Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
erneut zu, wieder mit voller Kraft, und traf ihn am Hinterkopf, ehe ich ihre Arme packen konnte. Ihre Muskeln waren steinhart.
Sie schüttelte meine Hände ab und schleuderte den Abfallkorb auf ihn, so daß sich der gesamte Inhalt, Zigarettenkippen, Asche und Bonbonpapiere, über seine Schultern ergoß.
»Du kleiner Pisser«, sagte sie. »Meinst du etwa, zwei Detectives der Mordkommission verschwenden wegen eines Autodiebstahls ihre Zeit mit einem Furz wie dir? Schau mich an, wenn ich mit dir rede!«
»Helen ...« sagte ich leise.
»Geh raus und lass uns allein«, sagte sie.
»Nix da«, sagte ich und half Roland Broussard wieder auf den Stuhl.
»Entschuldigen Sie sich bei Detective Soileau, Roland.«
»Für was?«
»Weil Sie den Klugscheißer markiert haben. Uns für dumm verkaufen wollten.«
»Entschuldigung.«
»Helen ...« Ich schaute sie an.
»Ich geh kurz aufs Klo. Bin in fünf Minuten wieder da«, sagte sie.
»Spielen Sie jetzt den Guten?« sagte er, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Das ist kein Spiel, mein Bester. Ich komme mit Helen nicht klar. Schaffen nur wenige. Sie hat in drei Jahren zwei Beschuldigte umgelegt.«
Er ging auf Blickkontakt mit mir.
»Die Lage sieht folgendermaßen aus«, sagte ich. »Ich glaube, daß Sie in das Doppelhaus der Frau eingestiegen sind und ihren Wagen gestohlen haben, aber mit allem anderen nichts zu tun hatten.
Ich
glaube das jedenfalls. Das heißt aber nicht, daß man Sie wegen dem, was da drin passiert ist, nicht drankriegt. Kapieren Sie, worauf ich hinauswill?«
Er kniff sich mit den Fingern in die Schläfen, so als winde sich ein rostiges Stück Draht durch seinen Kopf.
»Also?« Auffordernd öffnete ich die Hände.
»Niemand war daheim, als ich durchs Fenster eingestiegen bin. Ich hab die Bude ausgeräumt und alles in ihr Auto geladen. Dann hat sie irgend ’ne andere Braut vor dem Haus abgesetzt, und ich hab mich im Gebüsch versteckt. Was mach ich jetzt? überleg ich mir. Wenn ich das Auto anlass, merkt sie, daß ich’s klauen will. Wenn ich warte und sie schaltet das Licht ein, merkt sie, daß die Bude ausgeräumt is. Dann kommen aus heiterem Himmel zwei Typen angerauscht, gehn ganz schnell den Gehweg rauf und schubsen sie rein. Was die mit der gemacht ham, daran erinner ich mich nicht gern. Ich hab die Augen zugemacht, das is die Wahrheit. Sie hat gewimmert, und ich hab gewollt, daß es aufhört. Ich verscheißer Sie nicht, Mann. Was hätt ich denn machen sollen?«
»Um Hilfe rufen.«
»Ich bin fix und fertig gewesen, schwer auf Speed. Wenn man nicht dabeigewesen is, sagt sich das so leicht, daß man was hätte machen sollen. Schaun Sie, wie immer Sie auch heißen, ich bin zweimal eingefahren, aber ich hab noch nie jemand was getan. Diese Typen, die ham sie regelrecht in Stücke gerissen. Ich hab Schiß gehabt, ich hab so was noch nie erlebt.«
»Wie haben sie ausgesehen, Roland?«
»Geben Sie mir ’ne Zigarette.«
»Ich rauche nicht.«
»Ihre Gesichter hab ich nicht gesehn. Wollt ich nicht. Warum ham ihr bloß die Nachbarn nicht geholfen?«
»Die waren nicht zu Hause.«
»Sie hat mir leid getan. Ich wünschte mir, ich hätt irgendwas unternommen.«
»Detective Soileau wird Ihre Aussage aufnehmen, Roland. Ich werde vermutlich auch noch mal mit Ihnen reden.«
»Woher wissen Sie, daß ich’s nicht gewesen bin?«
»Der Gerichtsmediziner sagt, man hat ihr im Badezimmer das Genick gebrochen. Das ist der einzige Raum, in dem Sie keine Dreckspur hinterlassen haben.«
Auf dem Weg nach draußen begegnete ich Helen. Sie hatte die Augen starr und steif auf das bange Gesicht von Roland Broussard gerichtet.
»Er ist geständig«, sagte ich.
Die Tür fiel hinter mir ins Schloß. Genausogut hätte ich mit dem Abfluß des Wasserspenders reden können.
Moleen Bertrand wohnte in einem riesigen, von weißen Säulen getragenen Haus am Bayou Teche, unmittelbar östlich des Stadtparks. Wenn man von der verglasten hinteren Veranda aus über den sanft abfallenden Rasen hinwegschaute, konnte man zwischen den großzügig gesetzten immergrünen Eichen hindurch die braunen Fluten des Bayou vorbeiströmen sehen, das Schilfdickicht auf der anderen Seite, die über und über mit Trompeten- und Passionsblumen umrankten Gartenlauben seiner Nachbarn und schließlich die starren, klobigen Umrisse der alten Zugbrücke und des Wärterhäuschens an der Burke Street.
Es war März und schon ziemlich warm, doch Moleen Bertrand trug ein langärmliges
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