Im Gewand der Nacht
gemacht haben«, erwiderte İkmen. »Denn sonst hätten Sie nicht Tepes Verabredung für dieses Treffen belauscht, und wir wüssten auch nicht, dass ein Mann, dem ich ein paar Fragen zum Mord an seiner Schwägerin stellen will, sich gerade jetzt in diesem Pavillon aufhält unter anderem in Gesellschaft eines türkischen Generals und unseres Kollegen Tepe.«
»Dann habe ich mich also nicht völlig zum Narren gemacht?«
İkmen lächelte. »Nicht mehr als wir anderen auch.«
Er zündete sich eine Zigarette an, und die beiden Männer standen eine Weile schweigend da. Oben am Malta Köşkü zählte Süleyman inzwischen zu den letzten Gästen.
»Und was jetzt?«, fragte İskender.
»Ich glaube, wir sollten uns zunächst einmal beraten«, sagte İkmen und griff nach seinem Mobiltelefon.
Offiziell wurde der Park erst um zehn geschlossen, aber da der Malta Köşkü heute schon früher zumachte, war es durchaus möglich, dass auch die Parkwächter die Tore früher schlossen. Dann würden bald Sicherheitsbeamte über die Haupt- und Nebenwege schleichen und die üblichen Nachzügler suchen: die einsamen Romantiker, die sexhungrigen Liebespaare und den einen oder anderen Spanner. İkmen war sich jedoch sicher, dass man ihn und seine Kollegen nicht aufspüren würde, solange sie in Deckung blieben. Er wollte abwarten, bis die Versammlung im Pavillon zu Ende war, auch wenn er nicht wusste, was er sich davon versprach. Aber selbst wenn es ihnen nur gelang, Vedat Sivas zu beschatten und seinen Aufenthaltsort ausfindig zu machen, hätte sich der Aufwand schon gelohnt. Polizeipräsident Ardiç konnte es sich nicht leisten, eine so wichtige Information zu ignorieren – es sei denn, er war ebenfalls in die Sache verwickelt, die sich im Innern des Pavillons abspielte.
»Das ist der Letzte«, flüsterte Süleyman und wies mit dem Kopf in Richtung des Maître d’Hôtel hinüber.
Es war gerade noch hell genug, um erkennen zu können, dass der Mann etwa Mitte vierzig sein musste. Er zog die Eingangstür hinter sich zu und verschwand, ohne sie zu verriegeln oder auch nur zu prüfen, ob sie richtig geschlossen war.
»Er hat nicht abgeschlossen, das bedeutet, wir kommen ins Gebäude«, sagte İkmen.
»Und was machen wir da drin?«
»Wir finden heraus, wo die Männer sind und was sie tun.«
»Aber wer weiß, in was wir da hineingeraten«, erwiderte İskender. »Ardiç hatte bestimmt seine Gründe, warum er uns beide abgezogen und Orhan Tepe behalten hat.«
»Wie gesagt: Mir genügt es schon, dass einer meiner Beamten mit einem Mann verkehrt, der in Verbindung mit einem Mord gesucht wird«, sagte İkmen. »Außerdem bietet sich uns hier die verlockende Möglichkeit, etwas mehr über den Harem zu erfahren.«
»Aber selbst wenn wir feststellen würden, dass da drin irgendetwas Illegales vor sich geht, was könnten wir denn schon unternehmen?«, fragte Süleyman. »Immerhin ist ein General mit dabei.«
»Der den gleichen Gesetzen untersteht wie wir auch«, erwiderte İkmen. »Außerdem will ich wissen, was Ali Müren in dieser Runde zu suchen hat. Als ich Ekrem in der Mangel hatte, deutete er an, dass seine Familie neuerdings nicht mehr auf eigene Faust arbeitet. Wer weiß, ob die Ausländer da drin nicht zur Mafia gehören.« İkmen starrte zum Malta Köşkü hinüber.
»Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass ein so hoch dekorierter Mann wie General Pamuk sich die Hände an der Mafia schmutzig macht?«, protestierte İskender.
»Ich fürchte, ich muss Ihre Illusionen zerstören«, sagte İkmen scharf, »aber entgegen dem verbreiteten Glauben ist fast jeder Mensch bestechlich. Auch wenn man uns immer weismachen will, die Militärs seien allesamt Heilige …«
»Was von uns natürlich niemand glaubt«, warf Süleyman ein.
»Nein. Und in all den Jahren, die ich diesen Beruf schon ausübe«, sagte İkmen, »habe ich mich immer bemüht, auch von den höchsten Amtsträgern nur das Beste anzunehmen. Das hat jedoch so oft zu Enttäuschungen geführt, dass ich inzwischen nur noch wenigen traue und keinem mehr unbesehen glaube.« Er lächelte. »Ich kann Ihnen nur zu der gleichen Skepsis raten, Metin.«
İskender blickte unglücklich auf seine Füße. Wie die meisten jungen Männer hatte er das Militär immer bewundert. Schon als Kind war es sein größter Wunsch gewesen, in einer Militärschule angenommen zu werden. Es kam durchaus vor, dass Bewerber aus ärmlichen Verhältnissen einen Platz erhielten, aber bei Jungen aus U
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