Im Dunkeln der Tod
vorausbestimmt, was dann passierte. Nach dem, was er hatte erleben müssen, gab es nur eins. Diese Erkenntnis hatte ihn wie ein Keulenschlag getroffen. Brutal, unwiderruflich.
Er hätte ihn fast aus den Augen verloren. Als er die Österlånggata erreichte, sah er, wie Hugo Malmberg die Galerie abschloss, obwohl es erst eine Stunde vor Feierabend war. Seine Neugier nahm überhand. Er beschloss, dem Mann zu folgen und festzustellen, warum der mit seiner üblichen Routine brach.
Er ging einige Meter hinter dem anderen zur Bushaltestelle auf Skeppsbron. Malmberg rauchte eine Zigarette und telefonierte. Dann kam der Bus, er lief eilig über die Straße und sah Malmberg genau vor sich, als der einstieg. Unangenehm nah. Er brauchte nur ein wenig die Hand auszustrecken, um seinen Arm berühren zu können.
Ihm wurde schlecht, als er den eleganten Wollmantel sah, den lässig über die Schulter geworfenen Schal. Diesen selbstsicheren, pompösen Mann, der sich für unbesiegbar hielt. Er stieg vor dem Kaufhaus NK in der Hamngata aus, ging in die Regeringsgata und dann ein Stück weiter geradeaus, bis er nach links in eine Querstraße abbog. Unterwegs rauchte er noch eine Zigarette. Autos fuhren vorbei, Menschen waren auf dem Weg nach Hause oder in die Innenstadt. Neugierig folgte er ihm. Hier war er noch nie gewesen.
Sorgfältig behielt er eine gewisse Entfernung bei und ging sicherheitshalber außerdem auf der anderen Straßenseite. Glücklicherweise waren so viele Menschen unterwegs, dass er keine Aufmerksamkeit erregte. Plötzlich war der Mann vor ihm verschwunden. Rasch überquerte er die Straße und ging auf die andere Seite. Die Fassade dort war heruntergekommen, das Schaufenster schwarz angestrichen, es war unmöglich, hineinzusehen. Eine Metalltür zeigte das schlichte, rot und gelb leuchtende Schild »Video delight«. Dort musste der andere verschwunden sein.
Was das hier für ein Videoladen war, war nicht schwer zu erraten. Er wartete eine Minute, dann ging er hinein.
Eine mit kleinen roten Lampen beleuchtete Treppe führte nach unten. Dort öffnete sich ein großer Videoladen mit Pornofilmen, die nicht gerade von der sanften Sorte waren. Sexspielzeug wurde angeboten, und es gab kleine Zellen für private Vorführungen. Hinter dem Tresen stand eine junge Frau in einer schwarzen Kutte und war von allem so unberührt, als ob sie Kuchen oder Nähgarn verkauft hätte. Sie unterhielt sich munter mit einem Jungen in ihrem Alter. Er klebte gerade Preisschilder auf DVDs. Überall wurden auf riesigen Bildschirmen Pornoszenen gezeigt. Hier und dort sah ein Mann das Filmangebot durch.
Langsam wanderte er durch das Lokal, um festzustellen, wo der Mann stecken mochte, den er verfolgt hatte. Der Laden war größer, als es auf den ersten Blick den Anschein gehabt hatte. Es gab kleine, enge Zellen, die nur wenige Quadratmeter maßen. Er schaute in eine hinein. Dort sah er nur einen schwarzen Ledersessel vor einem riesigen Fernsehschirm. Einen Aschenbecher, Papierservietten, einen Papierkorb und eine Fernbedienung. Mehr nicht.
Er suchte rasch die anderen Zellen ab und stellte fest, dass Malmberg wie vom Erdboden verschwunden war. Verwirrt ging er zu dem rot angestrichenen Tresen und fragte die junge Frau, ob es noch weitere Räumlichkeiten gebe.
»Ja«, sagte sie und zeigte auf eine Tür, die ihm bisher noch gar nicht aufgefallen war. »Aber das ist nur für Jungs – also für Homos.«
Auf der Tür klebte das unansehnliche Schild »Boys only«.
»Und das kostet. Achtzig Kronen.«
»Okay«, sagte er und bezahlte.
Sie warf einen vielsagenden Blick auf einen Korb in der Ecke. Der war mit Kondomen gefüllt.
»Die sind gratis«, sagte sie mit leiserer Stimme. »Also, zwei Stück. Wenn du mehr brauchst, musst du bezahlen.«
Er schüttelte den Kopf. Öffnete die Tür und ging hinein.
Dort war es noch dunkler, und die Treppe vor ihm war enger und steiler.
Er hörte nur das Rauschen der Klimaanlage. Es duftete frisch und leicht würzig, fast wie in einem Kurbad. Als er noch weiter nach unten stieg, öffnete sich vor ihm ein schmaler Gang, der von einer roten Leuchtröhre unter der Decke notdürftig erhellt wurde. Die Wände waren rot angestrichen, der Boden schwarz. Auf den Seiten gab es Zellen, die denen im oberen Geschoss zu entsprechen schienen. Mehrere Türen waren verschlossen, und ein leises Stöhnen drang durch die dünnen Wände.
Ein Junge von vielleicht fünfundzwanzig lungerte vor einer Zelle mit halb offener
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