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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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kann?«
    »Menschen tun das halt, Engel«, antwortete er gelangweilt auf ihre schon so oft vorgetragenen Fragen.
    Mit einem metallischen Klicken hatten ihn seine Stiefel auf den Boden gezogen.
    »Du bist wunderschön, Brand«, flüsterte der Engel, aber er nickte ihr bloß zu. Solche Komplimente kannte er nur von Engeln. Brand war Ende Zwanzig, aber er sah älter aus. Tiefe Furchen durchzogen die hohe Stirn, die dünnen Lippen wirkten verhärmt. Die Augen waren dunkel, die Brauen struppig, und das Haar lag in kurzen, gestylten Löckchen eng am Kopf an.
    Als er angezogen war, blieb er einen Augenblick reglos stehen und öffnete dann ein Schließfach in der Spindwand. Drinnen lag sein Amulett. Er nahm es heraus und starrte auf eine Scheibe aus poliertem, schwarzem Kristall, in dem unzählig viel winzige Silbersplitter eingeschlossen waren. Die stumpfe Silberkette, an der das Amulett hing, schwebte wie eine metallene Schlange seitlich in der Luft.
    Er dachte zurück an früher, als die Kette mit dem Kristall, von der Schwerkraft angezogen, straff am Hals gehangen hatte. Damals war er nie ohne sein Amulett ausgegangen, genausowenig wie Melissa, die ein identisches Exemplar besaß. Auch jetzt wollte er es umlegen, aber in der Schwerelosigkeit baumelte der Stein lästig hin und her.
    Schließlich streifte er sich seufzend die Kette über den Kopf. Er verdrehte und verknotete sie, bis der Kristall gesichert war. Jetzt lag die Kette zwar drückend eng am Hals, aber eine bessere Möglichkeit gab es nicht.
    Der Engel sah ihm schweigend zu und zitterte ein wenig. Sie hatte ihn schon oft dabei beobachtet, wie er stundenlang im Schlafnetz saß, den schwarzen Kristall über sich schweben ließ und auf den erstarrten Tanz der eingeschlossenen Silbersplitter stierte. Seine Stimme war dann auf einem Tiefpunkt und seine Haltung schroff und abweisend. In solchen Augenblicken ging sie ihm aus dem Weg, um nicht beschimpft zu werden.
    Aber jetzt trug er den Stein am Hals.
    »Brand«, sagte der Engel, als ihr Geliebter zur Tür ging, »Brand, darf ich mitkommen?«
    Er zögerte. »Später, Engel«, antwortete er. »Wenn die Unzertrennlichen da sind, ruf ich dich. Das versprech ich dir. Aber bis es soweit ist, solltest du lieber hier unten bleiben und dich ein wenig ausruhen. Einverstanden?« Er rang sich ein Lächeln ab.
    Sie schmollte. »Einverstanden«, sagte sie.
    Draußen lag ein kurzer, hellerleuchteter Gang mit graumetallenen Wänden. Auf der einen Seite schloß er mit der verriegelten Luftschleuse zum Motorenraum ab, auf der anderen mit der Tür zur Kommandobrücke. Ein paar weitere Türen durchbrachen die ansonsten kahlen, nüchternen Seitenwände des Korridors: Zugänge zu den Stauräumen, Schirmgeneratoren und zur Kabine von Robi. Brand ging auf direktem Weg zur Brücke.
    Robi saß angeschnallt vor dem Hauptkontrollpult und studierte mit gelangweiltem Gesichtsausdruck eine Reihe von Monitoren und Radarschirmen. Sie war eine kleine, rundliche Frau mit hohen Wangenknochen, grünen Augen und braunem, kurzgeschnittenem Haar. Eine andere Frisur wäre in der Schwerelosigkeit nur hinderlich gewesen. Natürlich, der Engel hatte langes Haar, aber sie war eben ein Engel.
    Robi warf Brand ein müdes Lächeln zu, als er die Kabine betrat. Brand verzog keine Miene. Er war von Natur aus Einzelgänger und nur durch besondere Umstände gezwungen gewesen, einen Partner anzunehmen, um sein Schiff vollständig ausrüsten zu können. Mit Robis Erspartem waren die neu installierten Schutzschirme finanziert worden.
    Er setzte sich in den zweiten Kommandosessel und legte die Gurte an. »Ich übernehme«, sagte er in geschäftsmäßigem Ton und blickte auf die Instrumente.
    »Der Kurs ist verändert worden«, stellte er ungehalten fest und sah sie an.
    »Ein Blinkerschwarm«, sagte Robi und versuchte zu lächeln. »Ich habe den Computer umprogrammiert. Die Blinker waren ganz in der Nähe. Eine halbe Standardstunde vom Kurs ab.«
    Brand seufzte. »Jetzt hör mal zu, Robi«, sagte er. »Wir sind nicht auf Fang aus.« Seine Finger flogen über die Tastaturen, und auf den meisten Radarschirmen zeigten sich neue Muster. »Wir machen keine Jagd auf Prämien, klar? Wir fliegen zu den Sternen und kommen wieder zurück. Keine Umwege.«
    Robi sah ihn verärgert an. »Brand, ich habe meine Einhorn verkauft, um in deinen Plan zu investieren. Aber eine Prämie nebenbei wäre nicht schlecht. Immerhin ist es möglich, daß deine Rechnung nicht aufgeht, oder?
    Und da

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