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Im finsteren Wald

Im finsteren Wald

Titel: Im finsteren Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Grießbach
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ihr nicht helfen. Hatte sie schon gemerkt, dass ihr Papa nicht mehr lebte? Thomas war sich nicht sicher. Die gefesselte Frau bewegte sich und stöhnte, öffnete aber nicht die Augen.
    Thomas warf einen kurzen Blick auf die einsame Gestalt auf den Fellen am Boden, es handelte sich ebenfalls um eine Frau. War sie krank? Oder hatte er vorhin richtig gesehen, als sie sich rührte und er einen dicken Bauch zu erkennen glaubte? Er würde es herausfinden. Er blickte wieder zu den anderen.
    Die vier Frauen, die fünfte schaute nur zu, warfen die Sachen des Toten beiseite. Sie hielten Messer in den Händen und begannen, an der Leiche herumzuschneiden. Sie schälten die Haut an Armen und Beinen ab, dann kam der Oberkörper dran. Beiläufig begann eine Frau, den Kopf abzutrennen, sie musste sich anstrengen, die Halswirbelsäule durchgeschnitten zu bekommen. Sie kannte sich scheinbar aus und suchte den kleinen Zwischenraum zwischen zwei Wirbeln, wo sie das Messer ansetzte. Da das Herz nicht mehr schlug, floss aus allen Schnittstellen wenig Blut. Eine weitere Frau nahm die abgeschnittenen Fleischstücke und schnitt sie in dünne Streifen, die sie auf die Hautseite eines Felles legte.
    Thomas traute seinen Augen nicht und bereute, so genau zugeschaut zu haben. Ihm wurde übel und er musste würgen. Fahrig fuhr er sich mit dem Handrücken über die Stirn; nun stand es fest: die Frauen waren irre! Verrückt!
    Das Mädchen gab seltsam quiekende Laute von sich und weinte in seinen Knebel hinein, die Augen weit aufgerissen. Es stierte auf das Geschehen und dachte sicher, als nächster an die Reihe zu kommen. Die Körper zitterte vor Angst und Entsetzen.
    Die Frauen ließen sich nicht stören. Sie schnitten weiter das Muskelfleisch großflächig von den Knochen und anschließend in dünne Streifen. Fettgewebe trennten sie ab und legten es extra. Auf Fellen, deren Hautseite nach oben zeigte, legten sie die Fleischstreifen aus. An den Oberschenkeln gab es viel Fleisch und die Frauen schwitzten bei ihrer Arbeit. Blut sammelte sich am Boden und ein kupferner Metallgeruch breitete sich in der Höhle aus. Eine Frau widmete sich dem Bauch des Opfers und löste den fetten Speck heraus.
    Die Frau mit rotem Haar, die bisher zugeschaut hatte, löste eine der Frauen ab. Nun öffneten sie den Brustkorb und den Bauchraum und begannen, die Innereien herauszuholen. Sie legten sorgfältig Herz, Milz und andere Organe ab, zogen eine lange Darmschlange heraus.
    Bis hier hatte sich Thomas beherrschen können, sein Magen war leer, er hätte nur Galle auskotzen können, doch nun drehte er sich weg. Der Anblick von Gedärmen brächte seinen Körper sonst doch noch dazu, das Innere nach außen zu stülpen. Er bekam wieder Zweifel, ob alles, was er hier sah, real sein konnte. Die Frauen zerlegten einen Menschen, als ob es eine Jagdbeute wäre, es sah so aus, als wollten sie ihn auch noch essen! Konnte so etwas in Deutschland, in der heutigen Zeit möglich sein? Oder war er einfach nur verrückt geworden und sah nun Dinge, die nicht real waren? Vielleicht lag er auch in einem Krankenhausbett im Koma und sein Geist gaukelte ihm diese Bilder vor? Er biss sich die Lippen blutig und neuer Schmerz gesellte sich zum alten, nein, es musste wirklich sein, was er sah und fühlte!
    Ganz schnell war es nun dunkel geworden, als wollte die beginnende Nacht verhindern, dass Thomas noch mehr von den Gräueltaten der Frauen sehen musste. Diesen schien die Dunkelheit nichts auszumachen. Lebten sie schon so lange in dieser Höhle, dass sie sich an schwaches Licht und Finsternis angepasst hatten?
    ‚Nein, das ist Unsinn‘, sagte sich Thomas. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte, was er glauben sollte. Was waren das für Frauen, die hier in der Höhle zu hausen schienen und sich wie Amazonen ohne Männer aufführten?
    Sie brachten die Felle mit dem Fleisch und die Überreste des zerlegten Toten in eine Nachbarhöhle und reinigten mit Stroh den Boden. Unter seinem Käfig hatte Thomas auch Stroh bemerkt. Langsam regte sich bei ihm ein Bedürfnis. Er hatte noch nicht mitbekommen, wie und wo die Höhlenbewohnerinnen ihre Notdurft verrichteten.
    Eine der Frauen tat etwas, Thomas konnte nicht erkennen, was sie machte, dann wurde es ihm klar. Mit Feuerstein schlug sie Funken auf trockenes Holz und entfachte ein kleines rauchloses Feuer. Sie zauberte eine verbeulte Bratpfanne mit Holzstiel aus einer Nebenhöhle und ließ sich von den Arbeiterinnen etwas geben, was sie in der Pfanne

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