone seines Tauchboots fingen das Pfeifen und schrille Klicken der Meereslebewesen ein, ein verlorenes Geräusch.
    Während er da wartete, überfiel ihn der Anflug eines Gefühls von Isolation. Hier unten in diesen lichtlosen Tiefen war es, als

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