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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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hast dasselbe für mich getan.« Erneut kämpfte sie mit den Tränen. Sie schluckte, und wie von selbst glitt ihre Hand zu seiner, schoben sich ihre Finger zwischen seine.
    Noch ziemlich kraftlos erwiderte er ihren Druck. Sein Blick ging zu ihrem Gesicht und fiel dann auf seinen Unterarm. Misstrauisch betrachtete er die metallene Nadel und den Gummischlauch. »Was …?«
    Er verstummte abrupt und lag dann völlig still und mit geschlossenen Augen da, als wäre er plötzlich wieder bewusstlos geworden.
    Die Kabinentür öffnete sich. »Fräulein Maritz?« Die leise Stimme von Dr. Timm. »Ist alles in Ordnung? Wie geht es unserem Patienten?«
    Sie zögerte nur für einen winzigen Moment. Wenn Dr. Timm merkte, wie gut es Noah schon wieder ging, durfte sie wahrscheinlich nicht länger bei ihm bleiben.
    »Unverändert«, behauptete sie deshalb.
    »Tatsächlich? Ich habe mir eingebildet, jemanden reden zu hören.«
    »Das war ich«, erklärte sie. »Ich dachte mir, wenn ich mit ihm rede, dann kommt er schneller wieder zu sich.«
    »Ah ja, verstehe. Sehr löblich.« Wenn er noch einen Schritt weiter in die Kabine machte, würde er sehen, dass ihre Finger mit denen von Noah verflochten waren.
    Er rieb sich über die Augen. »Soll ich Sie nicht doch ablösen?«
    »Nein, danke. Das ist sehr freundlich von Ihnen, Doktor Timm, aber ich könnte jetzt sowieso nicht schlafen. Gehen Sie nur zu Bett.«
    Er nickte dankbar. »Wie Sie meinen. Aber wenn etwas ist, dann rufen oder klopfen Sie bitte einfach. Meine Kabine ist gleich nebenan.«
    »Ja, das werde ich«, sagte sie lächelnd. »Danke, Doktor Timm. Vielen Dank für alles.«
    Er war kaum weg, als ein Lächeln auf Noahs Gesicht erschien. »Du hast gelogen!«, stellte er mit geschlossenen Augen fest.
    Auch sie musste lächeln. »Ich hatte einen guten Lehrer.«
    »Isabel?« Er öffnete die Augen und sah sie an.
    »Ja?«
    »Ich glaube, ich weiß, wer ich bin.«
     

19.
    Sein Name ist Jeroen. Jeroen van Dreyke. Seine Mutter Johanna ist die schönste Frau der Welt für ihn – auch wenn seine Welt nur aus wenigen Personen besteht. Außer Johanna zählen bloß noch ein paar Towei-Leute, die in ihrer Nähe leben, dazu. Und Maarten.
    Maarten ist nicht sein richtiger Vater, das weiß Jeroen, solange er denken kann. Und falls er es jemals vergessen sollte, dann sorgt Maarten dafür, dass es ihm schnell wieder einfällt.
    Jeroen ist ein Mischling, ein Bastard, wie Maarten ihn nennt. Johanna hat ihrem Sohn schon oft berichtet, wie es dazu kam, aber er kann nie genug davon hören. Und so erzählt Johanna, wenn sie alleine sind, ihm wieder und wieder ihre Geschichte.
    Johanna Arnthal hat ihre Eltern früh verloren und wächst in einem deutschen Waisenhaus in Aachen nahe der holländischen Grenze auf. Sie ist fleißig und recht hübsch anzusehen, dennoch hat sie kaum Verehrer. Die wenigen, die sich für sie interessieren, schreckt ihre ungewisse Herkunft ab. Mit einundzwanzig Jahren muss sie das Waisenhaus verlassen und sich Arbeit suchen. Sie lebt mit einer Freundin in einem winzigen Dachzimmer und schlägt sich mehr schlecht als recht mit Näharbeiten und als Aushilfe in einem Kolonialwarenladen durch. Die Arbeit zwischen Kaffee und Schokolade, Gewürzen, Tabak und Zucker weckt ihr Interesse an den fernen Ländern, aus denen all diese wunderbaren Dinge stammen.
    Es ist Liebe auf den ersten Blick, als Johanna dabei eines Tages einen jungen holländischen Ethnologen bedient, der auf Heimaturlaub ist und Verwandte in Aachen besucht. Auch Sander van Dreyke ist hingerissen von dem jungen Fräulein Arnthal, mit dem er sich so wunderbar über fremde Länder und Völker unterhalten kann.
    Obwohl Sander wie die meisten Holländer gut Deutsch spricht, beginnt Johanna ihm zuliebe Holländisch zu lernen. Da Sander einen Forschungsauftrag in Niederländisch-Neuguinea angenommen hat und bald wieder abreisen muss, heiraten sie schon nach wenigen Wochen. Johanna ist glücklich und scheut nicht davor zurück, mit ihrem Ehemann ans andere Ende der Welt zu ziehen. Seit einigen Jahrzehnten ist der westliche Teil der fernen, großen Insel unter holländischer Herrschaft. Das riesige Gebiet ist nahezu unerforscht und damit eine Fundgrube für Ethnologen, Botaniker und Sprachforscher. Nur einige holländische Handelsposten existieren. Sander van Dreyke ist fasziniert von der ursprünglichen Lebensweise der Einheimischen. Im Jahr 1868 zieht er gemeinsam mit seiner jungen Frau in den Urwald Niederländisch-Neuguineas,

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