Im Haus meines Feindes
sie ungewollt schwanger wurde, verschwieg sie es ihm. Sie fürchtete, er würde auf einer Abtreibung bestehen.
Aber sie fürchtete nicht weniger, daà er es doch nicht tun würde.
Was wäre, wenn er Kinder inzwischen mit anderen Augen sah, wenn seine Einstellung ihnen gegenüber sich verändert hatte? Was wäre, wenn er seine Meinung geändert hatte und von dieser Vorstellung angetan war? Wollte sie, daà ihr Kind unter Pinkies Kontrolle aufwuchs?
Während sie noch mit ihrem Dilemma kämpfte, löste es sich von selbst. Als sie an jenem schrecklichen Nachmittag ein schmerzhaftes Ziehen im Unterleib spürte und das Blut sah, das an ihren Beinen herunterlief, wuÃte sie im Grund ihres Herzens, daà sie sich die Fehlgeburt herbeigewünscht hatte. Wegen ihrer Feigheit war ein kostbares Leben geopfert worden.
Der Beichtvater wiederholte seine Frage, wovor sie Angst gehabt habe. »Gott hat gewuÃt, daà ich das Kind nicht vorbehaltlos gewollt habe, Pater, deshalb hat er es mir wieder genommen.«
»Hast du etwas getan, um die Fehlgeburt herbeizuführen?«
»Nur in Gedanken. Bitte beten Sie für mich, Pater.«
Aus dem verzweifelten Wunsch nach Verständnis und Vergebung hob sie instinktiv die rechte Hand und preÃte sie flach ans Trenngitter. Dann weinte sie mit gesenktem Kopf.
Plötzlich spürte sie an Fingern und Handfläche körperliche Wärme, als habe der Priester auf der anderen Seite des Gitters seine Hand gegen ihre gelegt. Aber dieses Gefühl war sofort wieder vorbei, und als Remy den Kopf hob, sah sie nur ihre eigene Hand am Drahtgeflecht.
Aber sie fühlte sich durch diese körperliche oder geistige Berührung getröstet. Eine Ruhe, die sie seit Monaten nicht mehr gekannt hatte, breitete sich langsam in ihr aus. Die beengenden Bande der Schuldgefühle fielen ab, und sie konnte erstmals seit langem wieder frei atmen.
Der Geistliche, dessen Stimme wohltuend beruhigend klang, erteilte ihr die Absolution und erlegte Remy eine BuÃe auf, die ihr im Vergleich zur Schwere ihrer Sünde sehr milde erschien. GewiÃ, damit war ihre Schuld noch nicht von ihr genommen, aber es war immerhin ein Anfang, ein erster Schritt hin zur Erlösung, ein Ausweg aus dem Morast von Schuldgefühlen, in dem sie beinahe versunken wäre.
Remy lieà langsam ihre Hand vom Gitter sinken, trocknete ihre Tränen und verlieà den Beichtstuhl mit den leise gemurmelten Worten: »Danke, Pater.«
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Der Duft ihres Parfüms hing in der Luft, solange Burke im Beichtstuhl blieb.
Er muÃte schleunigst verschwinden. Er durfte nicht mehr hier sein, wenn der echte Priester kam, um Beichten abzunehmen. Jetzt zählte jede Sekunde.
Trotzdem widerstrebte es ihm, schon zu gehen. In der räumlichen Enge des Beichtstuhls war eine seltsame Intimität mit
der Frau seiner Träume, mit der Frau in dem mondbeschienenen Pavillon entstanden.
Die zufällig auch Duvalls treulose Ehefrau war. Und Pinkie Duvall war sein Todfeind, den zu vernichten er geschworen hatte.
Dieser Gedanke brachte Burke dazu, sich endlich in Bewegung zu setzen. Als er aus dem Beichtstuhl trat, sah er sich im Kirchenschiff um, weil er hoffte, noch einen Blick auf sie erhaschen zu können, aber sie war verschwunden. Er sah zum Hauptportal hinüber. Auch der Leibwächter, mit dem er sie auf dem French Market gesehen hatte, war nicht mehr da.
Er zog ein Taschentuch aus der Hüfttasche seiner schwarzen Hose und tupfte sich die SchweiÃperlen von der Stirn, danach von der Oberlippe. Ohne Schnurrbart fühlte sie sich ganz nackt an. Heute morgen hatte ihn aus dem Rasierspiegel ein Fremder angeblickt.
Burke verlieà die Kathedrale durch den nächsten Seitenausgang. DrauÃen saà Gregory James bereits im Auto und wartete auf ihn. Burke setzte sich schweigend ans Steuer und fuhr davon. Im Auto kam es ihm ungewöhnlich heià vor. Er stellte die Klimaanlage auf volle Kühlleistung und schaltete den Ventilator ein. Das schwarze Hemd klebte ihm unter der Jacke am Rücken. Der weiÃe Priesterkragen störte ihn. Er rià ungeduldig daran.
»Hatâs nicht geklappt?« fragte Gregory nervös.
»Es hat prima geklappt.«
»Die Lady war da?«
»Auf die Minute pünktlich.«
Nachdem er Remy Duvall ein paar Tage lang beschattet hatte, war Burke klargeworden, daà sie niemals allein war. Sie war in der Villa, wo niemand an sie
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