Im Herzen der Feuersonne
es einen Springbrunnen mit Steinfiguren aus
der griechischen Mythologie. Vier groÃe Fische, von einem Steinmetz naturgetreu
nachgearbeitet, spien Wasserfontänen in die Luft.
»Das ist ja wie im Märchen!« Bewundernd sah er
sich um. »Diese Palmen sind riesig. Und ich habe in dieser Gegend auch noch nie
so hohe Fächerakazien gesehen. Man findet diese Bäume mehr im Landesinnern.«
»Ja, die Bäume sind fast so alt wie ich«, nickte
Charlotte. »Aber mein ganzer Stolz sind die Rosen dort drüben. Sie duften
herrlich.« Sie löste ihren Arm aus seinem und nahm ihn bei der Hand. »Kommt mit,
ich zeige Euch meinen Lieblingsplatz, Ben.«
Sie nannte ihn beim Vornamen, sie lieà alle
Konventionen beiseite! Bens Kehle wurde eng, er wusste nichts zu erwidern, doch
seine Blicke, mit denen er Charlottes schlanke Gestalt in dem hellen Kleid
umfing, sagten mehr als Worte.
Aber noch ehe sie weitergehen konnten, erklang
von drinnen eine feine Glocke.
»Schade. Jetzt müssen wir zurück, das Dinner wird
serviert.« Charlotte machte Anstalten, zum Haus zurückzugehen.
»Sehr schade.« Ben hielt sie am Arm fest. Sanft
zog er sie näher zu sich. »Ich ⦠ich wollte Euch noch â¦Â«
»Später.« Charlotte beugte sich vor und hauchte
einen Kuss auf seine Wange. »Später könnt Ihr mir noch so vieles sagen«,
flüsterte sie. »Aber jetzt müssen wir hinein.«
Die nächsten Stunden erlebte Ben wie im Rausch.
Er saà an einer prachtvoll gedeckten Tafel, die mit feinstem Leinen bedeckt war.
Zart bemaltes, hauchdünnes Porzellan war gedeckt, es gab Kristallgläser in
verschiedenen GröÃen, hohe Weinkaraffen, Besteck aus Silber. In der Mitte des
Tisches standen hohe Blumenvasen, aus denen Rosen, Rittersporn, Orchideen und
Efeu üppig rankten.
Aber was bedeutete das alles schon? Nicht einmal
das köstliche Essen, das serviert wurde, beeindruckte ihn. Dabei hatte er noch
nie im Leben Fasan gegessen, kannte keinen gespickten Hirschrücken. Der
Geschmack von Perlhuhn war ihm ebenso unbekannt wie der von gebeiztem Fisch und
von mit einer Kräuterkruste überbackenen Muscheln.
Und er hörte kaum zu, wenn Helene Kreuvert etwas
zu ihm sagte, gab einsilbige Antworten oder nickte nur.
Immer wieder blickte er zu Charlotte hinüber, die
zwischen den beiden jungen Männern saà und mal mit dem einen, mal mit dem
anderen plauderte. Sie hatte ihm ihre Zuneigung gezeigt, nur das war
wichtig.
Das Essen war vorüber, einige Reden auf Willem
de Havelbeer waren gehalten worden, und inzwischen war es weit nach Mitternacht.
Ben Ruhland hatte gesehen, wie Charlotte ihm einen Blick zugeworfen und sich
dann in den Garten geschlichen hatte, und er entschuldigte sich bei Helene
Kreuvert und verlieà den Saal, um ebenfalls in den groÃen Garten zu gehen. Er
sah sich so verhalten um wie möglich. Wo war Charlotte? Er wagte nicht, nach ihr
zu rufen, um kein Aufsehen zu erregen.
Links vom Hauptweg stand, versteckt hinter einer
Rosenhecke, ein kleiner Pavillon. Beinahe hätte Ben ihn übersehen und wäre
vorbeigegangen.
»Hierher, Ben!« Eine leise Stimme rief ihn
zurück.
Charlotte! Mit langen Schritten war er beim
Pavillon, an dessen Gitter sich ebenfalls Rosen emporrankten. WeiÃe, gelbe und
zartrote Rosen bildeten eine süà duftende Wand, die denjenigen, die sich in den
Pavillon zurückzogen, Schutz vor fremden Blicken bot.
»Ja â¦Â« Atemlos stand er vor ihr, sah sie nur an.
Das weiche Mondlicht zauberte silberne Punkte in ihr Haar und in den Glanz ihrer
Augen.
»Ich musste endlich allein mit Euch sein.«
Charlotte führte ihn in den Pavillon. Auf der schmalen Bank, die sich um das
kleine Holzhaus zog, lieÃen sie sich nieder. »Ich weià im Grunde gar nicht, wer
Ihr seid, Ben Ruhland.«
»Ein kleiner Winzer aus Deutschland. Aus dem
Rheingau, genauer gesagt. Ich musste weg von daheim, weil â¦Â« Er biss sich auf
die Lippen, denn lange Zeit hatte die Erinnerung an Katrin, die ihn so
schmählich hintergangen und sich seinem Bruder zugewandt hatte, sehr geschmerzt.
Jetzt merkte er zu seiner Verwunderung, dass diese Erinnerung gar nichts mehr in
ihm auslöste, nicht einmal mehr ein kleines Bedauern. Es war Vergangenheit, ein
abgeschlossenes Kapitel im Buch seines Lebens.
»Ich habe noch zwei ältere Brüder«, erzählte er
ohne groÃe innere Anteilnahme. »Der
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