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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Myra, an die arme Jinny, an ihren Schmerz, wenn die Kinder bei ihrer Rückkehr nicht mehr da wären. Obwohl sie verzweifelt dagegen ankämpfte, spürte sie Panik in sich aufsteigen. Sie sah auf die Kinder hinab, die ihr ihre vertrauensvollen Gesichter zugewandt hatten. Tapfer lächelte sie ihnen zu. Sie durfte sich ihre Angst nicht anmerken lassen, die Kleinen waren sowieso schon ganz verstört.
    Fieberhaft überlegte sie, was sie tun sollte. Sich im Schrank oder unter dem Bett verstecken? Aber die Männer würden das Haus mit Sicherheit gründlich durchsuchen. Wieder krachte es dumpf, als sich einer von ihnen gegen die Tür warf.
    »Komm, wir steigen durchs Küchenfenster ein, es ist nicht verriegelt«, hörte sie den einen rufen. Dann folgten eilige Schritte, als der andere ums Haus herumging.
    Ruby fackelte nicht lange. Sie schob das Schlafzimmerfenster so leise wie möglich hoch, kletterte hinaus und hob erst Oola, dann Myall aus dem Fenster. Sie nahm die Kinder bei der Hand und rannte los, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Myra sah die schwarze Limousine, die vor ihrem Haus stand, schon von Weitem, als sie von der Schule zurückkam. »O mein Gott«, entfuhr es ihr. Sie wusste sofort, wem das Auto gehörte. Sie dachte blitzschnell nach, kehrte um und lief zum Hotel.
    Mick, der mit Jacko allein im Pub war, hörte den Motor seines Ute röhren. Kurz darauf brauste der Wagen am Fenster vorbei stadtauswärts.
    »Hey!«, schrie Mick und rannte auf die Veranda hinaus. Sein Geländewagen verschwand in einer riesigen Staubwolke. »Was soll das? Komm zurück, verdammt!«
    Der Zündschlüssel hatte gesteckt, und Myra hatte keine Sekunde gezögert. In halsbrecherischem Tempo jagte sie heimwärts. Sie fuhr an der Limousine vorbei zur Rückseite ihres Hauses, trat auf die Bremse und sprang heraus, kaum dass der Wagen zum Stillstand gekommen war.
    »Was haben Sie hier zu suchen?«, herrschte sie die beiden Männer in Anzügen auf ihrer Veranda an. Sie sah, dass die Hintertür weit offen stand.
    »Wir suchen die Hauseigentümerin«, entgegnete der eine scheinbar gelassen. »Sind Sie zufällig Myra Cratchley?«
    »Zufällig ja«, gab sie zornig zurück. Gleichzeitig war sie erleichtert, dass sie Ruby und die Kinder offenbar nicht entdeckt hatten. »Sind Sie etwa in meinem Haus gewesen?« Sie hatte Ruby doch eingeschärft, sämtliche Türen abzusperren.
    »Äh … nein … Als wir geklopft haben, ist die Tür von allein aufgesprungen«, antwortete einer der beiden.
    »Erzählen Sie mir doch nichts!«, fauchte Myra. »Ich habe die Tür abgeschlossen, als ich fortgegangen bin.« Sie blickte sich flüchtig um. Ruby und die Kinder waren nirgends zu sehen. »Wer sind Sie überhaupt? Was wollen Sie hier? Und woher kennen Sie meinen Namen?«
    »Ich bin Nicholas Phillips, und das ist Leon Kozlowski. Wir sind vom Ausschuss zum Schutz der Aborigines.«
    »Nun, ich bin keine Aborigine, wie Sie sehen können«, erwiderte Myra giftig. »Also, was wollen Sie?«
    Sie war auf die Veranda hinaufgegangen und hatte sich, die Arme vor der Brust verschränkt, vor die offene Tür gestellt. Aber sie machte sich nichts vor: Wahrscheinlich waren die beiden längst im Haus gewesen.
    »Uns ist zu Ohren gekommen, dass Sie mit der Familie Angiwarra befreundet sein sollen, Mrs. Cratchley«, sagte Nicholas Phillips.
    Myra musterte ihn kalt. »Ach ja? Und wer hat Ihnen das zugetragen?«
    »Das dürfen wir Ihnen leider nicht mitteilen.«
    »So, das dürfen Sie nicht! Ich sag Ihnen was: Es geht Sie überhaupt nichts an, mit wem ich befreundet bin und mit wem nicht.« Myra war jetzt ausgesprochen aggressiv.
    »Da mögen Sie Recht haben. Die Sache ist nur die: Wir suchen zwei vernachlässigte Kinder der betreffenden Familie.«
    »Ich kenne keine Kinder, die vernachlässigt wären«, versetzte Myra. »Das wär’s dann wohl, meine Herren.«
    Sie wandte sich ab, um ins Haus zu gehen, doch bevor sie die Tür zumachen konnte, trat der zweite Mann, der bisher geschwiegen hatte, auf sie zu. Seine Augen waren kalt und starr wie die einer Schlange, sein Blick mitleidslos.
    »Es ist meine Pflicht, Sie darüber aufzuklären, dass Sie gegen das Gesetz verstoßen, wenn Sie die gesuchten Aborigine-Kinder bei sich verstecken, Mrs. Cratchley.«
    »Ich fürchte mich nicht vor einem Gesetz, das es zulässt, dass Kinder ohne triftigen Grund ihren Eltern weggenommen werden«, gab Myra trotzig zurück.
    »Was … ist denn … hier los?«, keuchte Mick, der in diesem Moment um

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