Im Feuer der Nacht
unterhalten uns später weiter darüber. Wenn wir allein sind.“
Es war ihr also wirklich gelungen, den schlafenden Leoparden zu wecken. Und obwohl sie sich den Anschein von Tapferkeit gab, hatte sie keine Ahnung, wie sie damit umgehen sollte.
„Nett hier.“ Max gab Clay die Hand und setzte sich ihnen gegenüber. „Hätten mich wohl unauffällig an der Tür abgewiesen, wenn Sie nicht für mich ‚gebürgt‘ hätten?“
„Wäre nicht unauffällig gewesen.“
Max grinste, sah aber müde aus. „Ganz mein Fall.“
Ein schlanker junger Mann, der später bestimmt sehr muskulös werden würde, kam an den Tisch und stellte Max ein Bier hin. Seine vollen Lippen und die exotischen, mediterranen Gesichtszüge waren auffällig, aber noch beeindruckender waren die Veilchen um seine Augen. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht, als er Clay ansah. „Wie tief stecke ich in der Scheiße?“
Talin erkannte jetzt den schwarzen Schopf. Der Junge war einer der Jugendlichen, die vor zwei Tagen aus dem Laden geflogen waren.
„Später“, beschied Clay dem Jungen, der zuckte zusammen, verschwand aber ohne ein weiteres Wort.
„Ist es nicht schon Strafe genug, dass er hier bedienen muss?“, fragte sie und ignorierte, dass ein Teil in ihr lieber unsichtbar bleiben wollte, nachdem sie Clay so provoziert hatte– eher würde die Hölle einfrieren, als dass sie sich von ihm zum Schweigen bringen lassen würde.
„Ich bin Nicos Ausbilder.“
Das verwirrte sie, aber Max nickte. „Erst kommt die Strafe und dann das Zusammenstauchen durch den Vorgesetzten.“ Er legte den Mantel ab und nahm einen großen Schluck von dem goldenen Trunk, der vor ihm stand. „Verdammt, tut das gut. Besser wäre nur noch ein vierundzwanzigstündiger Schlaf.“
„Max ist aus New York und dem Fall hierher gefolgt“, erklärte Talin dem Leoparden neben sich.
„Wie haben Sie das denn geschafft?“ Der besitzergreifende Klang in Clays Stimme galt ihr.
Max lehnte sich an das Kunstlederpolster und lächelte. „Ich habe Freunde. Gute Leute. Aber das wissen Sie doch bereits– Sie haben ja herumgefragt.“
„Ich musste mich vergewissern.“
„Schon gut.“
„Mischen sich Mediale in die Ermittlungen ein?“ Clay presste seinen Schenkel gegen Talins Bein, und sie hätte beinahe einen kleinen Schrei ausgestoßen. Jede Bewegung von ihm zeigte seine Kraft, seine Raubtiernatur. Und der Körperkontakt zwischen ihnen weckte etwas Heißes in ihr, eine Begierde, die das fragile Gleichgewicht ihrer neuen Beziehung zu zerstören drohte.
„Nein.“ Max’ Stimme unterbrach ihre Gedanken. „Sie kümmern sich normalerweise erst darum, wenn es um Gewinne oder Verluste für die Ihren geht.“ Er nahm noch einen Schluck Bier. „Aber irgendjemand informiert sich heimlich über meine Fortschritte.“
„Woher wissen Sie das?“, fragte Talin und wehrte sich krampfhaft gegen die Reaktionen ihres Körpers auf diesen Mann, der sich das Recht herausnahm, ihr so nahe zu kommen.
„Als ich meine Akten mit einer neuen Sicherheits-Software überprüft habe, musste ich feststellen, dass sich jemand unerlaubt Zugang dazu verschafft hat. Es ist aber kein Schaden entstanden, denn die richtigen Unterlagen habe ich woanders.“
„Vielleicht war es Ihr Chef?“, fragte Clay.
„Nein. Er hat ganz offiziell Einblick.“ Der Polizist trank sein Bier aus und stellte die Flasche auf einen Untersetzer, der für das warme Meer bei Vanuatu warb. „Ehrlich gesagt, interessiert diese Untersuchung niemanden. Aber der Hacker war ein Profi. Ohne diese Software hätte ich nichts gemerkt.“
„Wer hat sie Ihnen zur Verfügung gestellt?“
Max’ Augen leuchteten auf. „Eigenartigerweise die Shine -Stiftung.“
„Was?“ Vor Erstaunen war Talin diese Frage sehr laut herausgerutscht. Mit rotem Gesicht senkte sie nun ihre Stimme wieder– obwohl sich überhaupt niemand nach ihnen umgesehen hatte. „Wann?“
„Vor ungefähr acht Monaten.“ Max schob die Ärmel hoch. „Sie haben auch dafür gesorgt, dass ich diese Ermittlungen leite. Ein paar Anrufe von ihrer Seite, und ich hatte den Job.“
Clay sah sie spöttisch an. „Vielleicht ist Shine doch nicht so heilig, wie du glaubst.“
„Sie haben nichts Verbotenes getan“, gab sie zurück, denn Max’ Enthüllung irritierte sie so sehr, dass sie Clays Aggressivität ausblendete. „Hat Shine etwas dafür von Ihnen verlangt?“
„Ich sollte sie auf dem Laufenden halten.“ Max zuckte die Achseln. „Aber das mache ich sowieso
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