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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh , Nailini
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Herz setzte kurz aus, als ihr bewusst wurde, was sie da sagte. Sie hatte schon von solchen Schilden gehört. In einem Zusatz zu einem Artikel in einer alten medizinischen Zeitschrift hatte sie darüber gelesen.
    Schlussfolgerung: Geringes Auftreten in der menschlichen Population. Keinerlei genetische Komponenten.
    Das zweite Ergebnis war wahrscheinlich der Grund, warum der Rat Menschen mit solchen Schilden nicht eliminiert hatte. Und ganz egal, was die Medialen tun würden, bei einem bestimmten Prozentsatz der Menschen würden diese Schilde unweigerlich auftreten. „Die Schilde“, fuhr sie sehr sanft fort, „sind so stark, dass sie wahrscheinlich schon in Ihrer Kindheit entstanden sind.“
    „Warum–?“ Talin erstarrte.
    Sascha konnte die starken Gefühle, die Talin ausstrahlte, genauso wenig ignorieren, wie sie den Atem anhalten konnte. Als E-Mediale konnte sie schmerzhafte Gefühle bei anderen spüren und neutralisieren. Und sie konnte nicht einfach zusehen, wie jemand so sehr litt. Deshalb nahm sie Talins Selbsthass, ihren Abscheu und ihre Wut– eine unglaublich starke Wut– in sich auf und wandelte sie um. Sie konnte dem Zerstörerischen die Macht nehmen, aber das war mit Schmerzen verbunden.
    Kurz darauf sah Talin sie erstaunt an. „Was sind Sie?“ Das war kein Vorwurf, sondern die unschuldige Frage eines Kindes.
    Sascha war überrascht, das passte nicht zu ihren Vermutungen darüber, was diese Frau erduldet hatte. „Eine Empathin.“ Sie erklärte die Bedeutung dieses Wortes. „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen zu nahe getreten bin– manchmal vergesse ich einfach, vorher zu fragen.“ Ihre Gabe war zu mächtig, zu sehr an Instinkte gebunden.
    „Welch reine Gabe.“ Auf Talins Gesicht zeigte sich so etwas wie ehrfürchtiges Staunen. „Dann können Sie nie etwas Schlechtes tun?“
    „Ich bin genauso anfällig für negative Gefühle wie alle anderen“, antwortete Sascha, „aber durch die Empathie können sie sich nicht in mir festsetzen.“
    „Wie bei mir?“ Talin sah sie an. „Sie mögen mich nicht besonders, nicht wahr?“
    Sascha war durch diese direkte Frage zuerst irritiert. Dann schämte sie sich– nach dem, was sie im letzten Jahr erlebt hatte, war es ein Verbrechen, Menschen automatisch als schwach einzustufen. Talin war sicher stark. „Es ist keine Frage von ‚mögen‘. Ich kenne Sie ja überhaupt nicht– wie könnte ich Sie also beurteilen?“
    „Aber?“, drängte Talin, ihre Körperhaltung erinnerte Sascha an den verletzlichen Stolz der jungen Männer im Rudel. Doch Talin war kein Kind mehr– ihre Gefühle waren zu alt, schmeckten nach lange Vergangenem.
    „Clay ist einer von uns.“ Sascha war selbst überrascht, wie besorgt sie klang, wie ein Echo von Lucas, wenn er über das Rudel sprach. „Er sondert sich immer mehr ab, und das beunruhigt mich. Ich hatte gehofft, die Freundschaft mit Faith würde ihn ein wenig verändern und ihn zu uns zurückbringen.“
    Talin musste schlucken, sie war ärgerlich, dass Sascha das Recht hatte, sich um Clay zu sorgen, und gleichzeitig froh darüber, dass er Freunde hatte, die mit solcher Entschlossenheit zu ihm standen. „Und ich ziehe ihn jetzt wieder herunter?“
    „Clay folgt niemandem, er bestimmt die Richtung.“ Die Worte klangen leicht, aber Saschas Augen blickten ernst. „Was auch immer Sie für ihn sind, welche Dämonen Sie in ihm wecken, es verdüstert schon jetzt sein Gemüt.“
    Talin wollte sich verteidigen, aber Sascha hatte recht– sie brachte Clay Dinge zurück, die er in der Vergangenheit begraben hatte. „Tut mir leid.“
    „Nein, tut es nicht.“ Sascha sah sie durchdringend an.
    Talin spürte, wie sich ihr Kiefer anspannte. „Wühlen Sie nicht in meinen Gefühlen.“
    „Das muss ich gar nicht.“ Sascha legte ihren Kopf schräg. „Sie sollten mal sehen, wie Sie ihn anblicken. Reine Begierde, Talin.“
    Ihre Wangen fühlten sich heiß an. „Das ist allein unsere Sache. Sie haben kein Recht, sich einzumischen.“
    Sascha wurde nicht wütend, sondern lächelte, als müsse sie sich ein Lachen verkneifen. „Das Rudel ist eine Einheit. Es ist eine Familie. Einmischung gehört zu unserem Leben. Gewöhnen Sie sich lieber gleich daran.“
    Talins Wut sank in sich zusammen, Schuldbewusstsein trat an ihre Stelle. „Es tut mir wirklich leid“, sagte sie und ließ den Kopf hängen. „Ich hätte fortbleiben sollen.“ Clay hatte es gepackt. Sie nicht. Schluss und aus. „Ich hatte kein Recht, wieder in sein Leben

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