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Im Heimlichen Grund

Im Heimlichen Grund

Titel: Im Heimlichen Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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nicht erklären, warum er in der Gluthitze steinhart geworden war und die gegebene Gestalt behalten hatte. Das war eine wunderliche Entdeckung.
    Schon oft hatte sie bemerkt, daß es ihr schwerfiel, sich an das Aussehen der Ahnl zu erinnern, gerade in Augenblicken, wo sie sich nach deren Gegenwart sehnte; aber der Wunsch, die Gestalt der geliebten Toten vor sich zu haben, war ihr bisher als etwas Unerreichbares erschienen. Jetzt, da sie den Lehmklumpen in Händen hielt, der den Fußabdruck treu bewahrt hatte, kam es ihr ganz leicht vor, die Gestalt der Ahnl aus Lehm zu kneten und dann als »Bildstöckl« im Feuer zu härten. Freilich, sich selbst traute sie eine solche Leistung nicht zu. Aber Peter, der schon oft auf Bildsteinen allerlei Gesehenes festgehalten hatte, der mußte auch das zustande bringen.
    Evas Bitten nachgebend, sagte Peter zögernd zu. Nur nicht gleich, erst wollte er sich's gut überlegen.
    Ihn zog es zu der Schlagfalle; einen Traum, den er vor zwei Nächten gehabt hatte, nahm er als Vorahnung der Wirklichkeit. Wenn es stimmte, was der Traum verheißen hatte, dann – ja, dann mußte unter dem Bolzen ein starker Keiler liegen. Trotz dieser Zuversicht war er freudig überrascht, als er, bei der Falle angekommen, wirklich einen starken Keiler fand, der sich kaum einen Pfeilschuß weitvom Schlagbolzen fortgeschleppt hatte, bevor er tot war. Allein konnte Peter die schwere Beute nicht wegbringen.
    Erst mit Hilfe Evas, die er geholt hatte, gelang es, das mächtige Tier mittels untergeschobener Knüttel zu heben und zu wälzen.
    Sie brauchten einige Tage, bis sie den neuen Fleischvorrat für das Räuchern vorbereitet hatten. Das Überbraten des Eberkopfes nahm Peter selbst vor. Sorgfältig schabte er jede Fleischfaser von den Knochen. Mit einem gebogenen Buchenstab holte er das Gehirn aus dem Schädel. Den Stab hatte er am stärkeren Ende gespalten und im Spalt einen stark gekrümmten oberen Schneidezahn des Ebers festgebunden und -gekittet. Mit diesem an der Schneide hohlgewölbten Kratzer gelang es ihm, den größten Teil des Gehirns aus der Schädelkapsel zu ziehen. Der sorgfältig gereinigte Schädel sollte ihn immer an die gelungene Jägerlist erinnern.
    Eva verwahrte sich dagegen, daß Peter die Wohnhöhlen in Räucherkammern verwandelte, in denen sie beide mitgeräuchert worden wären.
    So entschloß sich Peter zum Bau einer besonderen Räucherkammer auf der Salzlehne, wo es genug Bruchsteine gab. Eine Höhle wollte er bauen, viel kleiner als EvasKammer. Peter machte sich ans Werk, stand aber schon am Anfang vor einer großen Schwierigkeit: Durch die anhaltende bittere Kälte saßen die Steine so fest, daß sie sich nur durch ein starkes Feuer vom Grunde lösen ließen. Auch das schaffte er und schichtete die Brocken zu einer mannshohen Ringmauer. Eva, ganz verzagt durch die Kälte, konnte ihm nicht viel helfen, und so dauerte es fünf volle Tage, ehe die Räucherkammer bis auf die kniehohe Feueröffnung geschlossen war. Endlich wurden die mit Wacholderbeeren, Lauch, Kümmel und Salz gewürzten Fleischstücke an grünen Stäben zwischen den obersten Steinen festgemacht, wo der Rauch sie bestreichen konnte. In der Mitte ihrer Höhe war die Kammer verengt. Dort befand sich der Feuerraum für Moderholz, Wacholderreisig und Laub. All das war eine mühsame Arbeit, die nicht wenig Zeit kostete, da die Laubmassen des Waldbodens unter der Schneedecke hervorgeholt und übertrocknet werden mußten. Lose aufgelegte Mergelplatten bildeten das Dach der Räucherkammer.
    Als Peter endlich mit Hilfe eines Reisigfeuers das Moderholzim Räucherofen zum Glimmen brachte, wurde der Rauch so, wie er es vorausgesehen hatte, von der einströmenden kalten Außenluft im Ofen zum Fleisch emporgetrieben. Gottlob, es ging – für die Nahrung war gesorgt!
    Allerdings stellte die Versorgung zweier Feuerstellen nicht geringe Anforderungen an Peters Kraft und Ausdauer. Rumpf und Beine mit Fellen umschnürt, zog er Tag für Tag mit seinem Schlitten aus. Und als sich dann die Winterstürme einstellten und Massen von Neuschnee vor den Höhlen anwehten, konnte er mit Eva die Gefangenschaft ertragen. Weder das eingesalzene noch das geräucherte Fleisch verdarb. Peter wähnte es auch sicher vor dem rauchscheuen Raubwild. Während andauernde Fröste das Wasser im Bocksgrabenbach zu Eis erstarren ließen, war es in den wohlverwahrten und gutgeheizten Höhlen anheimelnd warm.
    Eva hatte mit der Zubereitung der Mahlzeiten und dem

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