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Im Fadenkreuz der Angst

Im Fadenkreuz der Angst

Titel: Im Fadenkreuz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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steht eine Frau, halb abgewandt: Sie ist blond, Mitte zwanzig, trägt Windjacke, Jeans, Sonnenbrille. Sie lacht in ein Handy, hält die Hand vors Ohr, als hätte sie eine schlechte Verbindung. »Du hast mich gehört, Sami«, sagt sie leise. »Gesicht zur Straße.«
    Ach, du Scheiße. Ich wende mich zur Straße.
    »In meiner linken Hand habe ich einen U-Bahn -Chip«, fährt die Frau fort. »Bei drei lasse ich ihn fallen. Du hebst ihn auf und folgst mir. Bleib dicht dran, aber nicht zu dicht. Und gucke nie, niemals in mein Gesicht. Verstanden? Eins, zwei, drei.«
    Als der Chip auf den Bürgersteig fällt, tauche ich ab zwischen all die Füße um mich herum und schnappe ihn. Dann richte ich mich schnell auf. Wo ist die Frau? Ich wirbele herum. Da. Sie geht auf eine Reihe Türenzu. Ich renne hinterher. Jetzt ist es passiert. Ich bin auf der anderen Seite. Es gibt kein Zurück.
    Marty kommt die Treppe runtergepest. Andy stoppt den Wagen. Schon ist die Frau durch die Türen. Ich auch.
    Wir laufen ein paar Stufen runter, biegen nach rechts, geraten in ein Wirrwarr unterirdischer Läden, alles voller Menschen, Gerüche, Lichter, Lärm. Ich dränge mich durch. Drehe mich kurz um. Andy und Marty sind oben auf der Treppe, blicken suchend in die Menge. Die Frau ist vor mir. Sie kann nicht sehen, wenn ich ein Zeichen gebe. Aber hoffentlich tun es Andy und Marty. Ich strecke den Arm hoch und winke wie verrückt.
    Vor uns sind Glastüren. Der Eingang zur U-Bahn . Wir gehen durch. Ich drehe mich noch ein letztes Mal um. Sehe Andys Kopf in der Menge auf und ab hüpfen. Er kommt näher.
    Die Türen schließen sich hinter uns. Die Frau steht vor dem Drehkreuz. Sie steckt ihren Chip rein, geht auf die andere Seite. Ich folge. Wir biegen nach rechts, da ist eine Treppe, die zu den Gleisen führt.
    Und jetzt habe ich Glück. Von unten kommen Leute, die gerade aus einem Zug ausgestiegen sind. Es wird eng.
    Der Stau löst sich in dem Moment, als Andy und Marty durch den Eingang stürzen. Sie sehen mich und rasen aufs Drehkreuz zu. Andy springt rüber, Marty hinterher. Aber Andy bleibt zwischen den ankommenden Fahrgästen stecken. Der Kontrolleur klopft gegen die Glasscheibe seiner Kabine.
    Mehr sehe ich nicht. Ein Zug fährt ein. Die Frau streckt ihren Arm nach hinten, packt meine Hand und zieht mich die letzten Stufen zum Bahnsteig runter.
    Die Zugtüren gehen auf. Mit den Fahrgästen quillt ein Schwall schlechter Luft raus. Wir stemmen uns gegen den Strom, drängeln uns rein, sind die letzten, die einsteigen.
    Ein Signal ertönt. Da kommt Marty die Treppe runtergeschossen, seine Arme und Beine rudern wie Windräder. Er sieht mich und springt in den Zug, ein Abteil weiter. Ich bin gerettet.
    Die Türen gehen zu. Ein plötzlicher Stoß von der Frau. Wir stehen wieder auf dem Bahnsteig. Ich blicke zum Zug. Marty steckt drinnen, das Gesicht an die Scheibe gepresst. Tut mir leid, Kumpel, formen seine Lippen. Sein Zug rattert in den Tunnel.
    »Los, weiter«, sagt die Frau.
    Sie geht jetzt schneller. Ich habe Mühe, ihrem Zickzackkurs durch die Menge zu folgen. Ich pralle gegen eine Säule mit der Karte des U-Bahn -Netzes. Versuche rauszufinden, wo wir sind, aber das klappt nicht, weil ich sonst die Frau verliere.
    Wir eilen eine andere Treppe runter. Und schon sitzen wir in einem Zug, der Richtung Westen fährt. Ich taste nach dem Handy in meiner Tasche. Gute Idee, Andy. Was immer geschieht, Hilfe ist nur einen Anruf weit entfernt.
    Wir fahren drei Stationen, steigen unvermittelt aus und springen am Gleis gegenüber in einen Zug, der genau dahin fährt, wo wir herkommen. Eine Station weiter, und wir laufen eine Treppe rauf, zu einer U-Bahn Richtung Norden. Nach drei Stationen steigen wir aus, diesmal aber endgültig. Auf einem Schild über den Gleisen steht der Name der Station: St. Clair West. Ich versuche, es mir zu merken.
    Wir fahren mit dem Fahrstuhl hoch und stehen draußen auf der Straße vor einem riesigen Supermarkt. Daneben ein Parkplatz, so groß wie ein Fußballfeld. Jede Menge Autos und Einkaufswagen.
    Die Frau läuft rasch zwischen den parkenden Autos hindurch. Sie geht einen großen Bogen, als wollte sie checken, ob die Luft rein ist. Wie hätte uns jemand folgen können? Zwischen zwei kleinen Lieferwagen bleibt sie stehen. »Steig in den rechten Wagen, durch die Seitentür.« Sie geht weiter.
    Ich gucke mir das Auto an, damit ich es später beschreiben kann, aber ich bin schon am Nummernschild vorbei, und von Automarken habe ich

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