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Im Haus meines Feindes

Im Haus meines Feindes

Titel: Im Haus meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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ebenfalls. Der Bart aus spanischem Moos trieb davon. Eine Halloweenmaske starrte zu ihm auf, aber die Augenschlitze waren leer.
    Während er sich nach vorn beugte, um besser sehen zu können, rief er aus: »Was zum …«
    Dredd, der sich unter dem Anleger versteckt hatte, griff nach oben und bekam den Kerl am Knöchel zu fassen. Der andere ruderte mit den Armen, verlor das Gleichgewicht und klatschte ins Wasser. Dredds Messerklinge zuckte über seine Kehle. Er war tot, bevor er richtig naß war.
    Nach Dredds Ansicht waren manche Leute einfach nicht dafür geeignet, unter anständigen Menschen zu leben. An jenem Abend, an dem er als Cop zu einem Familienkrach gerufen worden war, hatte er den prügelnden Ehemann und Vater
einfach satt. An Frau und Kindern hatte er die blutigen Spuren neuer Gewalttaten entdeckt. Trotz aller Beteuerungen hatte dieses Schwein sich nicht gebessert. Er war eine große finanzielle Belastung für das System, das ihn routinemäßig einsperrte und wieder entließ, damit er seine Familie wie zuvor terrorisieren konnte. Für die Gesellschaft und seine engere Umgebung war er eine körperliche und seelische Plage.
    Tu allen einen Gefallen und leg den Kerl um, war Dredd durch den Kopf gegangen, als er seine Waffe gezogen hatte. Obwohl er die schlimmen Folgen hatte tragen müssen, bereute er nicht, den Kerl erschossen zu haben. Unter denselben Umständen hätte er es noch mal getan.
    Dieser Kerl, der jetzt schlaff in seinen Armen lag, hatte schon früher gemordet und hätte Gregory und ihn umgebracht, sobald sie ihren Zweck erfüllt hatten. Dredd machte sich kein Gewissen daraus, zuerst zugeschlagen zu haben. Das würde ihn heute nacht keine Sekunde Schlaf kosten. Falls er diese Nacht noch erlebte.
    Er holte tief Luft, zog die Leiche mit sich unter Wasser und befestigte sie mit einem Bootshaken an einem der Pfähle. Dann tauchte er nur weit genug auf, um durch die Nase atmen zu können.
    Â»Charlie? Charlie?«
    Recht so, Schwachkopf, verrat mir durch dein Geschrei, wo du bist. Dredd schwamm unter dem Anleger lautlos auf die Stimme zu.
    Â»Charlie?« Dann: »O Gott!«
    Dredd brauchte nicht zu raten, was daran schuld war, daß die Stimme des Killers nicht mehr verwundert fragend, sondern erschrocken klang. Dredd hatte lange genug in ihrer Nähe gelebt, um ihre Bewegungen zu spüren, auch wenn sie getaucht und unsichtbar waren. Er studierte ihre Lebensgewohnheiten, beobachtete sie in ihrem natürlichen Lebensraum. Teufel, er teilte ihren natürlichen Lebensraum mit ihnen.

    Alligatoren.
    Seine Lieblinge hatten den Winter halb erstarrt zugebracht – außer Sicht, ohne zu fressen und weitgehend untätig, während sie auf den ersten Tag warteten, der sonnig und warm genug war, um ihre Systeme nach monatelanger Lethargie wieder anspringen zu lassen. Heute war dieser Tag. Dredd spürte, wie die gefährlichen Räuber sich, angelockt von Charlies frischem Blut, durchs Wasser bewegten.
    Trotzdem bewahrte er Ruhe. Er wartete. Wartete. Wartete.
    Â»Charlie?«
    Aus der heiseren Stimme des Mannes sprach jetzt panische Angst. Dredd konnte seine Gedanken lesen. Er wollte flüchten, wollte bloß weg von diesem unheimlichen Ort, und der Teufel sollte Duvall und seinen Auftrag holen. Aber Charlie und er arbeiteten schon seit Jahren zusammen. Außer ihm selbst war Charlie der gemeinste Kerl, den er kannte. Und der olle Charlie war praktisch vor seinen Augen verschwunden. Es lag in der menschlichen Natur, daß er wissen wollte, was aus seinem Kumpel geworden war. Eine rein menschliche Neugier.
    Als der Kerl sich über den Rand des Anlegers beugte, um die Unterseite zu inspizieren, legte Dredd seine ganze Kraft in einen Scherenschlag, der ihn mit der Wucht eines Meeresungeheuers aus dem Wasser katapultierte. Der andere war dreißig Kilo schwerer als er, aber das Überraschungsmoment verschaffte Dredd einen riesigen Vorteil. Er schlang seine Hände um den Nacken des Kerls und zog ihn ins Wasser. Während er nach vorn fiel, durchstieß Dredds Messer seinen Adamsapfel.
    Â 
    Als Gregory wieder zu Bewußtsein kam, lag er Auge in Auge einem dreieinhalb Meter langen Alligator gegenüber.
    Er rappelte sich mit einem Schrei auf und schlug sich den Kopf an dem eisernen Bettgestell an. Atemlos keuchend und mit jagendem Puls kroch er über das Bett, in dem Dredd erst vor wenigen Tagen Remy Duvall gepflegt

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