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Im Gewand der Nacht

Im Gewand der Nacht

Titel: Im Gewand der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Nadel
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noch mehrere Männer den Pavillon betreten, aber Süleyman hatte keinen von ihnen erkannt. Einer sah eindeutig fremdländisch aus, und bei seiner Begrüßung am Eingang hatte Süleyman ein paar Worte in amerikanischem Englisch aufgeschnappt. Beide Ausländer, sowohl Tepes Begleiter als auch dieser Mann, wirkten angespannt und ziemlich nervös. Beide hatten bei der Begrüßung Vedat Sivas’ ausgestreckte Hand ignoriert, anders als die türkischen Männer – vorausgesetzt, die übrigen Männer waren tatsächlich Türken. Osteuropäer ebenso wie Georgier und Aserbaidschaner fielen hier äußerlich kaum auf und erlernten auch rasch die türkische Sprache.
    Süleyman schnippte die Zigarettenasche in den Aschenbecher und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Zwei Männer kamen den Weg herauf und betraten die Terrasse. Der vordere der beiden, ein großer, eleganter Mann, hatte gerade das Gesicht abgewandt und sagte etwas zu seinem Begleiter, der um einiges jünger und sehr bleich war, mit mongolisch geschnittenen Augen unter schweren Lidern. Auch er wirkte nervös. Die beiden waren mit Sicherheit Türken und befanden sich vielleicht gar nicht auf dem Weg zu Vedat Sivas’ Versammlung, aber Süleyman ließ sie trotzdem nicht aus den Augen. Als der vordere Mann wieder geradeaus schaute, war sein Gesicht plötzlich deutlich zu erkennen. Zum Glück trug Süleyman die Sonnenbrille, so dass er ihn ungeniert betrachten konnte. Auch andere Gäste waren aufmerksam geworden und beobachteten, wie General Pamuk mit seinem Adjutanten den Pavillon betrat. Süleyman sah, wie der berühmte Offizier der türkischen Armee Vedat Sivas seinen Mantel reichte und dann in die gleiche Richtung verschwand wie die anderen Männer zuvor.
    Wenig später folgte auch Vedat seinen Gästen den Korridor entlang, woraufhin irgendjemand von innen die Tür schloss.
     
    »In manchen Ländern sind Generäle der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt«, erklärte İkmen dem immer noch staunenden İskender. »Bei uns hingegen gelten sie, aufgrund unserer langen militärischen Tradition, als Berühmtheiten und werden verhätschelt und verehrt.«
    »Was es nur noch unverständlicher macht, dass General Pamuk anscheinend mit polizeilich gesuchten Verbrechern verkehrt«, erwiderte İskender.
    »Stimmt.« İkmen riss ein paar Blätter vom Strauch neben sich und ließ sie auf den Boden fallen. »Und das auch noch in aller Öffentlichkeit.«
    »Genau. Was er hier bloß macht?«
    İkmen zuckte die Achseln. »Es gehen schon seit längerer Zeit Dinge vor sich, die wir nicht verstehen und deren Tragweite wir nicht überblicken können.« Er sah hinauf in die dunkler werdenden Baumwipfel und fügte leise hinzu: »Alles hat bisher am helllichten Tag stattgefunden. Kaycee Sivas’ Entführung, die Zustellung ihres Kopfes, Tepes Treffen mit Vedat. Wer auch immer die Fäden in der Hand hält, fühlt sich offenbar sehr sicher und überlegen.«
    »Schiwkow hat sich allerdings noch nicht blicken lassen«, meinte İskender.
    »Nein. Es sei denn, er war schon im Pavillon, als wir kamen.«
    »Oder er hat mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun.«
    »Wussten Sie«, sagte İkmen nach einer Pause, »dass Fräulein Yümniye Heper der Meinung war, dieser Harem, zu dem ihre Schwester in Beziehung stand, müsste sich in einem der Paläste befinden?«
    İskender schnalzte gereizt mit der Zunge. »Das hat doch mit dieser Sache nichts zu tun. Hier geht es doch wohl um den Fall Sivas.«
    »Hier geht es um Feinde, um die Feinde von Hikmet Sivas, um Familien«, erwiderte İkmen, »Personen, die in Mord, Erpressung und Prostitution verwickelt sind. Um etwas, das bisher verborgen war und jetzt zutage tritt, genau wie Ratte gesagt hat.« Und dann berichtete er İskender von Sofia Vanezis’ lange zurückliegenden Erlebnissen.
    »Dann hat dieses Treffen hier vielleicht doch etwas mit dem Harem zu tun«, meinte İskender, als İkmen geendet hatte.
    »Möglich«, sagte İkmen nachdenklich. »Durchaus möglich.«
    Er ließ den Blick über die Büsche und Bäume schweifen, über das Gras und die vereinzelt stehenden Blumen, und schaute schließlich zum Weg hinüber.
    »Metin, ich glaube, wir sollten noch einmal dahin zurückkehren, wo Sie Schiwkow gesehen haben.«
    »Aber da war ich bereits«, sagte İskender mit einem müden Seufzer. »Sie kennen die Stelle doch. Dort gibt es nichts zu sehen.«
    »Bitte, tun Sie mir den Gefallen.« İkmen steckte sich eine Zigarette an und ging los.
     
    Die Tür

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