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Im Fadenkreuz der Angst

Im Fadenkreuz der Angst

Titel: Im Fadenkreuz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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keine Ahnung. Ich kann nur sagen, dass der Wagen grau ist, dreckig, ein paar Jahre alt und verdunkelte Fenster hat. Sehr hilfreich.
    Ich schiebe die Seitentür auf. Innen sitzt ein Mann mit einer Maske vor dem Gesicht. Er zieht mich rein. Die Tür schlägt zu. Ich sitze in der Falle.
    »Wer   …«
    Er zieht mir den Hoodie aus, sodass nur noch die Arme drinstecken, stülpt mir einen Sack über den Kopf und zieht ihn mit einer Kordel um meinen Hals fest.
    Die Fahrertür geht auf und wieder zu. Wer ist das? Die Frau? Jemand anders?
    Der Motor wird gestartet. Wir fahren.
    Die Stimme des Mannes. »Bist du verwanzt?«
    »Nein.«
    »Zieh dich aus.«
    »Was?«
    »Ich will sehen, ob du die Wahrheit sagst.«
    Ich streife die Schuhe ab, zerre den Hoodie von meinen Armen, knöpfe mein Hemd auf.
    Der Wagen fährt im Schneckentempo. Offenbar verlassen wir den Parkplatz. Ich will am liebsten um Hilfe schreien. Aber wenn die Typen Kanonen haben? Oder Messer? Die könnten mich sofort abschlachten.
    Der Wagen biegt rechts ab, wird schneller.
    »Die Unterhose kannst du anlassen«, sagt der Mann, als ich am Gürtel fummele.
    Wir wechseln die Spur, dann biegen wir links ab. Es geht bergab. Rechts rum. Aber wie lange, kann ich nicht sagen. Bremsen. Eine Ampel? Ein Stoppschild?
    »Er ist sauber«, ruft der Mann. »Kein Mikro. Hat aber ein Wegwerfhandy in der Tasche. Besser weg damit.« Bitte nicht. Ich höre ein Fenster aufgehen, stelle mir vor, wie mein Handy rausfliegt. Das Fenster geht zu. Meine Hosen und mein Hemd werden mir zusammengeknüllt an die Brust geworfen. Ich ziehe mich an, während wir links abbiegen, dann rechts, rechts, links.
    Ohne was zu sehen, kann ich nicht wirklich verfolgen, was geschieht. Jedes Mal, wenn der Wagen schneller fährt oder langsamer oder abbiegt, folgt mein Körper der Bewegung. Wie orientieren sich Blinde? Ich stelle die Füße fest auf den Boden und presse meinen Rücken an den Sitz.
    Die Fahrstrecke, Sami. Merke dir die Strecke. Bloßwie? Wie groß ist die Entfernung von einem Abbiegen bis zum nächsten? Über wie viele Kreuzungen sind wir gefahren?
    Eins weiß ich: Hier ist kein dichter Verkehr mehr, wir müssen uns in einer ruhigen Wohngegend befinden. Wir biegen noch ein paarmal ab, werden langsamer, als würden wir durch eine kleine Straße fahren. Dann kommen wir zum Stehen. Der Fahrer steigt aus. Ich höre eine Garagentür aufgehen. Der Fahrer kommt zurück. Wir fahren rein. Der Motor wird ausgestellt. Die Türen des Wagens gehen auf.
    Der Mann packt mich unter den Armen. »Vorsicht mit dem Kopf.« Er führt mich raus. »Guck nach unten.« Er nimmt den Sack von meinem Kopf. »Komm ja nicht auf dumme Gedanken.«
    Der Fahrer geht vor, dann komme ich, hinter mir der Mann. Wir verlassen die Garage, betreten einen kleinen Garten und überqueren ein Stück verwilderten Rasen. Mein Blick fällt auf einen vergammelten Holzzaun, vor dem tote Blumen und vertrocknete Tomatenstauden stehen. Wir passieren eine umgedrehte Schubkarre, eine Vogeltränke aus Beton, ein paar abgestorbene Büsche.
    Die Rückwand des Hauses ist mit Schindeln aus Teerpappe verkleidet. An der Seite befindet sich eine Terrasse. Wir gehen eine überdachte Betontreppe runter in eine Kellerwohnung. Auf dem Zementfußboden steht ein schimmeliges Schlafsofa. Die Wände haben Flecken.
    Der Fahrer – ich glaube, es ist die Frau, bin mir aber nicht sicher – tritt zur Seite. Der Mann hinter mirschiebt mich vorwärts. »Okay«, sagt er. »Du kannst jetzt gucken.«
    Ich hebe den Kopf. Ein niedriger Raum. Hinten links eine offene Tür zu einer Toilette, rechts eine Küchenzeile mit Kochplatte und Spüle, in der Mitte ein kleiner Tisch mit Stühlen.
    Auf dem Klappstuhl hinter dem Tisch sitzt ein Typ mit dürrem Bart.
    Tariq Hasan.

32
    Hasan erhebt sich. Er guckt mich neugierig aber auch misstrauisch an.
    »Er ist es«, sagt er dann mit ausdrucksloser Stimme. »Mohammed Sami Sabiri.«
    Woher weiß er meinen vollen Namen? Wieso erkennt er mich? Und warum hat er das gesagt? Haben ihm meine Entführer von mir erzählt? Haben sie gedacht, ich wäre ein Spitzel?
    »Ja, das bin ich.« Ich recke mein Kinn, als wäre ich sonst wie cool. »Und Sie sind   …« Mein Mund wird trocken.
    »Tariq.«
    Abgefahren. Ein Terrorist bietet mir das Du an. Das war bis eben die Nummer eins auf meiner Werde-ich-garantiert-nie-erleben-Liste. Tariq bedeutet mir, dass ich mich ihm gegenüber hinsetzen soll. »Guck nurmich an. Nicht die anderen.« Ich stelle mir vor,

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