Im Feuer der Smaragde
Zustimmung des Majors abwarten, nicht wahr? Die Menschen haben Verpflichtungen, meine Liebe. Das werden Sie verstehen, wenn Sie älter werden.« Er brachte sie selbst zur Tür und sagte, sie solle »rasch nach Hause laufen« – als wäre sie zehn Jahre alt.
Das Telegramm von Kit, auf das sie wartete, war an Adrian adressiert, doch sie öffnete es trotzdem. Sie zitterte vor Aufregung, als sie es vom Telegrammboten entgegennahm und gelassen ins Haus trat, als wären Telegramme etwas Alltägliches und keine Seltenheit. Vermutlich hatte Kit sich an irgendein Protokoll gehalten, indem er das Schreiben an ihren Bruder richtete. Vielleicht enthielt es die offizielle Frage, ob Adrian sein Trauzeuge sein wolle, doch das ging nicht, weil ihr Bruder sie zum Altar führen würde. Großvater Marcus war dem Teufel noch einmal von der Schippe gesprungen, wie Adrian prophezeit hatte, doch sein Sprechvermögen war stark beeinträchtigt, und es würde lange dauern, bis er wieder gehen konnte.
»Egal«, seufzte sie, als spräche sie mit ihrem fernen Verlobten, »du hast ein gutes Dutzend Freunde in Sydney, die nur zu gern einspringen würden.«
Dabei fiel ihr ein, dass sie Kit gar nicht von ihren drei Brautjungfern berichtet hatte, die ebenso aufgeregt waren wie sie selbst. Also brauchte er selbst auch drei Begleiter für die Trauung. Doch in dem Telegramm, das sie in der Hand hielt, stand ganz und gar nicht das, was sie erwartet hatte:
KÖNNTE DEINE HILFE AUF DEM ANWESEN GEBRAUCHEN STOP SAG DASS DU KOMMST STOP
Nicht sie – Adrian! Kein Wort über die Hochzeit. Keine Grüße an seine Verlobte. Und, was am schlimmsten war, kein Wort zu dem Datum im April, das sie ihm genannt hatte. Wozu brauchte er Adrian? Das Telegramm musste unvollständig sein. Es gab keine andere Erklärung. Gewiss fehlte eine Zeile. Kit würde sie nicht auf diese Weise ignorieren. Immerhin hatte er sie gebeten, ein Datum festzusetzen. Jessie nahm ihr Tuch von der Garderobe und legte es um die Schultern. Ihre Knie gaben nach. Hatte Kit seine Meinung etwa geändert? Berief er Adrian zu sich, um das Problem mit ihm zu besprechen? Das Problem, an das sie nicht einmal zu denken wagte, weil sie fürchtete, ihr Herz könne brechen. Sie konnte schon jetzt kaum atmen, weil es so in ihrer Brust hämmerte. Sie zwang sich, still und aufrecht in der offenen Haustür zu stehen, atmete tief ein und wieder aus. Noch einmal. Als sie sich ruhiger fühlte, ging sie los, raschen Schrittes, entschlossen, sich über das unvollständige Telegramm zu beschweren.
Als er nach Hause kam, fand er seine Mutter und Schwester im Sonnenzimmer vor, wo sie wegen seines Telegramms stritten. Das gelbe Blatt lag zwischen ihnen auf dem Tisch wie ein unerwünschtes Kind.
Jessie schob es ihrer Mutter hin. »Was geht hier hinter meinem Rücken vor? Welche Arrangements haben du und Adrian getroffen, dass Kit so etwas schickt?«
»Ich habe es dir doch gesagt. Ich weiß nichts von ihren Arrangements. Ebenso wenig wie von deinen, wenn man davon absieht, dass du den Bischof aufgesucht hast, du dummes Kind.« »Ich wollte nur seinen Rat einholen, da du mir ja nicht helfen willst.« »Hilfe willst du also? Habt ihr euch etwa auf diesen übereilten Hochzeitstermin geeinigt? Davon weiß ich ja gar nichts!« »Ich habe darauf gewartet, dass Kit das Datum bestätigt.« »Dann warte ab. Und mach dich nicht zum Narren. Bei Telegrammen passieren keine Fehler. Und was soll das hier sein? Ist das deine Vorstellung von einer Hochzeitseinladung? Dieses halbgare Zeug?« »Ich habe nur geübt…« »Verstehe. Du bist die Tochter von… bla bla bla, aber wer sind die Eltern deines Verlobten? Woher kommen sie?« »Das weiß ich nicht. Ich müsste ihn fragen. Aber ich will wissen, was Adrian im Schilde führt.« »Wieso?« Adrian hatte von der Tür aus mitgehört. »Dieses Telegramm ist an dich adressiert«, sagte Blanche und reichte es ihm. »So viel weiß ich auch. Hat jemand etwas dagegen, wenn ich es lese?« Er überflog die kurze Nachricht und lachte. »Mir war klar, dass er Schwierigkeiten bekommen würde. Aber nein, er wusste es ja besser. Jeder kann eine Farm leiten. Jeder Trottel. Jetzt soll ich hinfahren und ihm helfen. Aber das wisst ihr ja schon, nicht wahr?« »Deine Schwester scheint zu glauben, der Major führe Finsteres im Schilde.« »Was zum Beispiel?« »Dass wir uns alle verschworen haben, um ihre Hochzeit zu verhindern.«
»Das habe ich nicht gesagt!«, schrie Jessie wütend. »Es kommt
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