Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
der Seite sehen. »Da können Sie ganz unbesorgt sein, Pater Lorenz. Wir haben saubere Unterkünfte mit genug Platz und eine Gemeinschaftsküche. Und natürlich erhalten unsere Arbeiter eine angemessene Vergütung in Form von Hobeleisen, Messern oder Beilen.«
Bruder Lorenz legte seine Fingerspitzen zusammen, wie er es auch manchmal in der Predigt tat. »Ich muss gestehen, meine Herren, ich halte nicht allzu viel von Ihrem Anliegen. Was soll denn aus den Dörfern werden, wenn die Männer fort sind? Mir wäre es lieber, unsere braunen Brüder blieben hier, bei ihren Familien und der Mission, statt Versprechungen nachzulaufen.«
Konings lachte leise. »Haben Sie Angst um – wie sagt man? – das seelische Heil von Ihre Schafe?«
»In gewisser Weise auch das, Herr Konings.«
»Wie lange besteht Ihre Station schon?« Er sprach es staschon aus.
»Seit fünf Jahren.«
»Und wie vielen von die Jabim haben Sie schon getauft?«
»Noch keinen einzigen!«, grollte Bruder Schwarz vom anderen Ende des Tisches. »Und das trotz all unserer Anstrengungen.«
»Aber es wird nicht mehr lange dauern«, setzte Bruder Lorenz hinzu, »bis es so weit ist und die Ersten von ihnen sich der heiligen Botschaft öffnen.«
»Nun ja«, sagte Baron de Wolff. »Dann kommt es auf ein halbes oder ein ganzes Jahr sicher nicht an. Und danach können die Männer wieder nach Hause gehen, mit viel von ihrem ersehnten Eisen in der Tasche.«
»Ich finde, das ist eine sehr gute Idee«, bekräftigte Henriette. »Vielleicht kann man diese faulen Kerle auf diese Weise etwas antreiben und zu regelmäßiger Arbeit erziehen.« Sie nahm einen vornehmen Schluck aus ihrem Weinglas.
Isabels Blick ging zu Noah, den jetzt eine geradezu sichtbare Wolke schwelenden Zorns umgab.
Konings hob die Schultern. »Wir zwingen ja niemanden zu die Arbeit bei uns. Warten wir ab, was die Kanaker morgen sagen.« Er beugte sich vor, um schräg über den Tisch hinweg Noah anzusehen. »Unsere junge Freund hier wird uns dann hoffentlich helfen, sie von die Nutzen von die Arbeit auf die Plantage zu überzeugen.«
»Ich bin nicht Ihr Freund, Sie … Hundsfott!« Noah stand so ruckartig auf, dass sein Bambusstuhl umkippte und in den Sand fiel, und starrte Konings feindselig an.
Für einen Moment herrschte atemlose Stille. Isabel traute ihren Ohren kaum. Hatte er den Mann tatsächlich »Hundsfott« genannt? Das war eine unsägliche Beleidigung.
»Noah!« Bruder Lorenz hatte sich hastig erhoben. »Was fällt dir ein? Du wirst dich sofort bei Herrn Konings entschuldigen!«
»Ich denke ja nicht daran.« Noah gab dem Stuhl einen Tritt, ging um den Tisch herum, holte eine Flasche Rum aus der Kiste mit den Spirituosen und verschwand in der Dunkelheit. Isabel sah ihm hinterher wie einer Erscheinung. Was war denn jetzt passiert?
»Ich muss mich vielmals für dieses vollkommen unmögliche Verhalten entschuldigen, Herr Konings«, sagte Bruder Lorenz, hörbar fassungslos. »Und natürlich auch bei Ihnen, Baron. Ich weiß wirklich nicht, was plötzlich in ihn gefahren ist.«
Konings winkte ab. »Ich habe sowieso nicht verstanden, was de jongeman gesagt hat. Muss ich jetzt Angst haben, von ihm zu die Frühstück gegessen zu werden?« Er lachte glucksend.
»Man kann ihnen westliche Kleidung anziehen und sie unsere Sprache lehren, aber im Grunde ihres Herzens bleiben es doch Wilde«, sagte Baron de Wolff.
Isabel hätte ihm gern widersprochen, wagte es aber nicht. Der Mann war immerhin ein Baron.
»Noah ist kein Wilder.« Bruder Lorenz setzte sich wieder. »Er ist ein guter Junge, aber manchmal etwas hitzköpfig. Wissen Sie, er hat längere Zeit unter Eingeborenen gelebt und kennt seine Eltern nicht. Vielleicht macht ihn das zuweilen etwas unberechenbar.«
»Ach, tatsächlich?« Der Baron beugte sich interessiert vor. »Wenn das keine gute Geschichte ist! Erzählen Sie doch mehr davon, Pater Lorenz.«
Daraufhin schilderte der hagere Missionar kurz, wie Herr Finsch den damals ungefähr fünfzehnjährigen Noah bei dem Stamm am Kaiserin-Augusta-Fluss gefunden und anschließend nach Simbang gebracht hatte. Und obwohl Isabel diese Episode aus Noahs Leben eigentlich brennend interessierte, war für sie der angenehme Abend mit einem Schlag verdorben, und sie musste sich zwingen, noch eine Weile sitzenzubleiben und Konversation zu machen. Erst als Henriette verkündete, sich zurückziehen zu wollen, entschuldigte Isabel sich ebenfalls. Bruder Lorenz erbot sich, Henriette zu der Hütte zu
Weitere Kostenlose Bücher