im Geisterschloss
hätte ich gedacht, dass ihr geschwindelt habt.“
„Ihr müsst den anderen in Lindenhof erzählen, dass alles stimmt, was wir gesagt haben. Ich glaube, unser Vater hat Fotos gemacht, dann können wir es beweisen“, verlangte Nanni.
Die anderen versprachen es.
Dann führten die Zwillinge alle in den Weinkeller, wo sie den Ring gefunden hatten, und erklärten genau, wie sie alle Spalten und Fächer nach dem kostbaren Stück abgetastet hatten.
Zum Schluss wanderten die Kinder zum Badehaus. Das war verändert – „verjüngt“, sagte Nanni. Helle Möbel, bunte Vorhänge, ein neuer Liegestuhl. Dort lag eine Sonnenbrille, da hing ein feuchtes Frotteetuch. Es war deutlich: Das Badehaus wurde wieder benutzt. Auch die Bretter vom Baumhaus hingen nicht mehr lose. Carlotta saß mit einem Mal oben und winkte herunter.
„Ob unser Krokodil noch herumschwimmt?“, rief Hanni gerade.
Da hörten sie Herrn Lohses Stimme: „Na, Peter und Jürgen, entdeckt ihr mitten im Teich einen alten Bekannten?“ Wahrhaftig, da schwamm das Krokodil! Ein bisschen dünner war es geworden, weil Luft entwichen war. Aber es nickte wieder lebhaft, als Peter mit einem Stein für Wellen im Wasser sorgte.
„Ich habe es im Wasser gelassen“, sagte Herr Lohse. „Was haltet ihr von einer Kahnfahrt? Dort hinten liegen zwei Kähne – funkelnagelneue! Das alte, morsche Boot habe ich an Land gezogen. Vielleicht pflanze ich im Frühjahr Blumen hinein.“
Bootfahren – großartig! Herr Lohse und Wolfgang stiegen mit Jenny und den Zwillingen in einen Kahn, Peter und Jürgen mit den drei anderen Mädchen in den nächsten. Unter lautem Hallo holte Peter das Ungeheuer vom Geistersee in sein Boot.
„Mal sehen, ob es den Winter im Badehaus übersteht“, meinte Herr Lohse später und packte es in ein Regal. Dann gingen sie zu den anderen Gästen zurück.
Im Saal wurde getanzt. Die Kapelle saß im Freien und manche Leute tanzten auch draußen. Es dämmerte und mit einem Schlag brannten die vielen bunten Glühbirnen. Der alte Kunze ging herum und zündete die Kerzen in den Lampions an. An zwei Stellen waren plötzlich Tische mit allen möglichen Leckereien aufgebaut, wo jeder sich nach seinem Geschmack etwas zum Essen aussuchen konnte.
Nach einer Weile waren die sechs Mädchen verschwunden, die alte Lene ebenfalls, nachdem sie vorher noch lange mit dem alten Kunze gesprochen hatte.
Als sie wieder auftauchte, gab sie ihm ein Zeichen: Alle Glühbirnen erloschen, nur die Lampions mit ihrem Dämmerlicht schaukelten zwischen den Bäumen. Ein breiter Lichtstrahl aus einer starken Jagdlaterne fiel auf die Eingangstür. Von dort kamen sechs sonderbare Gestalten gerannt: Sie waren in lange weiße Gewänder gehüllt – die alte Lene hatte dafür sämtliche fadenscheinigen Bettlaken herausgesucht. Sie trugen spitze Hüte, die ihnen übers Gesicht fielen und nur Augenschlitze hatten. In den Händen hielten sie Lichter. Sie tanzten ... und wie sie tanzten! Doris hatte sich plötzlich an ihren Clownstanz erinnert, den sie in Lindenhof schon ein paarmal zum Besten gegeben hatte. Ein bisschen davon hatte sie den anderen in aller Eile beigebracht: Sie hoppelten und stampften ganz närrisch herum. Dazu heulten sie schauerlich und alle begriffen: Das waren die Gespenster aus dem Geisterschloss, die ein letztes Mal umgingen.
Die Zuschauer lachten und klatschten, bis der Spuk zu Ende war.
Doch ehe die Lichter wieder angingen, gab es einen gewaltigen Krach und blendend hell stieg eine Rakete zum Nachthimmel empor. Das war die Überraschung von Peter und Jürgen, aber sie hatten nicht geahnt, dass sie so toll wirkte.
„Alle guten Geister“, murmelte Erna und fasste ihren Klaus am Arm. Doch das Feuerwerk ging weiter und ihre Angst verschwand.
Der Bürgermeister stand in der Nähe und hatte ihren leisen Ausruf gehört. Als die letzten Funken am Himmel verglühten und das elektrische Licht wieder brannte, sagte er zum Schlossherrn: „Nun ist Ihr Haus eingeweiht, Herr Lohse! Mein Wunsch für Sie und uns als Ihre Nachbarn: dass alle guten Geister darin wohnen mögen! Gute Nacht!“
Das Fest war aus.
„Gute Nacht“, wünschten sich eine Stunde später auch die Freundinnen, dann schliefen sie vergnügt in den Sonntag hinein.
Impressum
Hanni und Nanni Band 6
Hanni und Nanni im Geisterschloss
© 2011 (1972) SchneiderBuch
verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Gertrudenstr. 30–36, 50667 Köln
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