Im Haus meines Feindes
sie führte, mache sie glücklich, und sie hätte alles, was ihr Herz begehrt.
Aber sie täuschten sich.
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Keine Macht der Welt hätte ihn daran hindern können herzukommen.
Burke Basile gestand sich ein, daà es nicht ratsam war, sich hier aufzuhalten. Nicht ratsam? Quatsch, es war regelrecht dämlich von ihm, im Schatten der hohen, dichten Azaleenhecke zu lauern und Pinkie Duvalls Villa im Garden District feindselig anzustarren.
Das Haus war weià und verziert wie eine Hochzeitstorte â nach Burkes Meinung geschmacklos überladen. Aus hohen Fenstern fiel goldgelbes Licht auf den Rasen, der so perfekt gepflegt war, daà er einem grünen Teppich glich. Musik und Lachen drangen aus den lichtüberfluteten Räumen.
Burke verschränkte seine Arme und umfaÃte seine Ellbogen mit den Händen, weil er in der kühlen Abendluft zu frösteln begann. Er hatte nicht einmal daran gedacht, eine warme Jacke anzuziehen. Der Herbst war gekommen und gegangen. Die Feiertage waren buchstäblich unbemerkt verstrichen, der milde Winter von New Orleans war schon fast wieder vorüber. Der Wechsel der Jahreszeiten und der kommende Frühling gehörten zu den Dingen, die Burke am wenigsten beschäftigten.
Kevin Stuarts Tod vor acht Monaten hatte ihn ganz in Anspruch genommen, gelähmt und für seine Umgebung unempfindlich gemacht.
Barbara hatte zuerst gemerkt, wie ausschlieÃlich ihn dieses Thema beschäftigte, aber das war nur natürlich, weil sie mit ihm zusammenlebte. Als seine Trauer sich zur Besessenheit auswuchs, hatte sie eine gerechtfertigte Beschwerde vorgebracht. Und dann noch eine. Und noch eine, bis sie von ihrem Gekeife selbst erschöpft war. In letzter Zeit war ihre Haltung eher gleichgültig gewesen.
Als der Prozeà gegen Wayne Bardo bevorstand, hatten alle Kollegen in seinem Dezernat gemerkt, daà Burke nicht mehr wie früher mit Leib und Seele bei der Arbeit war. Er konnte sich nicht auf neue Fälle konzentrieren, weil er in Gedanken noch bei dem einen war, der Kevin und ihn in dieses Lagerhaus geführt hatte.
Ein Jahr lang, bis zu jener schicksalshaften Nacht hatten sie diesen einen Dealerring stetig verkleinert, indem sie die wichtigsten Dealer nacheinander aus dem Verkehr gezogen hatten. Aber die Bosse im Hintergrund hatten sich nicht fassen lassen und lachten sich vermutlich schief über die unbeholfene und kontraproduktiven Bemühungen der Drogenfahndung.
Wie um das Dezernat noch mehr zu frustrieren, war ihre Erfolgsquote gegen null gesunken. Jede Razzia hatte mit einem MiÃerfolg geendet. Selbst bei noch so strengen SicherheitsmaÃnahmen, auch bei sorgfältig geheimgehaltenen Razzien wurden die Verbrecher immer rechtzeitig gewarnt. Drogenlabors waren verlassen, obwohl die Chemikalien noch dampften. Riesige Lagerbestände wurden nur wenige Augenblicke vor dem Eintreffen der Drogenfahnder preisgegeben. Das waren Verluste, die sich die Dealer leisten konnten; sie rechneten solche Verluste einfach zu den Geschäftskosten. Und am nächsten Tag machten sie woanders ein neues Drogenlabor auf.
Die Dreckskerle stoben schneller auseinander als Kakerlaken, wenn das Licht angeht. Die Cops standen wie Idioten da. Nach jeder fehlgeschlagenen Razzia befand sich das Dezernat wieder auf Feld eins und muÃte erneut mühsam versuchen, die Lieferanten aufzuspüren.
Burke, der seit vielen Jahren Dorgenfahnder war, war nicht leicht zu erschüttern. Er wuÃte, daà sie mit Rückschlägen und Verzögerungen rechnen muÃten. Er wuÃte, daà es Monate dauerte, Hinweise zusammenzutragen. Er wuÃte, daà die verdeckt arbeitenden Kollegen Beziehungen aufbauen muÃten, die Zeit und Geduld erforderten. Er wuÃte, daà die Erfolgschancen minimal waren â und daà auch Erfolge nur wenig Anerkennung brachten. Trotzdem bestand ein himmelweiter Unterschied dazwischen, das alles zu wissen, und es auch zu akzeptieren.
Geduld gehörte nicht zu Burkes Tugenden. Er hielt sie nicht einmal für eine Tugend. Nach seiner Auffassung war Zeitbedarf gleichbedeutend mit Versagen. Denn an jedem Tag, den sie
brauchten, um gute Arbeit zu leisten und handfeste Beweise zu sammeln, mit denen der Staatsanwalt eine Verurteilung erreichen konnten, lieÃen Dutzend von Jugendlichen sich von Dealern in ihrem Wohnviertel verführen. Oder ein Yuppie, der von einer Designerdroge high war, raste mit seinem BMW in einen
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