Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
seine zweite Hand um ihren Fuß legte und seine Daumen begannen, mit sanftem Druck über ihre Sohle zu streichen.
»Ich sorge dafür, dass das Gift schneller abgebaut wird.«
Es tat weh, aber nicht sehr. Nicht so, dass es unangenehm war. Und dankenswerterweise ließ er die Stelle aus, in der die Stacheln gesessen hatten. Sie stützte sich auf ihre Hände, lehnte sich ein Stück zurück und betrachtete die Pfahlhütte mit der kleinen Veranda, auf der verschiedene, kunstvoll geschnitzte Figuren in verschiedenen Größen standen, die Krokodile oder Menschen darstellten.
»Ist das Ihre Hütte?«
Er nickte, ohne mit der Massage aufzuhören. Seine Finger rieben, strichen, kneteten ihren Fuß. Der Schmerz war fast verschwunden, und in Isabels Mitte machte sich ein seltsames, unbekanntes Gefühl breit. Ein warmes, süßes Ziehen.
Sie räusperte sich. »Vielen Dank für Ihre Hilfe«, sagte sie schließlich. »Ich wüsste nicht, was ich ohne Sie getan hätte.«
»Sie haben mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Mit einem Steinfisch ist nicht zu spaßen. Sein Gift kann einen Menschen töten.«
Sie sah ihn erschrocken an. »Das meinen Sie nicht ernst, oder?«
»Mit so etwas macht man keine Scherze.« Er rieb sanft über ihre Zehen. »Aber ich wäre sehr traurig gewesen, wenn Sie so bald wieder von uns gegangen wären.«
Sie schluckte, wusste nicht, was sie erwidern sollte. »Wieso waren Sie so schnell zur Stelle?«, fragte sie schließlich, ihre Stimme war ein wenig rau.
Er hob die Schultern. »Ich wollte fischen gehen und habe Sie zufällig gesehen.«
»Fischen gehen? Ohne Boot? Und ohne Netz?«
»Ein Punkt für Sie, Fräulein Isabel.« Er lächelte. »Vielleicht habe ich Sie einfach nur beobachtet?«
»Können Sie nicht einmal die Wahrheit sagen?«
»Das ist die Wahrheit. Wieso glauben Sie immer, dass ich Sie anlüge?«
Sie war zu müde, um etwas darauf zu erwidern. Müde und auf wohlige Weise entspannt. Es fühlte sich einfach zu gut an, was er mit ihrem Fuß tat.
»Haben Sie mich wirklich beobachtet?«
Er nickte.
»Wieso?«
»Wieso nicht?«
Isabel schluckte, fand keine Antwort. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit gewesen, ihn nach Conrad zu fragen. Nach den Stunden, die die beiden an den Übersetzungen in die Jabim-Sprache gesessen hatten, und danach, was Conrad für ein Mensch gewesen war. Aber sie brachte die Worte nicht über die Lippen.
Seine Finger fuhren fort, mit sanftem Druck über ihre Fußsohle, ihren Fußrücken, ihren Ballen zu streichen. Das Ziehen in Isabels Mitte wanderte tiefer, wurde zu einem Flattern, einem schwirrenden Sehnen, das ihren ganzen Unterleib erfüllte, sogar die Stelle, die sie nicht einmal beim Waschen ansah. Geradezu … unanständig.
»Geht es Ihnen besser?«
Sie nickte stumm, wollte die Wohltat durch kein Wort unterbrechen, denn dann hätte sie ihn doch sicher bitten müssen, aufzuhören.
Ein Rascheln ließ sie aufschrecken, dann tauchte zwischen den Büschen der braune, schlanke Körper von Sabiam auf. Hastig zog Isabel ihren verletzten Fuß an sich.
Sabiam verzog sein dunkles Gesicht zu einem erleichterten Lächeln. » Sista Maris, misa Lores Sie suchen. Yu stap gut ?«
»Ja«, beeilte sie sich zu sagen und kämpfte sich mit Noahs Hilfe hoch. Sie stand etwas unsicher auf einem Bein, das andere leicht angezogen. » Mi stap gut , mir geht es gut. Na ja, nicht ganz. Aber jetzt geht es wieder. Ich bin … Noah hat … mir geholfen.«
Bevor sie zu weiteren Erklärungen ansetzen konnte, ergriff Noah das Wort und erläuterte – so vermutete Isabel – dem Jungen auf Jabim ihr Missgeschick. Ein verstehendes Lächeln huschte über Sabiams Gesicht.
»Fuß stap gut nau ?«
Sie bejahte, dass es ihrem Fuß wieder halbwegs gutgehe, und bat ihn, ihre Schuhe zu holen.
»Und dann«, ergänzte sie, »suchen wir Bruder Lorenz auf.«
5.
Einige Tage lang schmerzte Isabels Fuß noch beim Auftreten, und damit er sich nicht entzündete, badete sie ihn täglich in mit Wasser verdünntem Essig und umwickelte ihn mit einer Leinenbinde. Da sie sich ihr rechtes, schwaches Bein verletzt hatte, war sie fast dankbar über ihr Missgeschick. Denn so schmerzhaft die Stacheln des Seeigels auch gewesen waren – zumindest würde es niemanden wundern, wenn sie hinkte.
Auch ihr Korsett hatte gelitten. Inzwischen war es getrocknet, doch das unfreiwillige Bad im Salzwasser hatte ihm nicht gutgetan; es war verzogen, die Häkchen und Bänder mit Salz verkrustet. Isabel hatte es mit klarem
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