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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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um dort die Towei zu studieren.
    Die Towei sind ein friedfertiges Volk. Sie begrüßen die Weißen freundlich und lassen sie teilhaben an ihrem Leben. Sander und Johanna fühlen sich wohl bei ihnen und schließen Freundschaften. Nur selten bekommen sie andere Europäer zu Gesicht; meist sind es Jäger, die die farbenprächtigen Paradiesvögel jagen und an die Handelsstationen verkaufen.
    Bald schon ist Johanna schwanger. Doch ihr Glück ist nur von kurzer Dauer. Viel zu früh bringt Johanna ein kleines Mädchen zur Welt, das kurz nach der Geburt stirbt. Und nur wenige Wochen später wird das Towei-Dorf von einem kriegerischen Stamm überfallen. Die Männer setzen sich zur Wehr, aber etliche von ihnen werden getötet. Auch Sander van Dreyke. Johanna ist wie betäubt vor Schock; gemeinsam mit den überlebenden Towei zieht sie fort, weg vom Ort des grässlichen Geschehens.
    Monate vergehen. In dieser Zeit der Trauer und des Neuanfangs kommen sie und Gemtausu, ein junger Towei-Krieger, der bei dem Überfall seine Frau verloren hat, sich näher. Bei ihm findet sie Geborgenheit. Sie lehrt ihn ein paar Brocken Deutsch und freut sich über seine Zuneigung. Dennoch ist sie sich im Klaren, dass sie nicht auf Dauer bei ihm bleiben kann. Ihre Welten sind zu verschieden. Und jetzt, da Sander nicht mehr lebt, wird das Heimweh immer stärker. Sie will wieder zurück in die Heimat, nach Deutschland.
    Eine Lösung zeichnet sich ab, als ein rotbärtiger Paradiesvogeljäger den Stamm besucht. Maarten de Vries ist vor einigen Jahren aus Niederländisch-Indien in diese holländische Kolonie gekommen. Bei den Towei tauscht er von Zeit zu Zeit bunte Glasperlen und kleine Spiegel gegen Lebensmittel.
    Er ist nett zu Johanna, macht ihr sogar einen Heiratsantrag und verspricht, sie zurückzubringen nach Europa. Und Johanna ergreift ihre Chance. Wenn sie jemals wieder zurück nach Deutschland gelangen will, muss sie mit Maarten de Vries gehen.
    Maarten haust in einer schäbigen Hütte in der Nähe eines kleinen Flusses, etliche Stunden Fußmarsch von Gemtausus Stamm entfernt. Ähnlich wie Sander spricht Maarten ein recht gutes Deutsch, aber das ist auch das Einzige, was ihn mit Sander verbindet. Er ist kein zärtlicher Mann. Schon in der ersten Nacht fordert er unmissverständlich sein Recht, aber das, so denkt Johanna, ist nun einmal der Preis für ihre Rückkehr nach Europa. Doch von Heirat ist schon bald nicht mehr die Rede, und von seinem Versprechen, sie zur Handelsstation zu bringen, will er auch nichts mehr wissen. Jeden Tag hofft sie darauf, dass es besser wird.
    Bald ist nicht mehr zu übersehen, dass Johanna schwanger ist. Ihr Entsetzen ist groß, denn sie weiß nicht, ob das Kind von Maarten oder von Gemtausu gezeugt wurde. Aber eine weiße Frau, die ein Kind von einem Eingeborenen bekommt – undenkbar!
    Anfang Juni 1870 , zu Beginn der Trockenzeit, setzen die Wehen ein. Es ist eine schwere Geburt. Johanna quält sich lange, fleht Maarten zwischen den Wehen immer wieder an, sie zur Handelsstation, in die Zivilisation zu bringen, aber davon will er nichts hören. Unter großen Schmerzen bringt sie endlich einen Jungen zur Welt.
    Als Maarten das Neugeborene sieht, ist ihm sofort klar, dass es nicht von ihm sein kann. Der Junge hat eine Haut wie helle Bronze und schwarze, leicht krause Haare.
    An diesem Tag schlägt er sie zum ersten Mal.
    *
    Johanna hat ihn Jeroen genannt, nach Sanders Vater. Maarten nennt ihn nie bei diesem Namen. Nie sagt er Jeroen zu ihm, immer nur bastaard oder hondelul , Hurensohn. Jeden Tag lässt er den Jungen spüren, dass er unerwünscht ist.
    An schlechten Tagen, besonders, wenn er getrunken hat, schlägt er ihn. An guten Tagen beschimpft er ihn nur. An besonders guten Tagen ist er gar nicht da, dann ist er auf der Jagd oder mit seinem Boot auf dem Weg zur Handelsstation.
    Maarten verdient sein Geld mit dem Verkauf der bunten Paradiesvögel, deren Federn im fernen Europa immer gefragter werden. Jeroens Aufgabe ist es unter anderem, den getöteten Vögeln die Füße abzuschneiden. Er hasst es. Es widert ihn an, die ausgebluteten Bälge der herrlichen Tiere sehen zu müssen, die Maarten vor der Hütte aufgehängt hat, bevor er sie zur Handelsstation bringt.
    Jeroen ist ein aufsässiges Kind. Er hört selten auf das, was man ihm sagt, und streift lieber stundenlang durch den Urwald, statt Maarten zur Hand zu gehen.
    »Wie niet horen wil, moet voelen« , sagt Maarten immer, wer nicht hören will, muss fühlen,

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