Im fünften Himmel
Gedanken gekommen, denn es liegt zuunterst in einer Schublade in Princeton, seit Monaten ungetragen, weil er ungern Fragen dazu beantwortet. (»Ich? Ja? Ich?« ist ein beliebter Flirtspruch geworden.) Die Geste wäre zu offensichtlich gewesen. Zu berechnend. Zu viel vom immergleichen überdrehten Marcus-Flutie-Quatsch, der Jessica wahnsinnig gemacht hat, als sie noch zusammen waren. Dieses T-Shirt hätte nur bezeugt, dass er sich in den letzten drei Jahren nicht geändert hat, dass er es immer noch nötig hat, solche Nummern abzuziehen, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.
Ach du ScheiÃe , denkt er. Schon wieder der Lassoschwanz.
Sofort fällt ihm sein Flugticket nach St. Thomas morgen ein, und er fragt sich, wie Jessica wohl darauf reagieren wird: bittersüÃes Wiedersehen oder einstweilige Verfügung? Im Augenblick hat er den Eindruck, seine 895 Dollar teure Versöhnungsgeste, die ihn in die roten Zahlen treiben wird, dürfte nicht so gut ankommen. Um die Nervosität zu überspielen, versucht er noch entspannter als sonst zu wirken. Das ist natürlich leichter mit dem Rücken zu ihr, wenn sie sein angestrengtes Gesicht nicht sieht. Er lässt den Kopf kreisen, lockert die verkrampften Schultern, läst dann ganz sorglos das Oberhemd von den Schultern gleiten und wirft es rasch zur Seite. Es bleibt einen Moment an der Tagesdecke hängen und rutscht dann jenseits des Bettes zu Boden, aus Jessicas Blickfeld, sodass es nicht vom Pullover ablenken kann.
Frag mich , drängt er Jessica stumm. Frag mich, damit ich es dir erzählen kann.
Er packt den T-Shirt-Saum und reiÃt es sich über den Kopf. Es segelt durch die Luft und landet in einem unschönen Haufen in der hintersten Zimmerecke. Jetzt ist er nackt bis zur Hüfte, sein ungewaschener Geruch steigt ihm in die Nase, und es kann nur noch Sekunden dauern, bis er auch Jessica erreicht.
Er hat für New Orleans zu knapp gepackt und hatte am Ende drei Tage mehr als Unterhosen. Darum trägt er jetzt keine. Nur seine Cordhose trennt ihn noch von völliger Nacktheit. Jessica hat ihn schon so oft unbekleidet gesehen, was macht es da jetzt noch, zumal sie so überdeutlich gemacht hat, dass es keinen Sex geben wird? Wenn sie unbedingt keusch bleiben will, dürfte sie sein nackter Anblick ja wohl kaum erregen. Aber soll er es wirklich wagen? Oder sich ins Badezimmer zurückziehen?
Vielleicht sollte ich Jessica fragen, ob sie den Rest der Geschichte hören will , denkt er. Oder sie einfach erzählen, ohne vorher zu fragen. Wenn sie keine Erlaubnis braucht, irgendwas zu sagen, sollte das schlieÃlich auch für mich gelten.
Hinter ihm hört man ein zufriedenes Seufzen, gefolgt vom Rascheln der Kissen. Die Daumen überm Hosenknopf, dreht er sich um, zum Geräusch, zu ihr, und entdeckt, dass alle Fragen und Antworten, alle Wahrheiten und Pflichten für den Moment warten müssen.
Weil Jessica Darling fest eingeschlafen ist.
SECHS
Jessica geht einen weiÃen Sandstrand entlang. Unterm Arm hat sie eine kleine, in weiÃes Geschenkpapier gewickelte Kiste, verschnürt mit einer riesigen, vielleicht übertriebenen weiÃen Schleife. Sie trägt ein vertrautes rotes T-Shirt und sonst nichts. Sie hat es nicht sehr eilig. Sie schlendert entspannt am Wasser entlang, aber nicht so dicht, dass die Wellen die verstreuten FuÃspuren verwischen könnten, denen Jessica zwar zerstreut, aber doch eindeutig folgt. Sie ist so eingenommen vom blauen Leuchten des Himmels und vom noch blaueren Meer, dass sie kaum bemerkt, als sie plötzlich auf die Hochzeitsgesellschaft trifft, die sie hergeführt hat. Im Zentrum der Gruppe steht die strahlend schöne Bridget, die sich ein ganzes Stück über die anderen erhebt, denn sie steht auf irgendeinem Podest, das vom weiÃesten, weitesten und wildesten Hochzeitskleid verdeckt wird, das die Weltgeschichte je gesehen hat. Trotz dieses lächerlichen Aufzugs ist Bridget unverschämt glücklich. Juu-huu! Nous nous marierons demain! Percy hat eine Trittleiter erklommen, um seiner zukünftigen Ehefrau ebenfalls auf Französisch zu antworten: Jâepouse un phénomène. Un beau phénomène. Unten am Boden umstehen die Brautjungfern das Kleid auf allen Seiten, alle so unpassend gekleidet wie Jessica. Sara DâAbruzzi-Glazer, die den kreischenden Zwillingen auf ihren Hüften gerade Spitzenlätzchen unters sabbernde Kinn gebunden hat,
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