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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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lass nicht zu, daß man Ihrer Familie was tut. Das Problem is bloß, daß ich nicht weiß, wen die eingesetzt haben. Ich brauch Zeit, Mann, aber Scheiße noch mal, das kapiern Sie ja nicht.«
    »Wissen Sie, was eine Anabolika-Psychose ist?« fragte ich.
    »Nein.«
    »Zu viele Spritzen in den Hintern. Dann trinkt man ein paar Bier dazu, und schon gibt das Natterngezücht eine Privatvorstellung. Rufen Sie nie wieder hier an.«
    »Haben Sie Beton um den Schädel? Ich bin kein so übler Typ, wie Sie meinen. Wir sind zweimal nach Laos rein, um Ihren Freund rauszuholen. Meinen Sie, da hätt sich sonst jemand was drum geschissen?«
    »Sie haben meine Tochter erschreckt. Ohne langes Hin und Her, dafür gibt’s ’ne Quittung, Emile.«
    »Ich?
Marsallus is dagewesen. Hat Sie das nicht gesagt?«
    »Ihr Fahrer, dieser Jerry Jeff Hooker, sitzt in U-Haft. Er hat Sie verpfiffen. Stellen Sie sich, dann sehen wir zu, daß wir Sie in einer Bundesanstalt unterbringen.«
    »Ich hab Marsallus’ Atem gerochen. Er hat gestunken, wie wenn man ’nen Leichensack aufmacht. Die kleine Holländerin hat ihn auf mich gehetzt. Laos, Guatemala, das schwarze Kaff da draußen am Highway – das is doch letzten Endes alles das gleiche. Die Hölle kennt keine Grenzen, Mann. Begreifen Sie das nicht?«
    Danach herrschte eine ganze Weile Stille. Ich sah eine Eule, die auf dem Feld meines Nachbarn die Fänge in ein Wildkaninchen schlug. Dann hängte Emile Pogue leise ein.

31
    Der Sheriff war aus der Intensivstation des Iberia General in ein normales Krankenzimmer verlegt worden, einen hellen, sonnigen Raum, der voller Blumen stand. Doch die neue Umgebung täuschte. Weiß hoben sich seine Bartstoppeln von der schlaffen Haut ab, und seine Augen hatten einen eigenartigen Glanz – den Tausend-Meter-Blick nannten wir das früher immer –, so als ob er sich noch nicht von lange zurückliegendenden Ereignissen habe losreißen können, den Bildern aus dem frostklirrenden Hochland, durch das die Signalhörner schallten.
    »Können Sie mir bitte den Orangensaft reichen?« sagte er.
    Ich hielt den Glashalm an seine Lippen und sah zu, wie er den Saft und das geschmolzene Eis einsog.
    »Ich habe von Rosen unter dem Schnee geträumt. Aber dann hab ich gesehen, daß es gar keine Rosen waren. Es waren Blutstropfen, die wir bei unserem Abzug aus dem Chosin hinterlassen haben. Schon komisch, wie sich im Traum alles miteinander vermischt«, sagte er.
    »Alte Kriegsgeschichten sollte man lieber ruhenlassen, Skipper.«
    »New Iberia ist ein schönes Städtchen.«
    »Ganz bestimmt.«
    »Wir müssen diese Mistkerle loswerden, Dave«, sagte er.
    »Das werden wir auch.«
    »Hat Ihre Tochter Marsallus anhand des Polizeifotos erkannt?«
    »Ich hätte Ihnen die Geschichte nicht erzählen sollen«, sagte ich.
    »Er ist also nicht über den Jordan gegangen. So was hört man doch gern ... Dave?«
    »Ja?«
    »Das hier hab ich noch niemandem außer einem Seelsorger bei den Marines erzählt. Ich hab mal drei nordkoreanische Kriegsgefangene mit einem MG-Schützen, der sie bis zum nächsten Hügel geleiten sollte, in die Etappe zurückgeschickt. Insgeheim hab ich genau Bescheid gewußt, weil der MG-Mann einer von den wenigen Jungs war, die Spaß an dem hatten, was sie da gemacht hatten ...«
    Ich wollte ihn unterbrechen, doch er hob zwei Finger und brachte mich zum Schweigen.
    »Deswegen bin ich immer so hinter euch her, versuche immer, alles im Blick und im Griff zu haben ... damit wir nicht im Schutz des nächsten Hügels jemanden erledigen.«
    »Das ist doch eine gute Einstellung«, sagte ich.
    »Sie verstehen das nicht. Die Vorschriften sind es, die uns manchmal umbringen. Man hat zu viele schlechte Menschen um sich rum.«
    Seine Stimme wurde schwächer, und ich sah, wie seine Augen einen anderen Glanz annahmen, wie sich seine Brust hob, als er tiefer durchatmete.
    »Ich breche jetzt besser auf. Wir sehen uns morgen wieder«, sagte ich.
    »Gehen Sie noch nicht.« Er legte die Hand über meinen Unterarm. »Ich möchte nicht einschlafen. Tagsüber träume ich immer von den Ratten im Graben. Wir hatten zwanzig Grad minus, und die haben sich regelrecht in die Toten reingefressen. So leben die, Dave ... Indem sie sich in uns reinfressen.«
    Ich fuhr zum Mittagessen nach Hause, und danach ging ich hinunter zum Bootsanleger, um mit Alafair zu reden, deren Sommerferien gerade begonnen hatten. Unter einem Sonnenschirm an einem der Kabelrollentische saß Terry Serrett, Cletes Sekretärin.

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