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Im Gewand der Nacht

Im Gewand der Nacht

Titel: Im Gewand der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Nadel
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an die Schläfe.
    »Ich hab’s doch schon mal gesagt, ich weiß nichts!«
    »Falsch! Letzter Versuch!«
    Yıldız und Roditi warfen einander bestürzte Blicke zu. So sehr sie İkmen schätzten und respektierten, aber das ging zu weit. Offensichtlich war der Inspektor aufgrund von Schlafmangel und Unterernährung vorübergehend unzurechnungsfähig. İkmen hatte sich noch nie an jemandem vergriffen; die meiste Zeit war er nicht einmal bewaffnet.
    »Damit kommst du nicht durch«, sagte Ekrem mit zitternder Stimme. Seine Großspurigkeit war wie weggeblasen.
    İkmen näherte sich dem Gesicht seines Opfers. »Das weiß ich, und es ist mir egal«, sagte er. »Meine Frau ist Hunderte Kilometer von hier entfernt, in meiner ganzen Wohnung gibt’s nichts mehr zu essen, meine Vorgesetzten können mich nicht mehr brauchen und ich sehe keinen Grund, warum ich das alles nicht an dir auslassen sollte. Also sag mir jetzt, wer eure Hintermänner bei der Edelnutten-Sache sind!«
    »Ich kann nicht!«
    »Warum nicht?«
    »Weil …« Ekrems Augen wanderten in Richtung des Pistolenlaufs. »Weil sie und mein Vater … Nein …«
    »Du hast zwei Möglichkeiten, Ekrem«, sagte İkmen mit vor Anspannung belegter Stimme. »Entweder du schweigst, dann stirbst du durch meine Hand, oder du erzählst mir alles und kriegst von mir den Schutz, den du brauchst.«
    Trotz des Ernstes seiner Lage lachte Ekrem auf. »Oh du dämlicher, ignoranter …«
    »İkmen!«
    Ardiçs Stimme peitschte von der offenen Tür her durch den Raum.
    »Ich möchte Sie draußen im Gang sprechen, Inspektor, sofort«, sagte er und nahm mit wutentbrannter Miene die Details der Szene in sich auf, die an frühere, offiziell längst verbotene Einschüchterungsmethoden erinnerte.
    »Aber …«
    » Sofort! « Ardiç machte auf dem Absatz kehrt und ging.
    İkmen folgte ihm mit gesenktem Kopf.
     
    »Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht?«, schnaubte Ardiç und drehte sich zu İkmen um.
    »Er wollte mir gerade erzählen …«
    »Ist die Waffe gesichert?« Ardiç war sich plötzlich der Tatsache bewusst geworden, dass İkmen die Pistole noch immer in der Hand hielt, und starrte ihn erschrocken an.
    »Natürlich ist sie gesichert«, sagte İkmen müde. »Wofür halten Sie mich?«
    »Ich halte Sie für vollkommen übergeschnappt«, erwiderte sein Vorgesetzter bissig. »Wann haben Sie das letzte Mal geschlafen, İkmen? Oder gegessen? Oder geduscht?«
    »Ich habe den Bericht für Sie fertig gestellt. Ich war beschäftigt.«
    »Beschäftigt? Sie sollten nicht einmal im Dienst sein!« Ardiç betrachtete ihn angewidert. »Sie sehen aus wie ein Penner! Eine verdammte Schande ist das!«
    İkmen richtete sich auf. »Müren wollte mir gerade verraten, für wen er arbeitet. Er wollte mir den Namen desjenigen nennen, der meiner Meinung nach verantwortlich ist für Hatice İpeks …«
    »Nicht schon wieder!« Ardiç packte İkmen am Hemd und zog ihn dicht zu sich heran. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen die Finger davon lassen! Dieser Fall existiert nicht. Und bevor Sie mir jetzt erzählen, dass Sie der Mutter des Mädchens versprochen haben, ihre Vergewaltiger zu finden, darf ich Sie vielleicht daran erinnern, dass das Mädchen, das keineswegs jung und unschuldig war, eines natürlichen Todes gestorben ist!«
    »Ja, das weiß ich«, sagte İkmen, dessen Mund nur noch wenige Zentimeter von Ardiçs gerötetem, verschwitztem Gesicht entfernt war, »aber sie wurde vergewaltigt und mit einem Messer verletzt. Außerdem bin ich vielleicht einer Ver schwörung auf die Spur gekommen, einer geheimen Organisation, die Mädchen wie Hatice als Odalisken an reiche, handverlesene Männer verschachert. Und ich glaube, dass die Mürens vor kurzem in dieses Geschäft eingestiegen sind.«
    Ardiç, dessen Gesichtsausdruck jetzt eher besorgt als zornig wirkte, ließ İkmens Hemd los. »Woher haben Sie diese Informationen?«
    »Aus verschiedenen Quellen.«
    »Was für Quellen?« Ardiç blickte İkmen streng an. Die meisten Beamten waren sehr zurückhaltend, wenn es um die Namen ihrer Informanten ging, selbst gegenüber ihren Vorgesetzten. Und İkmen zählte in dieser Hinsicht seit jeher zu den Verschwiegensten. »Also?«
    »Von einem meiner Informanten«, sagte İkmen. »Einem Mann, der unter dem Namen Ratte bekannt ist.«
    Ardiç verdrehte die Augen.
    »Außerdem von zwei ehrbaren und angesehenen älteren Damen, von denen eine jetzt tot ist. Muazzez Heper starb gestern unter den Rädern eines Wagens,

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