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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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Geschichtenerzählen, ihre erstaunliche Fähigkeit, mit Anekdoten über ihre früheren Fehler gleichzeitig zu unterhalten und zu erleuchten, machten sie für scharfzüngige, immer leicht genervte Mädchen wie Sunny zu einer Heldin. Jessica wünschte, sie könnte jetzt mit ihr reden und ihr wieder mal als fehlerhaftes Beispiel dienen.
    Gestern war es Jessica nicht aufgefallen, sicherlich deshalb, weil sie so wenig wie möglich von der ganzen grauenhaften Situation aufzunehmen versuchte, aber jetzt fragt sie sich, ob Sunny an eine Maschine angeschlossen war, die ihre Hirntätigkeit aufzeichnete. Solche Informationen wären doch sicher hilfreich für die Ärzte? Jessica erinnert sich, in ihren Oberseminaren in Psychologie an der Columbia Hirnaufnahmen betrachtet zu haben, auf denen verschiedene Bereiche infolge unterschiedlicher Stimuli eingefärbt waren. Wäre es möglich, eine solche Hirnkarte in Echtzeit zu erstellen, könnte Jessica ihre Geschichten so redigieren und ausschmücken, dass die Versorgung und Anregung bestimmter Schlüsselregionen verstärkt würde, so wie es Sunny medizinisch am meisten nützte. Jessica kann sich die Explosion heller Primärfarben in Sunnys Hypothalamus genau vorstellen – eine Mischung aus Piet Mondrian und Jackson Pollock –, die folgender Satz auslösen würde:
    Marcus Flutie zieht sich direkt vor meinen Augen langsam nackt aus. Und ich werde ihn nicht daran hindern.
FÜNF
    Marcus fängt mit dem Pullover an, greift vorsichtig das Bündchen und zieht ihn in einer flüssigen, eleganten Bewegung über den Kopf. Dieser Pullover hat ihm eigentlich nie etwas bedeutet. Doch jetzt ist mehr daraus geworden: ein Symbol. Ein Symbol für alles, was sie einander nicht mitteilen können, für Geschichten, die anfangen und nicht weitergehen. Er fasst den Pullover an den Ärmeln und hält ihn vor sich. In diesem Augenblick sehen Marcus und der Pullover aus wie ein Tanzpaar, das sich gerade schwungvoll im Kreis drehen will. Eine kühne Geste, die er nicht machen würde, wäre er allein in diesem Hotelzimmer.
    Er legt die Pulloverärmel zusammen, halbiert ihn zunächst, wie eine Umarmung, viertelt ihn dann. Er macht viel Gewese darum, seinen Pullover wegzulegen, den er normalerweise über den Kopf zieht, zerknüllt zu Boden wirft und vergisst, bis die Temperaturen wieder so weit sinken, dass er ihn braucht. Den nun ordentlich gefalteten Pullover legt Marcus aufs Bett, das drei Schritt von ihrem entfernt steht. Jessica hat freie Sicht auf seinen Pullover. Er möchte, dass Jessica den Pullover nicht vergisst. Er wartet darauf, dass sie nach dem Rest der Geschichte fragt, und er möchte, dass sie durchleidet, wie er sie erzählt. Er wartet darauf, dass sie nach Greta fragt. Darum öffnet er das Armband der dämlichen Uhr und legt sie als zusätzlichen visuellen Anreiz auf den Pullover. Es hilft nicht.
    Sein Blick trifft ihre Augen unter den schweren Lidern. Leicht verunsichert von ihrer unversöhnlichen Miene räuspert er sich und dreht sich in gespielter Züchtigkeit weg. Es ist still im Zimmer, bis auf das gedämpfte Dröhnen der nicht weit entfernt startenden und landenden Flugzeuge. Er hat ihr den Rücken zugewandt, als er mit dem obersten Knopf seines geschmackvollen, blau-weiß gestreiften Oberhemdes unbekannter Herkunft beginnt. Die Baumwolle teilt sich, als seine Finger sich nach unten arbeiten, und lässt die Buchstaben auf dem T-Shirt erkennen, das er darunter trägt. Der Text enthüllt sich so, dass Rätselfreunde ihren Spaß daran hätten – nt, ents, bentsp, ebentspo, hebentspoo  –, ehe das Hemd ganz geöffnet den Blick auf den Namen eines beliebten Eisladens in Princeton freigibt: the bent spoon . Hätte er heute Morgen beim Anziehen gewusst, dass er jetzt mit Jessica Darling in diesem Hotelzimmer sein würde, hätte er ein vielsagenderes T-Shirt gewählt, so wie das rote YOU.YES.YOU-T-Shirt, das er ausgezogen hatte, als sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten. Das T-Shirt hatte er getragen, als er das Lied sang, das Len in seinem Song verewigt hat – ein Thema, dem Jessica auffällig ausgewichen ist, selbst als Marcus mit balkendicken Zaunpfählen gewunken hat.
    Nein, nein, nein . Das T-Shirt wäre die völlig falsche Wahl gewesen: rotes T-Shirt, rotes Tuch. Er wäre auch überhaupt nicht auf den

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