Im Feuer der Nacht
er, stand aber nicht auf, als Tamsyn klopfte.
„Sie sind hier.“ Es fühlte sich an, als habe er Kies im Hals.
Sie öffnete die Tür. „Ach je, haben sie dich geweckt?“ Ehe sie die Jungen packen konnte, nahmen diese, in allen Farben funkelnd, ihre menschliche Gestalt an und rannten nackt und lachend hinaus.
Tamsyn schüttelte lächelnd den Kopf. „Mehr Kraft als Verstand.“
„Wie spät?“, grunzte Clay.
„Fünf Uhr morgens.“ Sie setzte sich auf das Bett und sah ihn an, die braunen Haare fielen ihr über die Schulter. „Geht’s dir gut?“
„Nach einer Dusche bin ich wieder in Ordnung.“ Absichtlich ging er nicht auf ihre eigentliche Frage ein. Da sie von frühester Jugend an die Heilerin der DarkRiver-Leoparden war, hatte Tamsyn eine verstörende Art, Leuten unter die Haut zu gehen.
Sie seufzte. „Du bist ganz genau wie meine Jungen– absolut keinen Verstand. Ich mag dich, du Knallkopf. Sag mir, was los war.“
Er war noch nicht bereit, mit irgendjemandem über den Geist aus seiner Vergangenheit zu reden, der plötzlich wieder aufgetaucht war. „Lass gut sein, Tammy.“
Sie schüttelte den Kopf. „Mein Gott, ihr Männer treibt mich noch zum Wahnsinn. Nur Testosteron und Stolz. Na ja, du weißt, wo du mich finden kannst. Ich werde dir erst einmal ein paar frische Klamotten holen.“ Sie beugte sich vor und strich ihm mit einer sanften Handbewegung die Haare aus der Stirn. „Wir sind dein Rudel, Clay. Denk immer daran.“
Er wartete, bis sie hinausgegangen war, schlug dann das Laken zur Seite und ging unter die Dusche. Rudel. Ja, sie waren ein Rudel, ein gesundes, gut funktionierendes Rudel. Er hatte so etwas nicht gekannt, bevor ihn Nate zu den DarkRiver-Leoparden mitgenommen hatte.
Isla, seine Mutter, hatte sich absichtlich weit entfernt von den Leopardengebieten niedergelassen, hatte ihren Sohn bei Menschen und nicht bei räuberischen Gestaltwandlern versteckt. Die Tatsache, dass niemand sie gefunden hatte, war für Clay der Beweis, dass das Rudel seines Vaters, und damit auch das Islas, bei Weitem nicht so stark war oder gewesen war, wie die DarkRiver-Leoparden. Sie hatten sie nicht geschützt, ihnen keinen Halt und keine Hilfe zukommen lassen.
Als Nate ihm einen Platz in seinem Rudel angeboten hatte, hatte Clay hauptsächlich deswegen zugestimmt, weil es ihm völlig egal gewesen war, wo er lebte. Wenn es ihm nicht gefiel, würde er eben wieder gehen. Schon in den ersten Tagen hatte er herausgefunden, dass das nicht so einfach sein würde. In diesem Rudel konnte man sich nicht völlig isolieren. Einzelgänger wurden zwar akzeptiert, gingen aber nicht verloren. Und wenn jemand vom Weg abkam, trat ihm das Rudel kräftig in den Hintern und holte ihn zurück.
Nach der Dusche stieg Clay in die Kleider, die Tamsyn ihm inzwischen hingelegt hatte. Es waren seine eigenen– Tamsyn war ihre Heilerin, sie kamen oft blutend und mit zerrissenen Kleidern zu ihr. Deshalb war es sinnvoll, ein paar Kleidungsstücke bei ihr zu deponieren. Er hörte Nate und Tamsyn unten reden, ihr Gemurmel wurde ab und zu von den hohen Stimmen der Zwillinge unterbrochen.
Ein gesundes Rudel. Eine gesunde Familie. Beides hatte Clay bei den DarkRiver-Leoparden kennengelernt. Warum hatte Talin nicht dasselbe bei ihrer Pflegefamilie gefunden? Sie hatte bestimmt nicht gelogen, als sie sagte, es seien gute Menschen gewesen. Er hätte die Anzeichen der Lüge erkannt: schnellerer Herzschlag, Schwitzen, kleine Veränderungen im Geruch. Das konnten nicht alle Leoparden, aber Clay konnte es ausgezeichnet, vor allem, wenn es um Talin ging.
Jede Menge Männer.
Das war auch nicht gelogen. Der Gedanke an Talin und andere Männer ließ immer noch das dunkle Feuer der Eifersucht in ihm aufflackern, aber wenigstens konnte er an diesem Morgen noch andere Gedanken fassen. Er ging hinunter, nahm sich einen Becher Kaffee und einen Bagel und verschwand, bevor Tamsyn oder Nate unangenehme Fragen stellen konnten.
Die Zeit drängte. Er war auf der Jagd.
Talin würde ihm zum Teufel noch mal nicht noch einmal weglaufen.
7
Vor ihrer Tür stand ein Polizeiwagen. Clays Herz schlug plötzlich schneller.
Er hatte sie im Dunkeln allein gelassen. Und Tally fürchtete sich im Dunkeln.
Angeekelt von sich selbst, wollte er gerade aus dem Wagen steigen und Tally suchen, als sie mit einer kleinen Reisetasche aus der Tür trat. Vor Erleichterung wurde ihm fast schwindelig, aber gleich danach stieg in ihm eine Mischung aus Ärger und zärtlicher
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