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Im Heimlichen Grund

Im Heimlichen Grund

Titel: Im Heimlichen Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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Ausbessern der Fellbekleidung vollauf zu tun, während Peter sich mit Behagen dem Basteln hingab. Die Arbeit am Serpentinbeil machte kaum merkliche Fortschritte; um so besser gelangen ihm die neuen, etwas plumpen Winterschuhe aus geräuchertem Schweinsleder. Es waren zwar nur Lappen, die geschickt um die Füße bis zur halben Wade gewunden und umschnürt werden mußten, sie hatten aber drei Vorzüge: Sie waren nahtlos, wegen der nach außen gekehrten Fettseite immer trocken, und die borstige Innenseite hielt den Fuß warm. Auch Eva verbesserte ihre Schweinsschwartenschuhe, indem sie sorgfältig zugeschnittene, mit Sandstein geglättete Rindensohlen einlegte und die Wadenwickel mit Eichhornbälgen, Haarseite nach innen, fütterte.
    Sie war nicht wenig stolz darauf, daß Peter ganz unvermittelt von ihr verlangte, sie solle seine Schuhe auch so herrichten.
    Beim nächsten Holzfahren durfte sie ihn begleiten. Es wurde ein lustiges Fahren. Auf dem Heimweg saß Eva, den Feuertopf vor sich, auf dem Schlitten, und Peter war vorgespannt; er lief, um sich zu erwärmen. Zum erstenmal seit Winteranbruch freute sich Eva über die Schönheit der im Rauhreif schimmernden Baumkronen. Vorher hatte die peinigende, von den Füßen aufwärtssteigende Kälte sie vollkommen empfindungslos gemacht für die leuchtende Pracht der winterlichen Welt.
    Ihre Augen folgten dem anmutigen Flug der Blaumeisen und Goldhähnchen; sie weideten sich am leuchtenden Rot der Gimpel, die als Gäste des Heimlichen Grunds hergezogen waren aus Gegenden, wo der Winter strenger herrschte. Als Peter an seinem Holzstapelplatz im Walde haltmachte, lauschten beide dem wundersamen Hochzeitslied der Kreuzschnäbel, die keine Sorge hatten, ihre Jungen gerade in der kalten Jahreszeit aufzuziehen. War doch der Nadelwald reich an harzreichen Samen, ihrem Lieblingsfutter.
     

Peter trinkt das Blut des Besiegten
    An einem sonnigen Wintertag, als die Sonne schon unterging, erlegte Peter im Birkenbestand der Grableiten eine Rehgeiß. Die stark blutende Beute, die er hinter sich herschleifte, hinterließ eine breite rote Spur im Schnee. Tags darauf gewahrte er beim Holzholen deutliche Abdrücke von langsohligen Bärentatzen. Die Fährte ging bis zum Klammbach, den Peter auf den Gangsteinen überschritten hatte. Diese Entdeckung ließ ihn befürchten, die Bären könntensich noch näher an die Höhle wagen, vielleicht sogar eindringen. Ihr Winterschlaf schien vorbei zu sein.
    Immer wieder stellte er sich vor, wie sein Kampf mit einem Bären verlaufen würde; er glaubte nämlich, daß ein im Winterschlaf gestörter Bär beutehungrig herumschweife. Er zweifelte, ob die klobige Steinspitze seines Speeres das zottige, dicke Fell des Ungetüms zu durchdringen vermöchte. Aus dem Allerlei suchte er den langen, bereits angeschliffenen Splitter vom jüngst gespaltenen Röhrenknochen des Hirsches hervor. Die weiße, fingerdicke Außenkruste des Knochens ließ sich auch auf dem Sandstein nur schwer scharfschleifen, sie war steinhart. Mit viel Mühe und Geduld gelang es Peter, den Knochensplitter zu einem langen, schmal zugespitzten, zweischneidigen Dolch umzuschleifen. Der ließ sich gut statt des Steinkeils in den gespaltenen Speer schäften. Dann nahm er eine eingewässerte Darmsaite, umwickelte die Schäftungsstelle und ließ alles erst einmal gut trocken werden. Um ganz sicher zu gehen, festigte er das Ganze noch dick mit Harzwachs. Wenn das nicht hielt!
    Peter häutete die Rehgeiß ab, und Eva übernahm, wie gewohnt, das Ausweiden. Da fand sie unterhalb des Herzens ein zart gebautes, noch unbehaartes Rehkitz, dessen Leib an einem Schlauch hing, wie eine Blumenknospe am Stiel hängt, durch den sie von der Mutterstaude ernährt wird. Eine dumpfe Ahnung vom Wunder des werdenden Lebens dämmerte in Eva auf. Dann aber stieg ihr die Zornesröte in die Wangen. Weinend machte sie Peter heftige Vorwürfe, daß er das werdende Leben im Mutterleib zerstört hatte. Dieses zarte Wunder Gottes, der das Junge fürsorglich im Leibe der Mutter wachsen ließ, damit es dort reife und zum eigenen Leben fähig werde. Peter suchte sich zu rechtfertigen: »Ich kann mich doch nicht darum kümmern, ob eine Rehgeiß tragend ist. Wir brauchen Felle undFleisch. Dafür hab' ich zu sorgen!« Tief im Herzen aber schämte er sich und ging Eva aus den Augen.
    In der folgenden Nacht, Peter schlief längst, lag Eva noch wach; sie weinte um das Muttertier und das Junge. Plötzlich fuhr sie erschrocken auf und

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