Im Dunkel der Nacht (German Edition)
Es bleibt ein Rätsel.«
»Da spricht der wahre Junggeselle. Wart’s nur ab. Eines Tages triffst du die Richtige. Dann malst du dir die schönsten Dinge aus und wirst verstehen, warum Männer heiraten.«
»So wie du, Frankie?«
»So wie ich.«
»Und welche ist die Richtige? Die Erste? Nummer zwei? Oder doch Nummer drei?«, zog ihn Zach auf.
»Jede, Zach, einfach jede. Was soll ich sagen? Ich verschenke mein Herz einfach zu schnell.«
Es war nicht das Herz, das Frank so leichtfertig vergab, sondern definitiv ein völlig anderer Körperteil. Gerechterweise musste man aber sagen, dass er mit Nummer drei recht glücklich zu sein schien. Nummer eins hatte Zach nie kennengelernt, dafür aber Nummer zwei. Er hatte sogar noch die Narben von diesem Treffen. Doreen war eine verflucht harte Frau.
4
Veronica erklomm die Stufen zur Veranda ihres Vaters. In der einen Hand trug sie eine McDonald’s-Tüte, in der anderen einen Kaffeebecher. Sie hatte um sieben Feierabend gemacht, war zu McDonald’s gefahren, um Frühstück für sich und ihren Vater zu besorgen, und war dann direkt hierhergefahren. Sie wusste nicht, ob die Polizisten mit ihm gesprochen hatten oder nicht, doch in jedem Fall hatte sie das Gefühl, vorbeikommen zu müssen.
Es war ohnehin so etwas wie eine Routine. Sie kam ein oder zweimal die Woche vorbei, meist mit einem McMuffin Sausage & Egg und schwarzem Kaffee. Sie war der Meinung, dass ihn der Alkohol lange vor dem Fett und Cholesterin töten würde.
Er hatte bereits die für einen regelmäßigen Trinker typischen Adern im Gesicht und die geschwollene Nase, vom Bierbauch ganz zu schweigen. Sie hasste den Gedanken daran, wie wohl ein Ultraschallbild seiner Leber aussehen würde, sodass sie die Vorstellung verdrängte. Sie hatte schon seit Langem das geistige Gegenstück zu Ohrstöpseln perfektioniert.
Sie klopfte an der Tür, obwohl sie keine Reaktion erwartete. Es war eine Geste der Höflichkeit und eine Erinnerung daran, dass sie nicht mehr hier lebte. Sie konnte gehen, wann immer sie wollte, und musste niemals zurückkommen. Sie war aus freien Stücken hier. Gewissermaßen.
Sie war mit achtzehn ausgezogen, trotz des Flehens ihrer Mutter und der Drohungen ihres Vaters. Sie war nur nach San Jose auf die Schwesternschule gegangen, doch so wie ihre Mutter weinte, hätte man meinen können, sie ginge nach Borneo, um nie wiederzukommen. Und trotz allem Gepolter und der Drohungen ihres Vaters, ihr die Unterstützung zu versagen – als ob sie je welche erwartet hätte –, hatte er am Ende stillgehalten. Als sie in jenem August zur Tür hinausging, knurrte er: »Du kommst wieder.«
Damit sollte er recht behalten, doch anders, als er beabsichtigt hatte. Wenige Monate nach Veronicas Abschluss wurde bei ihrer Mutter eine Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostiziert, und sie zog zurück nach Sacramento, um sich um sie kümmern zu können.
Doch vergeblich. Ihre Mutter trank weiter und vernichtete letztlich einen Großteil ihrer Bauchspeicheldrüse, zog sich eine Infektion zu und starb, während Veronica an ihrem Bett saß. Damals hätte sie zurück an die Küste ziehen sollen – es wäre die Gelegenheit für einen sauberen Schnitt gewesen. Doch irgendwie wurde nichts daraus. Sie nahm einen Job im St.-Elizabeth-Krankenhaus an, fand Freunde und kaufte eine Eigentumswohnung.
Veronica wusste, was sie hier festhielt. Sie hatte Al-Anon aufgesucht und einige Therapiesitzungen über sich ergehen lassen. Doch er war immer noch ihr Vater. Trotz allem wollte sie ihn lieben können, auch wenn er es nahezu unmöglich machte. Sie konnte nur tun, was in ihrer Macht stand. So kam sie hin und wieder mit Essen von McDonald’s vorbei, rief einige Male pro Woche an, doch hielt stets einen Sicherheitsabstand zwischen sich und ihrem Vater aufrecht. Eine Art emotionale Knautschzone. Sie brauchte das, um mit sich selbst leben zu können. Vermutlich tat es ihr nicht gut. Verdammt, vermutlich tat es nicht mal ihrem Vater gut. Aber ohne sie wäre er längst in der Gosse gelandet oder hätte sich zu Tode getrunken. Oder beides.
Sie jonglierte mit Tüte und Kaffee und kramte ihre Schlüssel hervor, um die Tür zu öffnen. »Dad«, rief sie. »Ich bin’s. Ronnie.«
Niemand nannte sie noch so. Nur er.
»Hast du Kaffee dabei?«, hörte sie ihn aus dem Obergeschoss rufen.
Wann hatte sie sein Haus in den letzten zehn Jahren ohne Kaffee betreten? »Ja, Dad, ich habe Kaffee dabei. Und Frühstück.«
»Ich komme sofort.«
Sie holte
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