Im Feuer der Nacht
und wandte sich dann wieder an Barnaby. »Wir brauchen keine Polizei. Wir selbst werden Wache halten. Tag und Nacht. Das ist das Mindeste, was wir tun können.«
Barnaby nickte. »Danke. Das wäre eine große Hilfe. Aber die Polizei wird trotzdem einen Wachtposten aufstellen wollen.« Er drehte sich zu Mary. »Wie Mary bereits erwähnte, es schadet nicht, wenn sie ebenfalls ein Auge auf das Haus werfen. Aber wenn Sie und Ihre Brüder in der Nähe bleiben, kann die Polizei von außen beobachten und sich darauf konzentrieren, genau dann zuzuschlagen, wenn die Verbrecher ihren Zug machen.«
»Glauben Sie, dass es bald so weit sein wird?«, fragte Ned. »Dass sie bald ihren Zug machen werden?«
Barnaby dachte darüber nach, wann wohl die letzten Angehörigen der besseren Gesellschaft die Hauptstadt verlassen haben würden, und wog es ab gegen seine Einschätzung, wie lange man für die Ausbildung der Jungen brauchen würde. »Es scheint, als wären sie in Eile, noch mehr Jungen zu rekrutieren. Mag sein, dass sie dann noch ein wenig zögern, nur um sicher zu sein. Vielleicht eine Woche oder so.« Er fing Joes Blick auf. »Ich würde nicht damit rechnen, dass sie noch länger warten.«
»Das geht in Ordnung. Macht uns keine großen Schwierigkeiten, ungefähr eine Woche lang Wache zu halten. Irgendeiner von uns wird sich immer hier aufhalten, in Sichtweite der Tür.« Joe deutete mit dem Kopf nach rechts. »Die Mauern sind dünn. Wenn jemand, wer auch immer sich gerade hier aufhält, laut brüllt, werden die anderen Brüder sofort hier sein. Und nicht nur die.«
Barnaby nickte anerkennend. »Ich werde dem diensthabenden Polizisten die Lage erläutern. Es handelt sich um Inspektor Stokes von Scotland Yard. Er wird Sie aufsuchen und mit Ihnen sprechen ...«, er schloss Horry und Mary in seinen Blick ein, »noch heute, später am Tag, sollte ich ihm begegnen.«
»Ein Inspektor von Scotland Yard?« Joes heimliche Frage - was kann dieser Mann schon über das East End und seine Bewohner wissen ? - spiegelte sich im Blick seines Bruders.
»Er handelt im Auftrag der Polizei, und er hat die Befehlsgewalt über die örtlichen Polizisten. Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber, dass er die Gesetze des East Ends nicht versteht. Wenn Sie ihm gegenüberstehen, werden Sie gleich begreifen, dass der Mann keinerlei Schwierigkeiten machen wird. Das heißt, weder Ihnen noch Mary noch Horry.« Mit festem Blick musterte er Joe. »Warten Sie mit Ihrem Urteil, bis Sie ihn kennengelernt haben.«
Joe hielt Barnabys Blick fest. »Das ist nur gerecht.«
Barnaby schoss der verstörende, aber auch unterhaltsame Gedanke durch den Kopf, was seine Mutter wohl sagen würde, wenn sie ihn und Penelope dabei beobachten könnte, wie sie mit zwei raubeinigen Kerlen aus dem East End verkehrten.
Mit hochgezogenen Brauen schaute er Penelope an. »Ich würde behaupten, dass wir Mary und Horry in den schützenden Händen der Wills-Brüder zurücklassen können.«
Penelope nickte und erhob sich. »Allerdings.« Sie bot Joe die Hand zum Abschied. »Vielen Dank.«
Einen Moment lang starrte Joe auf die zarte behandschuhte Hand. Dann umschloss er sie sanft und errötend mit seiner großen Pfote, schüttelte kurz und ließ sie gleich wieder los, als befürchtete er, sie zu zerbrechen.
Ned hinter ihm grinste.
Penelope lächelte Ned freundlich zu, drehte sich dann zu Mary -und brachte sich so darum, den erstaunten Blick auf Neds Gesicht zu sehen.
»Bitte bleiben Sie aufmerksam.« Penelope tätschelte Mary die Hand. »Ich freue mich sehr darauf, dass Horry zu uns ins Findelhaus kommt«, sie schenkte Horry ein aufmunterndes Lächeln, »allerdings erst dann, wenn die Zeit reif ist.«
Mary versicherte, dass sie auf Horry und sich Acht geben wolle. Barnaby hatte den Eindruck, dass der Junge nirgendwo allein hingehen würde - oder jedenfalls so lange nicht, bis Mary überzeugt war, dass jede Gefahr gebannt war.
Barnaby überließ es den beiden Wills, mit Mary und Horry die Überwachung zu besprechen, drängte Penelope hinaus in den Black Lion Yard und atmete tief durch. Zum ersten Mal, seit er von Mrs. Carters unnatürlichem Tod erfahren hatte, durchströmte ihn aufrichtige Hoffnung.
Penelope ließ den Blick über den Platz schweifen. »Es ist eine Erleichterung zu wissen, dass wenigstens Horry beschützt werden wird. Dass wir alles getan haben, was in unserer Macht steht, und uns so gut verteidigen wie nur möglich.«
Sie warf Barnaby einen Seitenblick
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