Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
Vom Netzwerk:
Erde und sprang auf, von neuer, fiebriger Hoffnung erfüllt. Vielleicht war es noch nicht zu spät. Vielleicht lebte er noch!
    »Fräulein Maritz, was … So warten Sie doch!« Die Herren Lauterbach und Timm kamen kaum mit, so eilig hatte sie es plötzlich, trotz ihres schwachen Beins. »Ihr Bruder ist nicht hier, wir haben alles durchsucht. Wir sollten uns schleunigst zurückziehen, bevor diese Kannibalen wiederkommen!«
    Hatte Lauterbach recht? War Noah vielleicht längst die Flucht gelungen, und sie waren völlig vergeblich hier? So, wie sie ihn kannte, hatte er sich womöglich auch aus dieser Schwierigkeit herausgewunden und war jetzt mit den Donowai auf der Jagd.
    Aber eigentlich glaubte sie nicht daran. Diesmal war er zu weit gegangen.
    »Nein, bitte!«, flehte sie. »Lassen Sie uns weitersuchen! Er muss hier irgendwo sein! Vielleicht ist er doch im Frauenhaus. Ich werde alleine nachsehen.«
    Dr. Timm sah sie an, als zweifle er an ihrem Verstand. »Diese Wilden haben Sie fast getötet, und jetzt wollen Sie sich an ihre Gebote halten?«
    Sicher, es war lächerlich. Dennoch empfand sie alles andere als falsch.
    »Ich werde Sie nicht alleine dort hineingehen lassen!«, beharrte der Arzt und bestand darauf, zumindest bis zur Tür mitzukommen.
    Vor ihm stieg sie die Leiter zum Frauenhaus hinauf und warf einen Blick in das stickige Halbdunkel. Aber alle Schlafmatten waren aufgerollt, niemand saß oder lag herum.
    »Noah?«, rief sie leise. »Bist du hier?«
    Keine Antwort. Sie schob alle Vorsicht beiseite und rief erneut seinen Namen. Lauter.
    Sie wollte gerade noch weiter hineingehen, als Dr. Timm sie zurückhielt.
    »Fräulein Maritz, kommen Sie!«, rief er ihr leise zu. »Buassi scheint etwas gefunden zu haben!«
    Zwei Forscher und zwei Träger hatten sich bereits am Kasuargehege eingefunden, in dem der große Vogel am Zaun stand. Buassi deutete in den zweiten, abgetrennten Teil des Pferchs, wo man Isabel damals kurz eingesperrt hatte. Im schattigen hinteren Bereich türmte sich ein gewaltiger Haufen von Farn-und Palmwedeln auf.
    Isabel blieb fast das Herz stehen: Aus einer Ecke des Palmwedelhaufens schaute etwas hervor. Ein Fuß von einem hellen, staubigen Bronze. Die Donowai hatten tiefdunkle Haut.
    »Noah?«, kam es flüsternd aus ihrer Kehle.
    Es blieb still, nur der Kasuar begann erneut mit seinem dumpfen buu-buu .
    Wieso antwortete Noah nicht? Lag dort etwa seine zerstückelte Leiche – abgedeckt, damit keine Fliegen darangingen? Würgendes Entsetzen stieg in ihr auf, sie presste sich die Hand auf den Mund.
    »Öffnen Sie den Verschlag«, wies Lauterbach einen der anderen Forscher an. Er hörte sich an, als würde er ähnliche Gedanken wie Isabel hegen.
    Jensen hieb mit dem Buschmesser mehrmals auf den Verschluss aus geflochtenen Pflanzenfasern ein, bis die Tür aufsprang.
    »Seien Sie vorsichtig!«, warnte Lauterbach. »Das könnte auch eine Finte dieser Wilden sein!«
    Mit erhobenem Gewehr näherten sich Buassi und Jensen dem Palmwedelhaufen. Isabel blieb außerhalb des Pferchs, die Hand noch immer vor dem Mund, und machte sich auf den schlimmsten Anblick ihres Lebens gefasst.
    »Sie sollten das nicht sehen, Fräulein Maritz«, sagte Dr. Timm.
    Dennoch blieb sie stehen, wandte aber den Kopf ab, als Buassi begann, die Farnwedel beiseitezuräumen. Erst als sie den Träger erleichtert aufseufzen hörte, wagte sie wieder aufzublicken.
    »Ist er das?«, fragte Lauterbach.
    Sie nickte, unfähig zu einer vernünftigen Antwort, ihr Herz klopfte wie wild. Die Donowai hatten ihn nicht zerstückelt, und er schien auch sonst unverletzt zu sein. Aber – war er noch am Leben? Er lag auf dem Rücken, vollkommen reglos, mit halb geöffneten Augen, von denen man nur das Weiße sah. Erneut kroch die Angst in Isabel hoch. Sie konnte nicht erkennen, ob er atmete.
    Doch, jetzt, sein Brustkorb bewegte sich! Er lebte!
    »Warten Sie, Fräulein Maritz!« Lauterbach wollte sie zurückhalten, aber da hatte sie sich schon in den Pferch geschoben.
    Noah war kaum bei Bewusstsein und schien all seine Kraft für das Atmen zu verwenden. Oder schauspielerte er wieder? Nein, dafür waren seine Lippen zu bläulich, sein bronzefarbener Teint zu grau. Was fehlte ihm nur? Ihr Blick ging über seinen Körper, der nur mit dem kurzen Lendentuch der Donowai bekleidet war und vor Schweiß glänzte.
    »Der Mann ist ein Halbweißer!«, sagte Jensen, der mit Dr. Timm in den Pferch gekommen war, anklagend. »Sagten Sie nicht, er sei Ihr

Weitere Kostenlose Bücher