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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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entlang. Im Wasser der ineinander verschlungenen Flussarme spiegelten sich der tiefblaue Himmel und die grandiose Berglandschaft. Das Rauschen von Wasserfällen hing in der kristallklaren Morgenluft, die vom Duft unzähliger Blüten erfüllt war.
    Erstaunt rief er Shannon, die vor ihm ritt, als er einen Kolibri entdeckte, der vor einer Blüte schwebte. Der kleine Vogel war Tausende von Meilen von Mexiko heraufgeflogen, um in Alaska zu brüten. Als Skip jedoch Shannons verkniffenes Gesicht sah, wünschte er sich, er hätte sie nicht auf den Kolibri aufmerksam gemacht, der einen ähnlich weiten Weg wie sie auf sich genommen hatte. Er wusste, er sollte sie aufheitern, ihr Mut machen, ihr Kraft geben, aber er schaffte es einfach nicht.
    Shannon wollte schon ihr Pferd wenden, als sie seine zitternden Hände bemerkte. »Wie geht’s dir?«
    Er zog die Zügel straff und klammerte seine Finger um die Lederriemen. »Ganz gut.«
    Sie sah ihn ernst an. »Skip!«
    Er gab nach. »Mir geht’s beschissen. Die Entzugserscheinungen sind heute Morgen ziemlich schlimm. Ich friere so stark, dass mir die Haut wehtut. Und ich zittere so sehr, dass ich kaum die Zügel halten kann. Das ist alles nicht so schlimm wie die furchtbaren Krämpfe auf dem Boot, aber mir reicht’s.«
    Sie nickte schuldbewusst. »Tut mir leid, dass ich das ganze Opium ins Meer geworfen habe. Ich war so wütend, dass ich nicht bedacht habe, wie dringend du es brauchst.«
    Er zuckte mit den Schultern. Was sollte er sagen? Stimmt, das hättest du nicht tun sollen, weil die Symptome des plötzlichen Entzugs einfach unerträglich sind. Er durfte nichts sagen. Sie war nicht von seiner Seite gewichen, als er vor Schmerzen schrie. Sie hatte ihn im Arm gehalten, um ihn zu beruhigen. Sie hatte ihn gewaschen und gefüttert. Sie hatte alles getan, was sie tun konnte, denn sie wusste, dass sie an diesen schrecklichen Krämpfen schuld war. Er wollte endlich auch mal etwas für sie tun. Dass er so schwach war, machte es für sie beide nicht leichter. Ohne ihn wäre sie schneller und könnte Jay vielleicht noch einholen, bevor er in den Weiten der Wälder am Tanana verschwand …
    »Skip, wenn es dir schlecht geht, bringe ich dich zurück nach Valdez. Ich kann allein …«
    »Nein.«
    Er war es ihr schuldig, jetzt nicht aufzugeben, sondern durchzuhalten. Er war es ihr schuldig, endlich selbst die Verantwortung für sein Leben zu übernehmen und ihr nicht länger zur Last zu fallen. Er hatte es ihr versprochen.
    »In Kaschmir und Ladakh war ich auch allein unterwegs.«
    »Nein!«
    Sie atmete tief durch. »Na schön, wie du willst. Du kannst dich kaum noch im Sattel halten. Wollen wir rasten? Du könntest dich hinlegen, während ich dir einen Kaffee …«
    »Es geht schon. Lass uns weiterreiten. Sonst werden wir Jay, der irgendwo vor uns auf diesem Trail ist, niemals einholen.«
    Alistair McKenzie legte die Arme auf seinen Schreibtisch und faltete die Hände vor sich. »Mr Conroy …«
    »Tom. Ich habe das Gefühl, dass wir beide noch viel Zeit miteinander verbringen werden.«
    Der Doktor nickte ernst. »Alistair.«
    »Also, Alistair, wie sieht’s aus?«
    »Ich will ehrlich sein, Tom. Es sieht nicht gut aus.«
    »Ist es das, was ich vermute?«
    »Ja.« Alistair machte einen tiefen Atemzug. »Der Tumor drückt auf Ihr Herz und unterbricht hin und wieder die Blutversorgung der Organe und des Gehirns.«
    Für Tom fühlte es sich so an, als spräche Alistair von jemand anderem.
    »Sie wirken so gefasst, Tom.«
    »Wissen Sie, Alistair, ich lebe schon so lange mit dem Tod. Die Opalsuche ist gefährlich. Sie hat mich meine Beine gekostet. Und beinahe mein Leben, wenn Rob mich nicht gerettet hätte. Ich habe immer mit dem Tod gerechnet. Aber ich hätte nie gedacht, dass er sich anschleicht und mich überrumpelt, sodass ich mich nicht gegen ihn wehren kann.«
    »Tut mir leid, Tom.«
    »Wie stehen meine Chancen?«
    »Eine Operation ist zu gefährlich. Lunge und Herz sind lebenswichtige Organe. Eine Infektion …« Alistair verstummte. »Wir konnten auf den Röntgenbildern nicht erkennen, ob sich bereits Tumore an anderen Organen gebildet haben. Falls ja, ist die Operation eine unnötige Belastung für Ihren geschwächten Körper.«
    Die Gedanken wirbelten durch Toms Kopf.
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit.«
    »Ich werde alles versuchen.«
    »Haben Sie von der Strahlentherapie gehört? In Wien arbeitet ein Arzt mit Röntgenstrahlen.«
    »Hat er Krebs behandelt?«
    »Nein. In

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