Im Feuer der Nacht
„Deshalb habe ich mich an Sie gewandt. Sie haben Zugang zu Shine . Ich wollte Sie ursprünglich bitten, für mich Augen und Ohren offen zu halten.“
„Das ist jetzt aber zu gefährlich. Talin wurde bereits einmal bedroht.“ Clay legte besitzergreifend den Arm um Talin. „Sie geht da nicht rein.“
Talin wurde wütend. „Moment mal. Du kannst mir doch nicht vorschreiben–“
„Er hat recht“, unterbrach sie Max. „Wenn nicht die ganze Organisation Dreck am Stecken hat, muss der Maulwurf eine ziemlich hohe Position haben. Der Scheißkerl muss Zugang zu allen Daten über Erstkontakte im ganzen Land haben. Er oder sie wird entweder dafür sorgen, dass Sie nichts mitbekommen, oder Sie für immer zum Schweigen bringen.“
„Männer“, murrte sie. Clay verhielt sich dermaßen arrogant, sie würde ihnen auf keinen Fall zeigen, dass sie den beiden im Grunde zustimmte. „Also gut, aber wenn ich nicht reingehe, müssen wir uns auf eine andere Weise Insiderinformationen beschaffen.“
„Gibt es dort jemanden, dem Sie vertrauen?“, fragte Max.
„Dev– Devraj Santos“, sagte sie ohne Zögern. Clays Griff verstärkte sich. Sie sah ihn finster an. „Er ist in Ordnung.“
„Er ist der Direktor“, sagte Max grimmig.
„Aber er wird uns helfen.“ Sie wandte sich an Clay. „Du weißt, was ich meine. Sag’s ihm.“
Spannung lag in der Luft, dann nickte Clay. „Talins Instinkte in Bezug auf Menschen gehen nie fehl.“
Ihr wurde warm ums Herz, obwohl sie bemerkt hatte, dass er sie wieder Talin nannte. Und sie wusste, dass das Ärger bedeutete. Sie spürte eine eigenartige Irritation in der Magengegend, wandte ihre Aufmerksamkeit aber wieder Max zu. „Das war noch nicht alles, stimmt’s?“
Max nickte. „Niemand außer mir, dem Pathologen und ein paar Polizeibeamten, denen ich vertraue, weiß bisher davon: Den Leichen fehlten bestimmte Organe.“
Das war zu viel. Talins Herz gefror zu einem Eisblock.
„Welche Organe?“ Clays Hand strich ihr über die Hüfte und brachte sie so aus dem traumatisierten Zustand wieder in die Gegenwart zurück. „Geht es vielleicht um Schwarzmarkthandel mit Organen?“
Talin wusste, worauf er hinauswollte. Obwohl inzwischen auf dem Gebiet der künstlichen oder geklonten Organe viele Fortschritte erzielt worden waren, konnten bestimmte Teile des menschlichen Körpers trotz aller Anstrengungen der medizinischen Forschung noch nicht perfekt nachgebildet werden. Außerdem zog ein kleiner Kreis der Betroffenen Spenderorgane den geklonten vor. „Haben sie Herzen oder Augen entnommen?“ Unmöglich konnte sie diese von Hoffnung und Freude erfüllten Augen jemals vergessen.
Max nickte. „Aber ich glaube, das diente nur dazu, die wirklichen Ziele zu verschleiern, als Köder, um unsere Aufmerksamkeit abzulenken.“
„Das verstehe ich nicht.“ Talin runzelte die Stirn. „Herzen sind sehr teuer und nur schwer zu klonen, mit den Augen ist es nicht viel anders.“
Clay lag bewegungslos wie ein Raubtier auf der Lauer. „Es gibt noch ein weiteres kompliziertes Organ, das Sie bisher nicht erwähnt haben.“
Talin sah die Blicke der beiden Männer, spürte die düstere Wahrheit in ihnen. Doch ihr Verstand weigerte sich, sie zu erkennen. „Was ist es?“, fragte sie niedergeschlagen.
„Das Gehirn, Talin.“ Max’ Stimme war voll stiller Trauer. „Allen Opfern, die man früh genug gefunden hatte, um eine genaue Untersuchung vorzunehmen, fehlten die Gehirne.“
Clay spürte, wie entsetzt Talin war, wie sehr es sie schmerzte. Es riss ihm beinahe das Herz aus dem Leib. „Gute chirurgische Arbeit?“, fragte er und presste Talin stärker an sich.
„Spitzenklasse. Das ist gut organisiert, nicht die Arbeit eines Einzelnen, vor allem, wenn man bedenkt, wo die Opfer überall auftauchten, wann die Leichen gefunden wurden und dass es kaum Spuren gibt– bis auf ein Stück Faser haben wir buchstäblich keinen Hinweis bei den Kindern finden können.“
„Grenzt das die Suche ein?“
„Nicht auf einen bestimmten Ort, aber dieses Material wird in der Hightech-Chirurgie verwendet.“ Max fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Die Opfer wurden in eine Art Krankenhaus verschleppt, und ich möchte wetten, dass es immer dasselbe war, was bedeutet, dass man sie jedes Mal über Landesgrenzen gebracht hat, ohne Aufsehen zu erregen. Riecht förmlich nach einer Organisation.“
„Wurden sie gefoltert?“ Talin klang heiser, als hätte sie stumm geschrien.
Clays Leopard fuhr die
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