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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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bei mir übernachtete, weil es in seiner Wohnung nach Farbe roch, ja, ich erinnere mich, er hat von dem Maler gesprochen, sagte, daß er ›ein netter Kerl, gar nicht dumm‹ sei. Habe ich diesen Maler jemals zu Gesicht bekommen? Nein, ich glaube nicht.
    Also, Benoît hatte mit Hélène Schluß gemacht. Es ist schon merkwürdig, wenn man quasi zur gleichen Zeit erfährt, daß dein Freund dich betrogen und daß er mit deiner Nebenbuhlerin Schluß gemacht hat. Doch was nützt uns das jetzt noch … Welch bittere Ironie des Schicksals: In dem Augenblick, wo er sich für mich entschieden hat, stirbt er.
    »Versuchen Sie sich vorzustellen, was Hélène empfunden haben muß, als sie Sie durch Paul kennenlernte und wiedererkannte. Ihren Haß und Ihren Triumph! Sie, ihre Nebenbuhlerin, waren ihr schutzlos ausgeliefert! Welchen Spaß muß es ihr gemacht haben, Sie hinters Licht zu führen.«
    Spaß gemacht? So würde ich das nicht bezeichnen. Hat es ihr Spaß gemacht, mir weh zu tun, mir Angst einzujagen, hat es ihr Vergnügen bereitet, die Kinder zu töten? Ich glaube nicht. Ich glaube, daß es ihr sehr schlecht ging. Ich muß an ihre Klagen, ihre unberechenbaren Stimmungswechsel, ihre Ängste denken … War ihr klar, was sie tat? Selbst dessen bin ich mir nicht sicher. Ich bin mir allerdings sicher, daß es Momente gab, in denen sie überzeugt war, eine ganz normale Hausfrau zu sein, die vom Pech verfolgt wurde. Sie schien mir nicht zu triumphieren, nein, sondern eher furchtbar unglücklich zu sein. Sogar kurz vor ihrem Tod, als sie uns alle umbringen wollte, war aus ihrer Stimme diese innere Zerrissenheit zu hören … Was sagt Tony da?
    »Ich glaube nicht, daß sie wirklich wußte, was sie tat. Ihr Trieb war stärker als sie. Wenn sie ein Kind sah, das sie an Max erinnerte, mußte sie es zerstören, es so heftig an sich drücken, daß …«
    »Haben Sie einen oder mehrere Morde beobachtet?« erkundigt sich Gassin mit dumpfer Stimme.
    »Wenn dem so gewesen wäre, hätte ich doch keinen Zweifel an ihrer Schuld haben müssen, oder?« entgegnet ihm Tony.
    Ich höre, wie Gassin ziemlich heftig ein paar Seiten umblättert.
    »Sie hat Ihnen gestanden, Stéphane Migoin umgebracht zu haben …«
    »So ist es. Ich weiß nicht, ob das zu ihrem Plan gehörte, aber sie hat es sich zunütze gemacht, daß Stéphane geflohen war …«
    Dieser letzte Anruf von Stéphane … Er glaubte an eine Verschwörung. Wenn er doch nur mit der Polizei gesprochen hätte!
    »Was Sophie Migoin angeht … ich habe ihr Geheimnis gelüftet«, erklärte Gassin zufrieden. »Sie traf sich regelmäßig mit Manuel Quinson.«
    Und das ist das Geheimnis?
    »Aber nicht, weshalb Sie denken, nein«, fuhr er fort. »Er versorgte sie mit Koks!«
    Manu, ein Dealer? Sophie mit vollgekokstem Näschen? Warum nicht? Ich wundere mich über gar nichts mehr, ich habe meinen Vorrat an Verwunderung aufgebraucht, ich glaube, wenn mir jetzt jemand sagen würde, es gäbe gleich eine Atomexplosion, ich würde nicht mal mit der Wimper zucken …
    »Ach, deshalb war sie immer so überdreht«, murmelte Tony.
    »Und Paul Fansten? Welche Rolle spielt er bei der ganzen Sache?«
    »Die Rolle des Ehemannes«, antwortete ihm Tony. »Sie wissen schon, was ich meine: Er gab ihr Sicherheit, Ansehen, ein sorgenfreies Leben.«
    »Hätte er ihr Komplize sein können?«
    »Würden Sie eine Frau decken, von der Sie annehmen, sie habe ihren eigenen Sohn umgebracht?«
    Gassin brummt irgend etwas Unverständliches vor sich hin.
    Paul wußte mehr, als du denkst, Kommissar Yssart, selbst wenn er nicht wußte, daß er es wußte! Ich erinnere mich an die Gesprächsfetzen, die ich aufgeschnappt hatte. Mir fallen Pauls Wutanfälle, sein Verhalten ihr gegenüber ein. Er konnte Hélènes Gegenwart nicht mehr ertragen, weil er in seinem tiefsten Innern von den entsetzlichen Geschehnissen wußte … aber er belog sich selbst. Wie Sie, mein lieber Tony.
    Ein Stuhl knarrt, die Handschellen klirren leise, das Jackett des Wachpostens riecht nach feuchter Wolle.
    »Hatten Sie nie Angst, daß Hélène Sie bemerken und erkennen könnte?«
    »Wissen Sie, als sie mich das letzte Mal sah, wog ich zehn Kilo mehr, mein Körper war aufgedunsen, ich trug einen Bart und hatte lange, braune Haare. Ich habe mir eine Brille mit getönten Gläsern gekauft, mir die Haare ganz kurz schneiden und schwarz färben lassen, und ich habe aufgepaßt, daß ich ihr nicht über den Weg lief.«
    »Ein gefährliches Spiel.«
    »Auch nicht

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