Im Falle einer Falle
Stockwerkanzeiger.
Die nächste Kabine kam heraufgeschossen, und der Zeiger blieb auf der Vier stehen. Mein Schatten war oben angelangt. Ich bestieg die Kabine des zweiten Fahrstuhls, die eben auf ihrer Abwärtsfahrt begriffen war, sauste durch die Hotelhalle, warf meinen Schüssel auf den Empfangstisch und verkrümelte mich.
Damit war allen gedient. Das Mädchen konnte ihrem Boss berichten, in welchem Hotel ich abgestiegen war; es hatte seinen Auftrag erfolgreich beendet und konnte mit sich zufrieden sein. Ich hatte Lucas auf eine falsche Fährte geführt und ihm
die dreihundert Dollar für Daphne Creston aus der Nase gezogen und konnte auch mit mir zufrieden sein. Und Daphne würde sich über das Geld freuen.
Da ich einige Kleider zum Wechseln benötigte, begab ich mich in meine reguläre Wohnung, um eine Reisetasche zu packen. Sowie ich vor dem Apartmenthaus angelangt war, wußte ich, daß ich mich verspekuliert hatte.
Ich habe keine Ahnung, wo Sergeant Sellers auf mich gewartet hatte, vermutlich in einem geparkten Wagen. Er mußte sich aber mit dem Aussteigen beeilt haben, weil er mir über die Schulter sah, bevor ich mit dem Sortieren der Post in meinem Briefkasten fertig war.
»Hallo, halbe Portion«, sagte er.
»Hallo, Frank«, antwortete ich, ohne aufzublicken. »Es roch hier nach feuchtem Tabak, und da dachte ich mir gleich, daß Sie nicht weit sein könnten. Gibt’s was Neues?«
»Ja, Sie.«
»Versteh’ nicht.«
»Sie werden’s bald verstehen. Gehen wir rauf.«
»Wohin?«
»In Ihr Apartment.«
»Wozu?«
»Möchte mich da ein bißchen umsehen.«
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
»Na klar, was glauben Sie denn!« sagte Sellers.
Wir stiegen die Treppe hinauf. Vor dem Apartment fischte ich meinen Schlüssel aus der Tasche. Sellers hielt sich dicht hinter mir. Er verstänkerte mit der zerkauten halbgerauchten kalten Zigarre, die ihm im Mundwinkel hing, den Korridor.
»Bevor Sie in Aktion treten, würde ich ganz gern mal einen Blick auf den Durchsuchungsbefehl werfen«, sagte ich.
»Von mir aus.« Sellers gab mir den Wisch, aus dem hervorging, daß er sich auf der Suche nach Beweismaterial befand, das aus Gründen der Geheimhaltung nicht näher bezeichnet wurde; besagtes Beweismaterial war aus dem Haus Hemmet Avenue 1771, wo ein gewisser Dale Dirking Finchley ermordet worden war, entwendet worden.
»Der Durchsuchungsbefehl taugt nichts«, erklärte ich. »Es fehlen sämtliche Angaben über die Person oder den Ort, die durchsucht, und über die Dinge, die aufgefunden werden sollen.«
Sellers beförderte den Zigarrenstummel in den anderen Mundwinkel und grinste. »Sie weigern sich also?«
»Wer sagt denn das? Aber ich werde den Punkt vor Gericht zur Sprache bringen.«
»Tun Sie das — das ist Ihr gutes Recht.«
»Wonach suchen Sie eigentlich, Sellers?« fragte ich.
»Nach einem Mädchen.«
»Da hört sich doch alles auf. Ich bin ein achtbarer Junggeselle.«
»Blech!«
Er machte sich an die Arbeit. Er steckte seine Nase in den Papierkorb, in den Wandschrank, unter das Bett. Er schnüffelte in sämtlichen Winkeln herum, besah sich meine Schuhe, besah sich die Aschenbecher, offenbar in der Hoffnung, daß er Zigarettenstummel mit Lippenstiftspuren finden würde.
»Wo haben Sie sie, halbe Portion?«
»Wen?«
»Das Mädchen.«
»Ach so, Sie bilden sich wohl ein, ich hätte ein Mädchen, das irgendwas weiß?«
»Allerdings. Sie halten das Mädchen versteckt. Was das für Folgen haben wird, brauche ich Ihnen wohl nicht erst zu sagen. Diesmal sehe ich schwarz für Ihre Lizenz. Ich flick Ihnen ungern was am Zeug, Donald. Ich würde Sie viel lieber in Frieden lassen, weil wir zuweilen gut zusammengearbeitet haben und Bertha ein netter Kerl ist. Es war ein Fehler von Bertha, sich mit Ihnen zusammenzutun. Sie leitete damals ein anständiges...«
»Inkassobüro«, warf ich ein.
»Na ja, aber es war jedenfalls ein solider Betrieb, und Bertha konnte nachts ruhig schlafen. Sie brauchte sich wegen ihrer Lizenz keine Sorgen zu machen.«
»Das braucht sie jetzt auch nicht.«
»Tja, aber nur so lange, wie ich ihr Freund bin und sie mich nicht an der Nase herumführt.«
Sellers ging ins Bad, zählte die Zahnbürsten, betrachtete die Handtücher, blickte in den Korb für die schmutzige Wäsche.
»Sie suchen wirklich an komischen Stellen«, bemerkte ich.
»An komischen Stellen findet man auch manchmal komische Sachen.«
»Was denn außer einem Mädchen?«
»Geld.«
»Wieviel
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