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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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trägt rote Crocs und ein T-Shirt der Abschlussklasse von 2002 an der Pineville High. Something new! , ruft Sara, ehe sie sich der popelnden Dreijährigen zu ihren Füßen zuwendet. Destiny! Nimm den Saum als Taschentuch; schnaub dir die ekligen Popel aus der Nase! Jessica zuckt zusammen, als das Kleinkind ihrer Anordnung fröhlich nachkommt und sich blubbernd schnäuzt. Jessica geht weiter ums Kleid herum und trifft auf Hope in einem dünnen, mit Farbe bespritzten Tanktop. Sie verwendet einen breiten Streifen Satin als Leinwand für ihr jüngstes Meisterwerk. Something blue , ruft sie enthusiastisch, ehe sie einen weiteren dicken Pinsel voll himmelblauer Farbe auf Bridgets Kleid klatscht. Findet ihr es auch nicht zu epigonal? , fragt Hope in die Runde. So eine Mischung aus Piet Mondrian und Jackson Pollock? Jessica geht weiter um den Saum und erhascht einen kurzen Blick auf Manda, die sich rückwärts unter die mächtige Schleppe schiebt. Neugierig hebt Jessica mit beiden Händen den schweren, mit Stiftperlen bestickten Stoff an. Sie steckt den Kopf darunter und sieht sich nicht Manda, sondern Len Levy gegenüber, der das offizielle Fan-T-Shirt der Mighties trägt. Die Akustik ist. Ähm. Hervorragend , sagt er. Er schlägt die Gitarrensaiten an und beginnt zu singen. Something old … something cold … Etwas Altes … etwas Kaltes … Was ich früher gern gehalten … Unwillkürlich wiegt Jessica sich im Takt. Seinen Ring wollte sie nicht behalten … Den Refrain kennt Jessica auswendig und muss einfach mitsingen. Doch mein Song wird ihr nie so viel bedeuten … wie der, den er einst sang … für dich, ja, dich … Sie will den ganzen Auftritt sehen und Len zu seinem Erfolg gratulieren, doch ein hartnäckiger Finger, der ihr auf die Schulter tippt, lockt sie von seiner Stimme fort. Als sie sich umdreht, sieht sie niemand anderen als Manda, die Marcus Flutie so feucht und selbstvergessen küsst, wie es nur frisch Begehrende tun. Als die beiden Lüsternen sich endlich voneinander lösen, lächelt Manda Jessica an und sagt selbstgefällig: something borrowed. Manda trägt ein rotes YOU.YES.YOU-T-Shirt, genau das gleiche wie Marcus und damit auch genau das gleiche, das Jessica anhat oder vielmehr anhatte, denn als sie an sich herunterschaut, muss sie feststellen, dass sie es nicht mehr trägt und auch sonst nichts.
    Ich bin nackt im Paradies , sagt Jessica.
    Ohne Scham? , fragt Marcus.
    Doch bevor sie antworten kann, lächelt Marcus und greift nach ihren Händen.
SIEBEN
    Marcus kann nicht fassen, dass sie schläft. Auf keinen Fall kann sie wirklich schlafen. Mag sein, dass sie heute Nachmittag emotionalem Stress ausgesetzt war, mag sein, dass die Doppelbelastung aus Grippe und Periode ihr zugesetzt hat, auch wenn er schon zu Beginn ihrer Unterhaltung festgestellt hat, dass sie an keinem von beiden wirklich leidet. Jessica war immer schon eine schlechte Lügnerin, und auch die heutigen Hustenattacken und Krämpfe waren unglaubwürdige Täuschungsversuche. Marcus ist ziemlich sicher, dass sie vollkommen gesund ist und die medizinischen Vorwände nur als Zusatzpuffer gegen jegliche sexuellen Aktivitäten dienen sollen. Dass sie zu so dramatischen Mitteln greifen und mit perverser Freude darauf hinweisen musste, wo sie überall keinen Sex haben werden , verrät nur das Offensichtliche: Ihre Entschlossenheit, keinen Sex mit ihm zu haben, ist nur ein winziges, kaum merkliches Stückchen stärker als ihr Verlangen, doch Sex mit ihm zu haben.
    Diese ermutigende Erkenntnis ändert jedoch nichts daran, dass Jessica schläft. Schläft. Das muss wieder ein Test sein. Wieder ein Spiel. Es reizt ihn, sich bäuchlings auf ihr Bett zu werfen, um den Tarnschlaf auffliegen zu lassen, doch er entscheidet sich für eine taktvollere Variante.
    Â»Jessica«, sagt Marcus in einer Lautstärke, die zwischen Gesprächstonlage und verschwörerischem Flüstern liegt. »Schläfst du wirklich?« Er rechnet damit, dass sie lächelt, zwinkert und »Reingelegt, Trottel!« ruft, doch sie rührt sich nicht. »Ich möchte dir den Rest meiner Geschichte erzählen.« Er glaubt, diese Eröffnung könnte sie vielleicht überzeugen, die Scharade zu beenden. »Ich möchte dir erzählen, wie …«
    Hier hält er inne, beugt sich herab, bis er nur noch Zentimeter

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