Im Dunkel der Nacht (German Edition)
bis die Wut des Vaters verraucht war.
George und Celeste Osborne waren, was sie und ihre Kollegen im Krankenhaus als »anfällig« bezeichneten.
Andererseits hatte ihr Vater immer einen Job gehabt. Er hatte die Stellung häufig wechseln müssen, da ihn sein Temperament oft in Schwierigkeiten brachte, doch einen neuen Job fand er immer. Er war ein guter Handwerker, was vielerorts geschätzt wurde. Es stand Essen auf dem Tisch, und sie hatte ein Dach über dem Kopf. Sie sah jeden Tag Kinder, die eine Kindheit wie die ihre als unglaublichen Luxus empfunden hätten.
»Hat dir die Polizei denn Fragen gestellt?« Sie ging ins Wohnzimmer. Ihr Vater band sich die Schuhe. Sie sah auf die Uhr. Es war nach acht. In ein paar Minuten würde er zu Jiffy Lube gehen, wo er für die kommenden acht Stunden Ölwechsel und Bremstests durchführte.
Er zuckte mit den Schultern. »Ein paar.«
Veronica setzte sich auf die Armlehne des Sofas neben ihm. »Zum Beispiel?«
Er sah sie scharf an. »Zum Beispiel, warum ich meiner erwachsenen Tochter noch immer sagen muss, dass sie nicht meine Möbel ruinieren soll, indem sie sich auf die Lehnen setzt.«
Sie stand auf. »Im Ernst, Dad, was haben sie dich gefragt? Glaubst du, sie werden überhaupt versuchen herauszufinden, was Max zugestoßen ist?«
Osborne band seine Schuhe zu Ende und richtete sich auf. »Woher zum Teufel soll ich das wissen, Ronnie? Warum zur Hölle sollte es mich kümmern? Warum dich?«
»Weil er mein Bruder war. Und dich sollte es kümmern, weil er dein Sohn war.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust in der Hoffnung, es könne ihr Herz davor bewahren zu zerbrechen.
»Er war nicht mein Sohn. Um das festzustellen, brauchte es keinen Halbgott in Weiß. Max war nicht mal hell genug, um annähernd in Frage zu kommen.«
Veronica ballte die Fäuste. Es machte sie fast körperlich krank, wenn ihr Vater solche Dinge sagte.
»Wann hast du ihn zuletzt gesehen, Dad?« Das hatte sie ihn noch nie zuvor gefragt, denn Max war nie ein Thema, das man aus Spaß anschnitt.
»Zur gleichen Zeit wie du. Als sie seinen kümmerlichen Hintern vor die Tür dieses Hauses und hinauf in die Besserungsanstalt schafften.« Er stand auf, zog seine Arbeitshose zurecht und machte sich auf in Richtung Tür. »Kommst du mit? Oder willst du hier Wurzeln schlagen?«
»Du hast nie wieder etwas von ihm gehört? Was ist mit Mama? Hat er je angerufen oder einen Brief geschickt?«, bohrte sie nach.
»Ronnie, hör auf mit diesem Thema. Was passiert ist, ist passiert. Wenn du mich fragst, sind wir den Abschaum auf Dauer losgeworden. Die Bullen waren hier und haben ihre Fragen gestellt. Sie werden die ganze Sache vermutlich auf sich beruhen lassen und vergessen. Was sollen sie auch sonst tun?«
Veronica folgte ihm zur Tür. »Willst du nicht trotzdem wissen, was der Grund war? Was mit ihm geschehen ist?«
»Wieso? Es würde keinen Unterschied machen. Außerdem war es nicht gerade so, als ob er ein Heilmittel für Krebs gefunden oder Frieden im Nahen Osten gestiftet hätte. Er war ein Versager und wäre ein Versager geblieben. Vermutlich war es ein noch größerer Versager, der ihn dort abgeladen hat, wo sie ihn fanden. Lass es sein, Ronnie. Niemanden interessiert, was passiert ist.«
Sie wurden von einem lauten Klopfen an der Vordertür unterbrochen. Osborne warf die Arme in die Luft. »Was denn jetzt? Ich komme zu spät zur Arbeit!«
Er marschierte zur Vordertür und öffnete. Polizisten vor der Tür. Schon wieder.
Veronicas Anwesenheit ließ Zach für einen Moment innehalten, ehe er seinen Durchsuchungsbefehl vollstreckte. »George Osborne, ich habe hier einen Durchsuchungsbefehl für Ihr Haus.« Er gab Osborne die Papiere und ging an ihm vorbei. »Guten Morgen, Miss Osborne. Schön, Sie wiederzusehen.«
Sie presste die Lippen zusammen und ging beiseite. Sie trug einen Schwesternkittel und sah müde aus. Richtig, sie arbeitete nachts im St.-Elizabeth-Krankenhaus. Ihr Haar war zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden.
Zach nickte der kleinen Gruppe Beamter in seinem Schlepptau zu, und sie begannen auszuschwärmen. Für einen so alten Fall hatte er kaum Unterstützung erhalten.
Osborne sah ihn abschätzig an. »Ich gehe zur Arbeit. Machen Sie nichts kaputt, oder ich verklage Sie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Ronnie, schließ ab, wenn sie gegangen sind.« Er ging aus dem Haus.
Veronica sank auf die Couch, so als hätte jemand ihre Luft abgelassen. »Machen Sie nur. Wobei ich nicht weiß, wonach
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