Im Herzen der Wildnis - Roman
sie! Und schau sie dir an!«
Sein Freund setzte sich wieder, schlug die Beine übereinander und öffnete die erste Glaskugel.
»Diese Aufnahmen liegen Shannon besonders am Herzen.«
Josh zog ein Foto heraus und zeigte es ihm. Dann drehte er es um und betrachtete es. Rob lag mit dem drei Monate alten Ronan auf dem Bett, den Kopf auf den Arm gestützt, die Hand schützend um Ronans Köpfchen gelegt. Shannon war fasziniert gewesen von der Art, wie die beiden sich auf dem Foto ansahen, voller Vertrauen und Liebe.
»Und das andere?«, drängte Rob.
Josh öffnete die zweite Glaskugel und zog ein weiteres Foto heraus. Rob und sein Sohn am Strand in Australien. Er war mit dem Kleinen in die Wellen hinausgewatet und hatte ihn in die Luft geworfen. In diesem Augenblick, als Ronan vor Vergnügen quietschend über den Wellen schwebte und Rob die Arme nach ihm ausstreckte, um ihn wieder aufzufangen, hatte Shannon auf den Auslöser gedrückt. Für sie zeigte dieses Foto, was sie nach Robs Schlaganfällen verloren hatte: die Lebensfreude.
»Diese Fotos sind unsere Erinnerungen an eine glücklichere Zeit. Eine Zeit, die wir gemeinsam nie wieder erleben werden.«
»Rob, es tut mir …«
»Ronan ist dein Sohn, nicht meiner.«
»Rob …«
»Und Shannon ist deine Frau, nicht meine. Du hast sie vor mir geliebt. Du liebst sie immer noch, und sie liebt dich.« Er holte tief Luft. »Schenk ihr das, was ich ihr nicht mehr schenken kann … Gib ihr die Lebensfreude zurück, die sie verloren hat, weil sie mir die Treue hält.«
Josh wusste offenbar nicht, was er sagen sollte, und betrachtete aufmerksam die Fotos von seinem Sohn. Woran dachte er jetzt?
»Shannon ist ein herzlicher Mensch«, sagte Rob leise. »In den letzten Tagen hat sie viel Zeit mit mir verbracht, um mich ins Leben zurückzuholen … Sie ist geduldig und liebevoll, und sie gibt niemals auf … Mein zweiter Schlaganfall hat sie tief getroffen. Aber sie hat sich bemüht, mir ihre Verzweiflung und ihre Angst nicht zu zeigen … Sie liebt mich, und sie steht zu mir – das ist das größte Geschenk, das sie mir überhaupt machen kann … Shannon ist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist.«
»Und mir in meinem.«
Rob lächelte matt. »Sie ist auch beinahe das Einzige, was mir noch geblieben ist … In unserer Situation suchen wir uns unsere Freunde sehr genau aus. Shannon und ich unterscheiden zwischen engen Vertrauten, die mit uns befreundet sind … und Bewunderern, die an unserem weltweiten Unternehmen, unserem Vermögen, unserem Erfolg, Shannons stilvollen Dinnereinladungen und ihren glamourösen Auftritten als Stilikone in der Vogu e und im Cosmopolitan Gefallen gefunden haben.« Rob schnaufte tief durch. »Seit ich krank bin, haben wir nicht mehr viele Freunde, auf die wir uns wirklich verlassen können … Eigentlich haben wir, abgesehen von Evander, der wie ein Bruder für mich ist, nur einen … dich.«
Josh wartete ab, was er ihm zu sagen hatte.
»Ich liebe Shannon von ganzem Herzen. Und ich mache mir Sorgen um sie«, gestand Rob. »Sie hat ihre Lebensfreude verloren, ihre Zufriedenheit, ihr Glück … Sie schenkt mir so viel, und ich kann ihr nichts zurückgeben, Josh, gar nichts. Ich würde sie gern trösten, aber ich kann es nicht. Ich würde sie gern in die Arme nehmen, aber ich schaffe es nicht. Ich würde sie gern lieben, aber …« Er kämpfte plötzlich mit den Tränen.
»Rob …« Dieses Gespräch fiel Josh offenbar ebenso schwer wie ihm.
»Ist schon gut.« Rob fuhr sich über die brennenden Augen. »Seit wir verheiratet sind, werden wir von einer Krise in die nächste geschleudert … Der Tod meines Vaters, die Geburt von Ronan, die Shannon fast das Leben gekostet hat, meine Affäre mit deiner Schwester, deine Rückkehr aus Alaska, Skips Sucht, meine Schlaganfälle, Shannons Kampf mit Caitlin wegen Aidan … Seit wir uns das Jawort gegeben haben, führen wir unsere Ehe in einem Katastrophengebiet inmitten einer Erdbebenzone, und hin und wieder droht unser Leben über uns einzustürzen.« Er sah Josh an. »Aber Shannon steht unerschütterlich zu mir … Nach meinem letzten Schlaganfall hat sie wieder mit mir geübt. ›Du und ich, wir schaffen das gemeinsam‹, hat sie gesagt. ›Ich gebe nicht auf, also darfst du auch nicht aufgeben. Du wirst sehen: Alles wird gut.‹«
»Sie ist eine unglaubliche Frau.«
»Das stimmt.« Er berichtete Josh von dem Champagnerfrühstück im Bett, das Shannon und er vor einigen Tagen genossen hatten:
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