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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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die hellen Locken, die im tanzenden Fackellicht schimmerten. »Wie dem auch sei«, sagte er. »Wir werden hier warten. Wenn wir noch tiefer steigen, kommen uns mit Sicherheit Grauns in die Quere. Außerdem weiß ich nicht, wohin die Treppe führt. Wir warten lieber, bis der Fleischbeschaffer aufkreuzt.«
    »Was?« sagte Vermyllar irritiert. »Du willst ihn doch nicht hier erledigen?«
    Annelyn lächelte. »Ha! Das wäre eine kindische Rache.
    Nein, wir werden ihm unauffällig bis tief in das Reich der Grauns folgen. So kommen wir all seinen Geheimnissen, den Gründen seiner Prahlerei auf die Spur. Wir werden erfahren, warum er immer und immer wieder mit Fleisch zurückkehrt, während andere Graunjäger verschwinden.
    Dann erst töten wir ihn.«
    »Das ist doch nicht dein Ernst«, warf Riess ein, der mit offenem Mund zugehört hatte.
    »Wir sind schon zu weit von den Fenstern entfernt«, sagte Vermyllar und machte Anstalten umzukehren.
    Annelyn lachte hellauf. »Kindsköpfe«, sagte er. »Ich habe mich schon bis hierher gewagt, als ich erst halb so alt war wie heute. An dieser Stelle habe ich meinen Graun getötet.« Er zeigte auf die Toröffnung. »Da kam er auf vieren seiner Beine kriechend heraus. Ich hatte nur die Fackel bei mir, aber er schien überhaupt keine Angst vor den Flammen zu haben.«
    Vermyllar und Riess blickten auf den dunklen Treppenabsatz.
    »Wirklich?« sagte eine Stimme im Hintergrund.
    Vermyllar ließ die Fackel fallen und zog den Dolch. Alle drei wirbelten herum.
    Ein riesiger Mann mit rotem Bart und schwarzer Kleidung stand im Halbschatten der Höhle und starrte sie an. Auf der Schulter trug er eine bronzene Axt. Annelyn hätte ihn ohne seine Rüstung fast nicht wiedererkannt.
    »Groff«, sagte er.
    Der bronzene Ritter nickte. »Ich bin euch die ganze Zeit gefolgt. Ihr macht sehr viel Lärm.«
    Keiner der drei antwortete. Vermyllar hob die Fackel auf.
    »Ihr wollt also den Fleischbeschaffer umbringen«, sagte Groff.
    »Ja«, antwortete Annelyn. »Versuch nicht, uns daran zu hindern, Groff. Ich weiß, der Fleischbeschaffer versorgt die Yaga-la-hai mit viel Graunfleisch, aber das werden wir auch können, wenn uns erst einmal sein Geheimnis bekannt ist. Der Menschwurm hat keinen Grund, ihn zu schützen.« Annelyn preßte entschlossen die Lippen zusammen.
    Groff kicherte verhalten und nahm die schwere Axt von der Schulter. »Keine Angst, kleine Wurmkinder. Ihr sollt eure Rache haben. Ich selbst bin geschickt worden, um den Fleischbeschaffer zu töten.«
    »Was?« sagte Riess.
    »Hat es der Menschwurm befohlen?« wollte Vermyllar wissen.
    »Der Menschwurm denkt an nichts anderes als an seine Vereinigung mit dem Weißen Wurm«, sagte Groff. Er setzte ein Lächeln auf. »Und an seinen Schmerz vielleicht. Vielleicht denkt er wirklich daran. Nein, seine Ratgeber haben mir den Befehl gegeben. Den Fleischbeschaffer umgeben zu viele Rätsel. Die Ratgeber vermuten, daß er kein richtiger Yaga-la-hai ist.
    Außerdem sind seine Manieren schlecht. Er ist häßlich, stört den Frieden und lügt. Darüber hinaus fällt uns schon seit längerem auf, daß immer weniger Graunjäger von ihren Beutezügen zurückkehren. Nur dem Fleischbeschaffer passiert nichts. Nun, ich habe auch einmal Grauns gejagt. Vielleicht bin ich nicht so tief hinabgestiegen wie der Fleischbeschaffer, der behauptet, bis an den Ort vorgestoßen zu sein, wo vor Millionen von Jahren ein Krieg zwischen den bronzenen Rittern und den Grauns stattgefunden hat. Soweit war ich nicht, aber ich bin schon über Graunwege gegangen, und ich habe keine Angst vor dunklen Höhlen.« Er blickte Annelyn an.
    »Bist du wirklich hier auf einen Graun gestoßen?«
    Annelyn fühlte Groffs forschenden Blick auf seinem Gesicht. »Ja«, sagte er ein wenig zu schnell und fürchtete, Groff könne die Wahrheit wissen. Der Graun hatte röchelnd auf dem oberen Treppenabsatz gelegen, als Annelyn auf ihn gestoßen war. Der Junge hatte entsetzt zugesehen, als durch die sechs schlaffen Glieder des Wesens ein letztes Zucken ging und die feuchten, eingefallenen Hauttaschen, die statt der Augen im Gesicht eines Grauns sitzen, wild auf und ab pulsierten.
    Als alles Leben aus dem Körper gewichen war, hatte Annelyn ihn mit der Fackel angekohlt und in die Höhlen der Yaga-la-hai gezerrt.
    Groff schüttelte den Kopf. »Sie überqueren nur selten den Graunwall«, sagte der bronzene Ritter. »Während der letzten Jahre meiner Jägerei sind sie nicht einmal in die Nähe des Walls

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