Im finsteren Wald
Allem durch den gefrorenen Boden nicht möglich war. Den anderen Frauen und den wenigen Kindern ging es immer schlechter und schweren Herzens, beinahe verhungert, entschlossen sie sich, die im Schnee gefrorenen Leichname von Mutter und Baby in die Höhle zu holen, aufzutauen und zu verzehren. Nur so gelang es ihnen, zu überleben.
Der Rekordwinter blieb nicht der letzte, durch den sich die Frauen kämpfen mussten. Auch 1816 gab es einen vulkanischen Winter, der Frost bis in den Juli mitbrachte, nachdem Monate zuvor der Vulkan Tambora in Indonesien ausgebrochen war. Das Jahr 1816 ging in die Annalen der europäischen und amerikanischen Geschichte als das Jahr ohne Sommer ein und brachte die kleine Gemeinschaft erneut an den Rand der Existenz, die sie nur durch Menschenfleisch als letzte Nahrungsquelle aufrecht erhalten konnten.
Um das bewerkstelligen zu können, begannen die Jägerinnen unter den Frauen nicht nur Wild zu jagen, sondern auch nach menschlicher Jagdbeute Ausschau zu halten, so wie sie es bereits taten, um Männer zur Nachwuchserzeugung zu bekommen. Man konnte doch durchaus auch beides miteinander kombinieren, indem die gefangenen Männer erst ihre Pflicht an der ausgesuchten Frau erfüllen mussten und dann zum Wohle aller verspeist wurden.
26
Thomas erschauerte, als die Frauen wieder in die Höhle kamen. Nun hatte sein letztes Stündlein geschlagen! Und er war noch immer nicht frei!
Als sie in seine Richtung gingen, sprang ihn das Entsetzen an. Kam nun er an die Reihe? Dann sollten sie kein leichtes Spiel haben. Kampflos würden sie ihn nicht bekommen! Adrenalin peitschte durch seinen Körper, machte die Muskeln und den Geist kampfbereit und schärfte die Sinne. Die zu Schlitzen verengten Augen erfassten jede Bewegung.
„Kommt nur her, ihr verfluchten Furien!“, murmelte er leise. „Ich werde euch zeigen, was es heißt, mich abschlachten zu wollen. Verdammtes Irrenpack!“ Damit machte er sich selber Mut.
Thomas legte sich in Position. Seine Fesseln hatten bei der letzten Anstrengung verdächtig nachgegeben, das hatte er gemerkt. Er konnte es schaffen, sie beim nächsten Mal zu zerreißen. Er konnte es schaffen! Er konnte es schaffen! Er würde es schaffen!
Die Führerin erreichte den Käfig, Thomas hatte nur noch Augen für sie. Er hatte bis jetzt nicht gemerkt, dass er den Käfig auch hätte selber öffnen können. So genau hatte er ihn in diesem Halbdunkel, welches in der Höhle herrschten nie untersucht, außerdem war er automatisch davon ausgegangen, dass der Verschlag gut versperrt worden war.
Als die Wilde unmittelbar vor dem Käfig stand und die Hand nach der Tür ausstreckte, winkelte Thomas die Beine an und stieß sie mit aller Kraft gegen die Gitterstäbe. Das Holz barst und die Frau bekam einen zerbrochenen Holzstab an den Kopf und Thomas‘ Beine gegen Gesicht und Oberkörper. Es warf sie zurück. Mit einem Urschrei riss Thomas die Hände auseinander und bekam sie frei! Er hatte es geschafft und die verdammten Stricke zerrissen! Sofort war er aus dem Käfig und lief kleine Schritte, mehr war mit der Fußfessel nicht möglich. Er schlug die geballte Faust in das schmerzverzerrte Gesicht der Alten. Ihr Kopf wurde von dem Schlag zurückgerissen. Mit dem Hinterkopf zuerst schlug sie auf dem Boden auf, es gab ein dumpfes Knacken, dann prallte der Rest des Körpers auf und drehte den Kopf seitlich nach hinten.
Thomas sprang zu ihr, trat noch einmal gegen den Kopf, als wäre es ein Fußball, hatte Glück, sich nicht den Zeh zu brechen, aber seine Wut musste jetzt heraus und handelte beinahe wie ein eigenständiges Wesen. Dass seine Oberschenkelwunde wieder aufbrach und blutete, bekam er nicht mit, das Brennen im Bein erreichte nicht das bewusste Denken. Er schnappte sich das Messer, das der Hand der getretenen Frau entfallen und auf den Boden geklimpert war und hielt es wie eine ultimative Waffe vor sich. Mit irrem Blick ruckte sein Kopf hin und her. Endlich reagierten die Frauen und stürzten sich schreiend auf ihn, um ihn zu überwältigen.
Thomas schlug wild um sich und focht mit dem Messer durch die Luft. Mit der Linken erwischte er eine Irre am Oberkörper und stieß sie zurück, während seine Rechte mit dem Messer durch Fellkleidung und Haut schnitt. Blut färbte die Klinge rot. Schrill kreischte die Frau und ließ ihm die Ohren klingeln, sie taumelte mit den Armen rudernd zurück.
Nachdem er mehrere Frauen mit dem Messer verletzt und mit der Faust hart geschlagen
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