Im Herzen der Feuersonne
älteste bekommt einmal den Hof, der zweite
hat auf einen anderen Besitz eingeheiratet. Für mich war da einfach kein Platz
mehr.« Ein Schulterzucken begleitete die Worte, und er konnte sogar lächeln, als
er hinzufügte: »Also bin ich losgezogen in die Fremde. Mein GroÃvater hat einst
hier in der Gegend gelebt, Afrika war sein groÃer Traum.«
»Ihr seid in die Fremde gezogen, ohne zu wissen,
was Euch hier erwartet?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hatte eine vage
Ahnung â eben durch die Erzählungen meines GroÃvaters. Er hat einige Jahre auf Stellenbosch gearbeitet und Briefe aus Afrika
geschrieben. Leider musste er wieder heimkehren, er wurde krank. Ich glaube, ich
war der Einzige in der Familie, der begeistert seinen Erzählungen gelauscht hat.
Der Schwarze Kontinent â das war seine Leidenschaft.« Er schaute in Charlottes
veilchenfarbene Augen, und es dauerte einige Augenblicke, bevor er
weitersprechen konnte. »Seine kleine Hütte hab ich wiedergefunden â und ich
bewirtschafte jetzt das Land, das er einmal zu roden begonnen hat.« Ein Lächeln
glitt über sein Gesicht. »Es gibt sogar noch ein paar alte Weinstöcke, die recht
ordentlich tragen werden. Das hoffe ich zumindest, denn ich habe die alten
Rebstöcke nach bestem Wissen gepflegt in den letzten Monaten. Zusammen mit den
neuen Pflanzen, die ich aus Frankreich und Italien mitgebracht habe, ist es ein
ganz gesunder Grundstock. Mit ein bisschen Glück geht es mir in drei Jahren
wirtschaftlich besser.«
»Ihr seid mutig.« Charlotte sah ihm offen in die
Augen. »Ich würde Euch so gern helfen, Ben.« Sie hatte ihn wieder beim Vornamen
genannt! Zarte Röte färbte ihre Wangen.
»Warum?« Sein Blick war fragend auf sie
gerichtet.
»Weil ⦠weil ich dich mag«, gestand sie leise.
»Sehr sogar.« Charlotte legte ihre Rechte an seine Wange, zärtlich streichelte
sie über die Haut, die schon wieder ein wenig rau war von dem nachsprieÃenden
Bart, obwohl Ben sich so gründlich rasiert hatte wie lange nicht.
»Charlotte«, raunte er. Sanft, zögernd nahm er
ihr Gesicht zwischen seine Hände, sah ihr tief in die Augen. Dann küsste er sie.
Es war ein scheuer Kuss, ohne Drängen.
Er spürte, wie Charlotte sacht erschauderte, dann
schmiegte sie sich an ihn. Sie schien zu spüren, dass sie es war, die in dieser
Situation zeigen musste, was sie fühlte. Ben würde es nicht wagen, sich ihr als
Erster zu offenbaren.
»Ich bin dir so gut«, flüsterte sie dicht an
seinem Mund, und er löste die Hände von ihrem Gesicht und nahm sie fest in die
Arme.
In diesem Augenblick vergaà Ben jeden
Standesunterschied. Was bedeutete es, dass sie reich war und er arm? Sie waren
jung, sie spürten die gleiche Leidenschaft in sich, ihre Herzen schlugen im
selben Takt. »Ich liebe dich.« Er erschrak vor dem eigenen Mut, doch Charlotte
seufzte glücklich auf, dann küsste sie ihn wieder.
Erst als von der Terrasse her laute Stimmen
erklangen, lösten sie sich voneinander. »Ich muss zurück«, flüsterte Charlotte
und hauchte einen letzten Kuss auf Bens Lippen. »Warte noch eine Weile
hier.«
Er nickte nur, wie benommen von all dem, was
gerade geschehen war.
Charlotte de Havelbeer jedoch ging mit
federleichten Schritten zurück zum Haus. Die Gesellschaft amüsierte sich
hervorragend, und als jetzt einer der Offiziere auf sie zutrat und sie zum Tanz
aufforderte, strahlte sie ihn an und legte die Hand auf seinen Arm.
»Ihr seht bezaubernd aus, Charlotte«, sagte
Mathew Spencer, der zur berittenen Garde des Gouverneurs gehörte. »Es ist mir
eine besondere Ehre, heute Abend dieses exquisite Fest besuchen zu dürfen. Wie
Ihr wisst, werde ich bald in die Heimat zurückkehren und dort den Besitz meiner
Familie übernehmen.« Er machte eine Pause, tanzte mit ihr in eine Nische und sah
sie bedeutungsvoll an. »Charlotte, Ihr wisst, dass ich einer Frau vieles bieten
kann. Unser Landsitz grenzt an die Ländereien der Königsfamilie, wir sind ein
altes, wohlangesehenes Geschlecht und â¦Â« Er biss sich kurz auf die Lippen,
geriet aus dem Takt und stieà dann hervor: »Ich wollte Euch auf diese Weise
sagen, dass ich mir nichts Erstrebenswerteres denken kann, als mit Euch, liebste
Charlotte â¦Â«
Rasch legte sie ihm die Hand auf die Lippen.
»Bitte, Mathew, sprecht nicht weiter. Ich
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