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Im Fadenkreuz der Angst

Im Fadenkreuz der Angst

Titel: Im Fadenkreuz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dass sie Äxte und Macheten in den Händen halten. Mir wird total schwummerig. Meine Knie wackeln. Ich sinke auf den Stuhl.
    Und dann – ich weiß nicht, wie es geschieht, aber mir kommt es so vor, als würde ich mich aus meinem Körper befreien. Ich bin nicht mehr der verängstigte, nutzlose Junge. Ich habe eine Aufgabe. Ich suche die Wahrheit.
    »Mein Vater hat dir gesagt, wie ich heiße?« Die Worte kommen klar und fest heraus.
    Tariq nickt. »Zu Hause haben sie dich Hammed genannt. Aber dann wolltest du lieber Sami heißen, wie dein Großvater.«
    »Was hat er dir sonst noch über mich erzählt?«
    »Du gehst auf ’ne schicke Privatschule. Du bist klug, du bist leichtsinnig, du hörst nicht auf deinen Vater, du baust eine Menge Mist.« Er macht eine Pause. »Wir haben viel gemeinsam.«
    Nie im Leben.
    »Oh, und er ist sehr stolz auf dich«, fügt Tariq hinzu.
    »Mein Vater? Niemals.«
    »Sehr stolz. Kaum sagt er deinen Namen, schon leuchten seine Augen. Er nennt dich einen Kämpfer mit einem guten Herzen und einer grandiosen Zukunft. Allerdings muss ich dir sagen, deine Freunde gefallen ihm nicht besonders.« Das Lächeln verschwindet. »Meine mag er auch nicht.« Schweigen. Er lächelt. »Tee? Kekse?«
    »Gerne.«
    Auf der Küchenzeile hinter ihm steht ein Tablett mit Keksen, Zucker, Milch, Löffeln, Bechern und einer Kanne Tee. Er holt es herüber, blickt kurz hinter mich zu dem Mann und der Frau. Die wollen offenbar nichts. Ich schaue auf die Teekanne, während er eingießt. Sie sieht aus wie ein Elefantenkopf, der Tee kommt aus dem Rüssel geflossen. Tariq beobachtet mich.
    »Flohmarkt«, grinst er.
    Was, ein Terrorist mit Humor?
    »Milch? Zucker?«, fragt er. »Zitrone haben wir leider nicht.«
    Eigentlich nehme ich Zucker, schüttele aber den Kopf.
    Tariq reicht mir einen Becher mit Tee, kippt zwei Teelöffel Zucker in seinen und rührt langsam um. »Es wundert mich, dass dein Vater dir von mir erzählt hat. Aber jetzt bist du hier.« Er hält inne. »Wie viel hat er dir erzählt? Was weißt du?«
    Was soll ich sagen? In jedem Fall wird die Sache darauf hinauslaufen, dass er das Päckchen haben will. Das Päckchen, das ich nicht habe, weil ich nicht weiß, wie es aussieht oder wo Dad es hat. Soll ich Tariq die Wahrheit sagen und riskieren, dass er ausflippt? Oder soll ich bluffen und hoffen, dass er was ausplaudert?
    Ich spiele auf Zeit. Schlürfe meinen Tee. Und dann kommt mir ein Gedanke.
    Wenn Tariq nun gar nicht wirklich entkommen ist? Wenn das FBI ihn bis hierher verfolgt und den Keller verwanzt hat? In der Hoffnung, dass geheime Märtyreraus ihrem Versteck kommen – so wie der noch nicht identifizierte Terrorist aus Meadowvale? Wenn es darum geht und rauskommt, dass ich hier war, bin ich geliefert.
    Tariq hält den Becher in beiden Händen. »Sami.« Sein Blick nagelt mich fest. »Ich habe dir Fragen gestellt: Was hat dein Vater dir erzählt? Wie viel weißt du?«
    »Kommt drauf an.« Ich zucke die Achseln.
    »Keine Spielchen, bitte. Das Päckchen. Hast du es?« Er nimmt einen Schluck Tee, wartet auf meine Antwort.
    »Ich   … ich   …« Mein Tee schwappt fast über, also stelle ich den Becher auf den Tisch und lege die Hände auf den Schoß, sodass Tariq nicht sieht, wie ich zittere.
    »Du hast es nicht, habe ich mir doch gedacht«, sagt Tariq. »Du bist nicht wegen des Päckchens hier.«
    »Wer sagt das?«, flüstere ich. »Du hast doch einen Plan, oder? Du brauchst es.«
    Tariq steht auf, geht langsam um den Tisch und legt die Hände auf meine Schultern. »Du weißt überhaupt nichts über das Päckchen, stimmt’s, Sami?«, sagt er ruhig. »Du weißt nicht, was drin ist. Und auch nicht, warum dein Vater es gepackt hat.«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Eigentlich hast du überhaupt keine Ahnung von gar nichts, stimmt’s? Du hast gelogen, um mich zu finden. Das ist gefährlich. Das ist dumm und gefährlich, findest du nicht auch?« Er drückt meine Schultern ein wenig.
    Die Worte kriechen mir aus der Kehle. »Ich glaube schon, ja.«
    »Ja«, sagt er. »Ja.« Und jetzt drückt er meine Schulter richtig heftig. »Also frage ich mich, warum hast du das getan? Warum bist du hier?«
    Das war’s also. Ich werde sterben. Er wird mich mit bloßen Händen erwürgen. Ich werde Mom und Dad nie wiedersehen. Und Marty und Andy auch nicht.
    »Ich habe es für Dad getan«, platze ich raus. »Du hast ihn dazu gebracht, dass er das Zeug besorgt, das im Päckchen ist. Ich weiß nicht, wie. Aber du hast es

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