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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Buschwerk und verwandelte den Sand in Gold.
    Auf dem Strand lag etwas. Wahrscheinlich ein umgedrehtes Kanu, dem der Ausleger fehlte, oder ein Haufen Kleidung.
    Nein, das war kein Kanu, und auch kein Kleiderhaufen. Es war ein Mensch. Isabel trat ein paar Schritte näher. Herr Konings. Er lag auf der Seite, ihr abgewandt, und schlief. Isabel lächelte. Es war gestern Nacht wohl spät geworden. Offenbar hatte Konings sein Nachtlager am Strand und nicht in Noahs Hütte aufgeschlagen. Vielleicht war er auch zu betrunken gewesen, um den Weg zu finden.
    In dem niedrigen Gebüsch, das an den schmalen Strand anschloss, funkelte etwas. Isabel ging darauf zu. Die Sonne brach sich in dem silbrig glänzenden Lauf eines Gewehrs, das halb verborgen zwischen ein paar weißblühenden Fächerblumen lag. Ein Mauser-Gewehr wie das, das Noah zur Jagd benutzte. Auf dem hölzernen Schaft waren ein paar rostrote Flecken zu sehen. Ein harter Klumpen ballte sich in Isabels Kehle zusammen. War das etwa Blut? Und wieso ließ Noah sein Gewehr hier liegen? War ihm etwas zugestoßen? Plötzlich war ihr übel vor Angst.
    »Noah?«, rief sie leise.
    Sie erhielt keine Antwort. Nur das Rauschen der Wellen und Vogelschreie. Und wieso wachte Herr Konings nicht endlich auf? Wenn er nicht aufpasste, würde die steigende Flut noch seine Kleidung durchfeuchten.
    Sie ging in die Hocke. »Herr Konings«, sagte sie leise. »Herr Konings, wachen Sie auf!«
    Er reagierte nicht. Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und rüttelte ihn sanft. »Herr Konings!«
    Er rollte auf den Rücken. Und Isabel schrie auf, als sie den blutüberströmten, auf einer Seite eingeschlagenen Schädel erblickte.
     

7.
    Wie Isabel diesen Morgen überstehen sollte, wusste sie nicht. Alles schien sich wie in einem seltsamen Panoptikum vor ihr abzuspielen. Das Paradies zeigte seine hässliche Fratze.
    Herr Konings war erschlagen worden. Dr. Weinland, ungekämmt und mit offener Weste, hatte den Tod des Pflanzers festgestellt und nach einem Tuch geschickt, um die Leiche abzudecken.
    Konings’ Tod sprach sich wie ein Lauffeuer herum. Binnen kürzester Zeit versammelten sich alle Deutschen am Strand, neugierig beäugt von einigen schweigsamen Jabim und Kostschülern, die aufgeregt miteinander plapperten. Baron de Wolff war stumm neben der Leiche seines Kompagnons niedergesunken. Auch Henriette sagte keinen Ton. Sie war nur flüchtig zurechtgemacht und wirkte übernächtigt. Berthold hatte versuchte, seine Schwester und Isabel zurück in ihre Hütten zu schicken, aber davon hatte keine der beiden Frauen etwas wissen wollen.
    Bruder Lorenz war sichtlich erschüttert. Zum ersten Mal wirkte der hagere Missionar zerbrechlich.
    »Er war Gast in dieser Station«, wiederholte er immer wieder und strich sich dabei fahrig durch den zerzausten Bart. »Wer tut denn so etwas?«
    »Nun, das lässt sich leicht herausfinden«, sagte Berthold, der als einziger anwesender Vertreter des deutschen Gesetzes die Ermittlungen übernommen hatte. Nach dem ersten Schock hatte er hektische Betriebsamkeit entwickelt und stapfte im Sand und dem ufernahen Gebüsch herum. Nun hielt er das blutbefleckte Gewehr hoch. »Weiß jemand, wem das gehört?«
    »Das ist Noahs Gewehr«, erwiderte Bruder Schwarz. Er fuhr sich über die Stirn. Obwohl er offenkundig unter einer erneuten Malariaattacke litt, hatte er darauf bestanden, hier zu erscheinen. »Er geht manchmal damit auf die Jagd.«
    »Das hat sicher nichts zu bedeuten«, wandte Bruder Lorenz ein, aber er war deutlich blasser geworden.
    »Nichts zu bedeuten?« Berthold hob die Brauen. »Verehrter Pater Lorenz, bei allem Respekt, aber mit dieser Waffe wurde der Mord verübt!«
    Isabels Kopf schien mit einem dicken Ballen Watte gefüllt zu sein. Noch immer weigerte sie sich zu begreifen. Wieso lag Noahs Gewehr hier? Kalt kroch das Entsetzen ihre Wirbelsäule hinauf und legte sich wie Eis um ihre Lungen. Noah? Sollte es wirklich Noah gewesen sein, der diesen schrecklichen Mord begangen hatte?
    Der Baron erhob sich, sein Blick flackerte. »Wo ist er?«, rief er. »Wo ist dieser verdammte Lump?«
    Bruder Lorenz hob beide Hände, zusammengelegt wie zum Gebet. »Beruhigen Sie sich, Baron! Wir wissen doch noch gar nicht –«
    »Haben Sie es immer noch nicht verstanden, Sie verblendeter Heidenbekehrer? Ihr Schützling, dieser Kanaker-Dolmetscher, hat den armen Bent umgebracht!«
    »Baron de Wolff, bitte beruhigen Sie sich! Sie können nicht einfach Noah beschuldigen. Für das

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