Im Glanz Der Sonne Zaurak
berühren dürfte, wenn die Programminduktoren eingeschaltet wären. Aber dort, wo die Oberkanten der flachen Programmblöcke über die ebene Fläche des Pults ragen müßten, gähnen dunkle Schlitze, und die Augen der Si g nallämpchen sind stumpf und blind wie Milchglas.
Und selbst wenn, es würde nichts weiter geschehen, als daß der Zentralautomat eine – allerdings mit Alarm garnierte – Befehlsverweigerung melden würde. Das geschieht nicht selten. Es gibt viele bequeme Kapitäne und zerstreute – weil überlastete – Navigatoren, die im Grunde genommen die eigentlichen Schiffsführer sind. Ein Alarm vor dem Start eines Raumkreuzers ist deshalb keine Seltenheit, weil die Freigabe der Reaktorbl ö cke der Tachyonengeneratoren nur vom Kommandostand des Kapitäns aus erfolgen kann. Dieser aber muß den Vorschriften gemäß sofort nach der Landung durch einen Sicherheitsschlü s sel, den er stets bei sich zu tragen hat – es sei denn, er verläßt das Raumschiff-, gesichert werden. Die Unsitte, den Schlüssel einfach steckenzulassen, hat sich rasch verbreitet.
Von schlechten Gewohnheiten trennt man sich bekanntlich nicht so leicht wie von guten Vorsätzen. Kein Wunder also, daß die Vorschrift über die Antriebsblockade bald nur noch auf dem Papier existierte. Bis schwere Unfälle ein energisches Ei n schreiten nötig machten! Die Kapitäne halten sich wieder brav an die Anordnungen, weil ihnen empfindliche Strafen drohen, wenn sie die außer acht lassen. Die Navigatoren aber, für die es zur Regel geworden ist, daß der Kapitän den Start vor dem Kontrollmonitor in seiner Kajüte leitet, vergessen noch oft genug die heilige Zeremonie der Antriebssicherung, und wenn sich der Kapitän nicht auf die Sekunde genau auf der Brücke einfindet, geschieht es eben nicht gerade selten, daß der Diensthabende mit seinem Startkommando ungewollt Alarm auslöst.
Leander kann also keinen Schaden anrichten. Er ist weiter in Gedanken versunken. Auch daß Askart die wenigen, aber entscheidenden Unterschiede bei der Befehlseingabe zwischen holographischen und genetischen Systemen in Erinnerung ruft, entgeht ihm. Seine rechte Hand umschließt selbstbewußt den Multitensor, einen griffigen Hebel, mit dem man bei einiger Fertigkeit und unter Vorgabe anwählbarer Standardprogramme die Befehlseingabe mit einer bis zu zwanzigfach höheren Signalgeschwindigkeit vornehmen kann. Dieser Mechanismus wird meistens bei komplizierten Rendezvousmanövern genutzt, bei denen operativ gearbeitet werden muß. Es ist nicht dasselbe, ob ein Programmbefehl in vierzig oder nur in zwei Sekunden gegeben werden kann!
„Haben Sie zugehört, Leander?“ fragt der Chefnavigator liebenswürdig. Ponape, Sargon und Pyron stehen dicht beieinander hinter ihm.
„Aber selbstverständlich“, antwortet Leander würdevoll, und einem aufblitzenden Gedanken folgend, setzt er gönnerhaft hinzu: „Marius.“ Schließlich ist er von Askart vor kurzem bedrängt worden, ihn beim Vornamen zu nennen.
Wenn Leander eine unwillige Reaktion erwartet hat, sieht er sich getäuscht. Marius Askart strahlt über sein exotisch schönes Gesicht und antwortet: „Entschuldigen Sie die dumme Frage, Leander! Ich hatte einen kurzen Augenblick den Eindruck, Sie interessierten sich mehr für den Multitensor als für den Befehlskode. Dabei mußte mir doch klar sein, daß ein Absolvent der ‘Balint’-Schule über meinen umständlichen Vortrag nur erheitert lächeln kann.“ Er blinzelt Leander geheimnisvoll zu. „Sie machen sich gut auf diesem Platz, Leander“, sagt er dann, und das Wohlwollen in seiner Stimme ist unüberhörbar. „Ich glaube, ich habe eine lohnende Aufgabe für Sie.“
Marius Askart läuft gedankenversunken vor dem Astrogonium auf und ab. Die schmalen Pianistenhände wie zum Gebet zusammengelegt, stützt er dann das glattrasierte, weiche Kinn leicht auf die Fingerspitzen und verharrt in dieser Haltung. Seit zwei Tagen ist er wie umgewandelt. Die wenigen Menschen, die ihn wirklich kennen, haben es erst gespürt, als der Chefn a vig a tor ohne Angabe von Gründen von einem Tag zum ändern seine lukrative Stellung auf einem der modernsten Raumkre u zer kündigte, um kurze Zeit später – für alle unverständlich und mit Befremden aufgenommen – auf der Leviathan anzumu s tern.
Er lächelt traurig. Wie sollten sie es auch jemals verstehen, da er aus einer Welt kommt, die nicht die ihre ist! Wie könnten sie begreifen, daß er gerade hier, auf der Leviathan
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